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Happy Family

Happy Family

Titel: Happy Family
Autoren: David Safier
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rief Jacqueline.
    «Oh Shit ist noch eine freundliche Formulierung», zitterte Max. «Das … das war unsere einzige Option …»
    «Du bist wirklich ein kluger Wolf», bestätigte Dracula.
    «Ich wäre lieber ein Pinguin», antwortete Max zitternd. «In der Antarktis.»
    Mir hingegen war es völlig egal, ob ich die einzige Chance, Dracula zu vernichten, zerstört hatte. Ich begehrte Blut … nicht das eines Wolfes oder einer bewusstlosen Mumie, auch nicht das einer biertrinkenden Teenagerin, ich wollte das von jenem Wesen, das am meisten von dem wunderbaren Lebenssaft in sich trug.
    Ich sprang Frank an, riss ihn zu Boden und landete auf ihm. Gierig wollte ich meine Reißzähne in seinen Hals schlagen. Hätte ich überhaupt etwas erwartet in meinem Rausch, dann, dass er sich mit all seiner übermenschlichen Kraft wehrte. Aber dies tat er nicht. Ganz im Gegenteil. Er lag reglos da und kämpfte nicht. Stattdessen flüsterte er: «Ich liebe dich.»
    Er sagte nicht «Ich fmiebe dich» oder «Ipf liebe dipf» oder Ähnliches, nein, auch wenn es ihn eine ungeheure, ja übermenschliche Konzentration kostete, er sprach das erste Mal einen Satz richtig aus. Den richtigsten Satz überhaupt: «Ich liebe dich.»
    In mir tobte das rasende Verlangen nach Blut zwar weiter, aber ich nahm die Reißzähne von seinem Hals. Ich lag jedoch immer noch auf ihm drauf und konnte daher jederzeit in seine Halsschlagader beißen.
    Frank redete weiter, es kostete ihn große Kraft, um die Worte richtig auszusprechen. Er schaffte es auch nicht, jeweils mehr als drei Worte aneinanderzureihen. Aber immerhin. Mit drei Worten kann man viel sagen. Und er sagte: «Arbeit zu wichtig … Jetzt nicht mehr … Wichtig nur wir … Suleika war Fehler …»
    Bei der Erinnerung an diese Frau wollte ich glatt wieder zubeißen.
    «Aber das vorbei … wir haben Zukunft …»
    Dieser Gedanke ließ mich meinen Hunger für einen Moment glatt ganz vergessen.
    «Schöne Zukunft», bekräftigte Frank.
    Das waren zwar nur noch zwei Worte, aber dafür wundervolle.
    Dracula merkte in seinem Zylinder, wie ich zögerte und dass vielleicht Frank unsere Liebe so wecken konnte, dass ich meinen Hunger ganz vergaß. Deswegen rief der Fürst laut: «Ich hab mit deinem Weib geschlafen!»
    Frank war geschockt. Obwohl er es schon geahnt hatte, war die Bestätigung ein harter Schlag für ihn. Gleich würde er sicherlich wütend werden, laut grollen und mich von sich schubsen. Dann würde ich wieder in den Blutrausch geraten und ihn reißen wie ein wildes Tier.
    «Und sie war auch ganz gut im Bett!», legte Dracula nach.
    Spätestens jetzt hätte Frank loswüten müssen, aber er tat nichts dergleichen. Er grollte kein bisschen. Stattdessen blickte ich in seine Augen und sah dies:

    Frank lächelte mich liebevoll an: «War meine Schuld … Ich verzeihe dir …»
    Seine Liebe war so groß, dass er verzeihen konnte. Und diese große Liebe drang durch meinen Rausch zu meiner Seele durch.
    «Beiß ihn endlich!», rief Dracula.
    Mein Durst war noch da, aber ich hörte Dracula kaum noch zu. Und Frank schaffte es jetzt, sogar mehr als drei Worte aneinanderzureihen: «Ich liebe dich für immer.»
    Nachdem er dies gesagt hatte, hatte ich meinen Hunger nicht nur vergessen, ich hatte ihn überwunden. Der Blutdurst war weg. Endgültig besiegt von Franks Liebe zu mir.
    Liebe ist nun mal größer als Rausch.
    Liebe macht aus Monstern Menschen.

    Mein Kopf war ganz klar. Und mein Herz war es jetzt auch. Frank konnte mir meinen Betrug verzeihen und ich dadurch auch seinen mit Suleika. Denn sein Beispiel hatte mir gezeigt: Liebe ist Verzeihung.
    Ich lag immer noch auf ihm drauf, und das war eine ideale Position: Ich küsste seinen metallenen Mund, und er küsste meine kalten Vampirlippen. Und dennoch erwärmte dieser Kuss mein – organisch nicht vorhandenes – Herz. Es war der schönste Kuss, den wir je hatten. Sogar noch schöner als unser erster. Und auf seine eigene Art und Weise war dies ja auch ein erster Kuss. Der erste Kuss einer neu entflammten Liebe.
    «Menschen …», hörten wir Dracula seufzen, «ihr seid ja so verdammt anstrengend.»
    Seine Stimme kam nicht mehr durch den Lautsprecher. Erschrocken sahen wir zu dem Tank, und der Fürst der Finsternis stand oben auf dem Rande des Zylinders.
    Au Mann, da war wohl gerade eine Sonne untergegangen.
    «Noch mal whao!», staunte Jacqueline. «Ich dachte immer, Dingelings schrumpfen im Wasser, aber wenn der geschrumpft ist … wie
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