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Harlekins Mond

Harlekins Mond

Titel: Harlekins Mond
Autoren: Brenda Cooper Larry Niven
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sehen, was auf Selene vorging. Gabriel hätte also nicht bleiben müssen. Vielleicht sollte ich auf das Harken verzichten, dachte sie. Ich bin sowieso schon die Letzte. Aber morgen ist die Prüfung!
    Sie wässerte und harkte trotzdem, störrisch entschlossen, bei jedem Baum ein wenig Zeit zu verbringen bevor sie an diesem Abend heimging. Perfekt wie alles war, würde es Gabriel vielleicht gefallen. Er hatte sich immer noch nicht bewegt.
    Sie legte die Harke beiseite, stellte sich so nahe zu Gabriel, wie sie es wagte, und schaute ebenfalls hinauf. Während Apollo am Himmel tiefer sank und schließlich verschwand, ging Harlekin auf. Der rotgoldene Sonnenschein wurde durch ein weicheres Licht in den Orange- und Rottönen des Gasriesen ersetzt. Der Planet nahm einen gewaltigen Teil des Himmels ein. Rachel konnte Apollo, die weit entfernte Sonne, mit ihrem Daumen verdecken, wenn sie ihn auf halbe Armeslänge vor sich hielt. Um Harlekin so abzudecken, dass sie ihn nicht mehr sah, brauchte sie beide Handflächen.
    Der Gasriese erzeugte sein eigenes düsteres rotes Licht, das von der intensiven Hitze auf seiner ständig bewegten Oberfläche herrührte. Apollos reflektierter Sonnenschein ließ Harlekins inneres Licht heller wirken, und das kombinierte Glühen beider Himmelskörper wärmte Selenes Sommer und sorgte dafür, dass es in den Nächten kaum dämmrig wurde.
    Selenes Umlaufbahn um Harlekin definierte die Jahreszeiten durch die Lichtmenge. Der »Sommer« waren die sieben Wochen, während deren ihre Umlaufbahn Selene am dichtesten an Apollo heranführte, »Winter« die sieben Wochen, in denen sie sich am weitesten von ihm entfernte, und Herbst und Frühling füllten die Zeit dazwischen. Im Sommer blieben aufgrund des steten Lichts die meisten Sterne am Himmel verborgen. Im tiefen Winter waren die Nächte schwarz genug, um Einzelheiten der Galaxis zu erkennen, die sich um sie herum ausdehnte.
    Rachel sah zu, wie ihre beiden Schatten miteinander verschmolzen, als Apollo vollends unterging, dann räumte sie die Gartengeräte fort und schnallte sich ihre Flugschwingen an Arme und Beine. Sie winkte Gabriel zu, sagte laut »Gute Nacht« und horchte aufmerksam auf eine Antwort von ihm. Es kam keine.
    Ein paar hundert Meter vom Rand des Unterrichtswäldchens entfernt stieß sie sich kräftig mit den Fußballen ab, strebte bei jedem Schritt höher hinauf, lief den ebenen Weg zurück in Richtung Aldrin in Drei-Meter-Sätzen entlang. Sie gewann an Geschwindigkeit und Höhe und sprang schließlich vollends ab. Als sie nach dem Scheitelpunkt ihres Sprungs zu sinken begann, schlug sie mit ihren Armschwingen nach unten, kurz bevor sie mit den Beinflügeln am Boden hängen geblieben wäre. Drei kräftige Schläge, ein Rhythmus, und sie war in der Luft.
    Rachel flog niedrig in Harlekins trügerisch weichem Abendlicht, bis sie zwei hohe Masten erreichte, die den Außenrand der Kolonie markierten. Ihr Vater hatte ihr erzählt, die Pfosten hätten früher einmal ein riesiges Sauerstoffzelt getragen, unter dem die Räte ihre ersten Unterkünfte gebaut hatten. Obwohl sie heutzutage nicht mehr benötigt wurden, kennzeichneten die hohen Stangen noch immer die Begrenzungen ihres Heimatortes. Rachel schwang die Beine von hinten nach vorne, bremste ab, ließ ihre Beinflügel genau im richtigen Moment zuschnappen und landete mit einem kleinen zusätzlichen Hüpfer, den sie gekonnt in einen federnden Gang überleitete, während sie ihre Armschwingen einfaltete.
    Rachel folgte einem ausgetretenen Weg vorbei an der Ratsallee mit ihren großen hell erleuchteten Wohnstätten, für die sie kaum einen Blick erübrigte. Die Ratsunterkünfte schimmerten, waren schön, und Mondgeborene besaßen dort keinen Zugang.
    Ihr makelloses Äußeres wirkte auf Rachel wie eine Mauer, während sie an der Ratsallee vorbei auf das freundliche Durcheinander aus Zelten zustrebte, das sie ihr Zuhause nannte. Die Grundfarbe der Zelte war ein metallisch schimmerndes Hellgrau; ihr Stoff war gleichermaßen regen- und hitzebeständig. Farbige Stofftücher waren auf die Zeltwände gehängt oder genäht; sie bedeckten oder umrahmten Fenster und waren kennzeichnend für die Persönlichkeiten der jeweiligen Familie. In den Gemeinschaftsbereichen zwischen den Zelten spielten Kinder Steinchenhüpfen, lernten oder saßen in Gruppen zusammen und unterhielten sich. Rachel winkte den Brüdern ihrer Freundin Ursula und einigen Kindern aus ihrer Klasse zu.
    Weitere zwei Minuten später war
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