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Harlekins Mond

Harlekins Mond

Titel: Harlekins Mond
Autoren: Brenda Cooper Larry Niven
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über die Felskante zu bugsieren. Sie ließen sich genau über dem Punkt nieder, an dem der Kopf der Schildkröte unter dem Panzer hinausragte; Beth wühlte in ihrem Rucksack und reichte Rachel ein Bündel dicker roter Weintrauben.
    »Dann wirst du es also tatsächlich tun?«, fragte sie.
    Rachel nickte, während sie die Haut der Traube mit den Zähnen abzog und die fruchtige Geschmacksexplosion in ihrem Mund genoss.
    »Kannst du nicht wenigstens so lange warm bleiben, bis mein Baby auf der Welt ist?«
    »Du warst doch bei der Besprechung dabei. Jemand muss lange genug leben, um den Fortgang der Maßnahmen zu beaufsichtigen. Jeder in der Sonderkommission hat sich bereit erklärt, in einander überlappenden Schichten zu arbeiten. Du wirst zu dem anderen Teil des Fortgangs gehören – diejenige von uns, die jeden Tag wach ist. Bis dein Baby alt genug ist, brauchst du nicht einmal daran zu denken, dich abzukühlen.«
    Beths Miene war stur, und die Art, wie sie die Zähne zusammenbiss, erinnerte Rachel an Dylan. Er hatte den gleichen starrsinnigen Zug gehabt. Ein Aufblitzen von Trauer durchlief sie, und trotz der Hitze musste sie zittern. Sie vermisste Dylan. Ihren Dad. Bruce, der vier Tage zuvor gestorben war. War Bruce seine Entscheidung wirklich so leichtgefallen, wie er es hatte aussehen lassen?
    »Sieh einfach nur zu, dass du gesund und wohlauf bist, wenn ich wieder warm werde, okay? Ich will nicht aufwachen und hören, irgendjemand sei gestorben.«
    Beth grinste; ihre Verstimmtheit war bereits vergessen. »Wenn du aufwachst, werde ich älter sein als du.«
    Rachel hob einen kleinen Stein auf, schleuderte ihn über den Schnabel der Schildkröte und horchte, wie er die steile Wandung des Kraters hinunterkollerte. Wenn sie kräftig genug warf, rollten ihre Steine am Ende bis hinunter gegen den Umgrenzungszaun von Camp Clarke. »Ich hasse diesen Gedanken. Du wirst Abenteuer erleben, von denen ich nichts mitbekomme, und vielleicht sogar schon ein zweites Baby haben, wenn ich wiederkomme.« Sie schleuderte einen zweiten Stein.
    »Kyle will noch vier.«
    »Vier? Ist er noch bei Trost?«
    »Wahrscheinlich nicht.« Beths Gesicht hatte sich zu einem glücklichen Lächeln verzogen. »Aber wie steht es mit dir?« Ihr Lächeln wurde weicher, und sie rieb sich geistesabwesend den Bauch. »Möchtest du keine Kinder haben? Dylan ist schon seit langem tot; wirst du jemals eine echte Beziehung haben?«
    Rachel lachte. »Wie wäre es zum Beispiel mit Gabriel? Wir sind eine schichtabhängige Teilpartnerschaft eingegangen.«
    »Bedeutet es das, was ich denke?«
    »Allerdings.« Sie hatte ihn geküsst, bevor er zur John Glenn abgeflogen war. Sie hatten keine Eile. Die einander überlappenden Schichten ihres Dienstplans bedeuteten, dass Rachel von jeder ihrer fünfjährigen Wachzeiten ein Jahr gemeinsam mit ihm warm sein würde. Der gesamte Rat wusste darüber Bescheid, und das machte es zu jedermanns Angelegenheit, auch zu der von Beth. »Es bedeutet, dass wir zusammen sind, wann immer wir können, und ich mich immer noch nach etwas anderem umsehen kann, wenn ich Lust dazu habe.« Nur, dass es keine anderen mondgeborenen Unsterblichen gab. Aber irgendwann würde es sie geben. »Beth, es tut mir leid, dass ich nicht da sein werde, um das Baby zu sehen. Ich werde eine Menge verpassen; ich versäume die Hälfte deiner Zeit.« Drei Jahre warm, drei Jahre im Kälteschlaf. »Ich glaube, vorläufig ist erst einmal Selene der Partner in meiner Beziehung.«
    Beth schnaubte. »Ein Mond ist keine Familie. Du gibst ein normales Leben auf.«
    Rachel griff nach einer der Trauben, mit denen Beth jonglierte, fing sie aus der Luft und warf sie sich in den Mund. »So etwas habe ich nie gehabt.«
    »Hast du keine Angst?«
    Rachel erinnerte sich, wie Ursula ihr einmal die gleiche Frage gestellt hatte. »Doch, sicher.«
    »Ich werde eine Party für dich geben, wenn du zurückkommst.« Beth beugte sich herüber und umarmte Rachel; dabei musste sie sich halb zur Seite drehen, und Rachel spürte, wie das Baby trat. Sie lehnte sich mit dem Kopf gegen Beths Schlüsselbein und beobachtete, wie ein Raumflugzeug abhob; es transportierte Baumaterial aus den Fabriken von Camp Clarke hinauf zu Mond Nummer Elf, der nun nicht länger ein Mond war, sondern ein beringter Planetoid mit Namen Feynman.

KAPITEL 80
    VERS ÖHNUNG UND ABSCHIEDSFEIER
     
    Bordzeit der John Glenn 60.332 n. A.
    Und wieder warm, wieder auf Selene, wo die Veränderungen spürbar waren.
    Rachel
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