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Happy Family

Happy Family

Titel: Happy Family
Autoren: David Safier
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Antoine de Saint-Exupéry gesagt: Nur mit dem Herzen sieht man gut. Und meins hatte ja endlich seine Sehkraft wiedergefunden.
    Die Decke war so niedrig, dass die Kinder sich hinter uns bereits hingesetzt hatten. Frank und ich mussten gebückt rennen, und ich dachte: «Jetzt bloß keinen Hexenschuss kriegen.»
    Endlich erreichten wir die Armatur, drückten den Knopf für die Decke, und sie fuhr wieder hoch.
    «Gott sei Dank», stöhnte Frank erleichtert auf. Es war toll, wieder seine normale Stimme zu hören.
    Die Kinder atmeten ebenfalls durch. Ich drückte einen weiteren Knopf, die Tür öffnete sich. Und dann fragte ich mich, wofür wohl der dritte Knopf sein mochte, und hoffte, dass er für die Ketten war – irgendwie musste man die ja lösen, wenn man die Leichen der Opfer entsorgen wollte. Und tatsächlich: Kaum hatte ich den Knopf gedrückt, sprangen die Ketten auf. Die Kinder rannten auf uns zu, und wir umarmten uns alle endlich richtig, ohne Fesseln. Als Menschen.
     
    Nach einer Weile befand Frank: «Es wird Zeit, dass wir aus diesem Schloss verschwinden.»
    «Wir sammeln Jacqueline und Cheyenne auf und dann nichts wie weg!», bestätigte Max.
    «Aber wir müssen vorher noch die Gefangenen befreien», sagte Fee bestimmt.
    «Nein, wir bleiben», erwiderte ich.
    «Weil es hier so verdammt schön ist?», fragte Fee und verzog das Gesicht.
    «Weil wir die Welt retten müssen. Wenn wir abhauen, wird Dracula den Atomkrieg entfesseln.»
    «Wir können doch die Polizei benachrichtigen oder die Armee oder die Geheimdienste …», argumentierte Max.
    «Und die werden uns glauben?», fragte ich rhetorisch.
    «Wohl nicht», gab Max kleinlaut zu.
    «Wir haben aber keine Monsterkräfte mehr», gab Fee zu bedenken.
    Es stimmte. Wir hatten nicht mehr die Kräfte, mit denen wir Zombies, Godzillas, Mumien und Vampire besiegt hatten. Allem Anschein nach waren wir hilflos.
    Es waren aber nicht die Monsterkräfte gewesen, die uns alle Gefahren hatten bestehen lassen, das wusste ich jetzt. Es war eine andere Kraft, die wir auf der Reise entdeckt hatten.
    «Keine Sorge», verkündete ich. «Dracula hat keine Chance gegen uns.»
    «Und wieso?», wollte Fee wissen.
    «Nun …», grinste ich. «Wir sind die Wünschmanns!»

[zur Inhaltsübersicht]
FRANK
    Als wir zu dem Fahrstuhl rannten, war ich glücklich: Ich war kein Monster mehr. Ich konnte wieder reden und endlich wieder weiter als bis acht zählen (hätte ich es als Monster gekonnt, hätte ich Emma gestehen müssen, dass ich mit Suleika sogar zwölfmal geschlafen hatte). Ich stieß auch nicht mehr gegen Kronleuchter oder gegen zu niedrige Decken. Aber das Beste war: Ich war nicht mehr müde. Ich wollte nicht mehr Lieder singen wie «Ich kann nicht mehr», «Ich will auch nicht mehr» oder «Ich hau mit dem Kopf auf die Tischplatte».
    Stattdessen wollte ich Songs schmettern wie: «Zeig mir den Baum und ich reiß ihn aus», «Wer braucht schon Red Bull?» und «Hey, Mister Endorphin».
    Ich wollte die Welt retten, meine Kinder umarmen und mit meiner Frau schlafen.
    Als wir in den Fahrstuhl stiegen, sah ich auf Emmas Hintern. Wunderbar. Im Vergleich zu ihr hatte Stephenie Meyer doch wirklich einen Breiarsch.
    Lange hatte ich Emmas Po nicht mehr so angeschaut, und, noch viel schlimmer: Lange hatte ich mir ihr wunderschönes Gesicht nicht mehr richtig angesehen. Es war ein Wunder, wie es leuchtete, wenn Emma sich für etwas begeisterte. Mit dieser wundervollen Frau hatte ich zwei Kinder gezeugt, auf die ich stolz sein konnte. Verrückt: Wie großartig meine Familie war, hatte ich erst als hirnloses Monster begriffen.
    Jetzt, da ich mein Hirn wieder besaß, durfte ich nicht wieder in den alten Trott fallen. Diese idiotische Ernährer-Durchhalte-Parole hätte mich beinahe meine Familie gekostet. Und dann hätte ich Trottel ja nur noch die Bank in meinem Leben gehabt. Was für eine Horror-Vorstellung. Ich hatte Kollegen, die nur noch ihren Finanzjob hatten – mit denen könnte man glatt den Film
Tanz der toten Seelen
nachdrehen.
    Aber mir würde so etwas jetzt nicht mehr passieren. Endlich hatte ich es verstanden: Der Sinn des Lebens bestand darin, Menschen zu retten und besonders meine Familie, aber gewiss nicht die Banken.

[zur Inhaltsübersicht]
MAX
    Während wir mit dem Fahrstuhl hochfuhren, waren zwei Fakten angenehm anders als zuvor: Zum einen stand ich auf zwei Beinen. Als Homo sapiens. Und, was noch enormer war: Ich verspürte keinen Terror. Kein einziger Nanoliter
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