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Happy Family

Happy Family

Titel: Happy Family
Autoren: David Safier
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flowers to you.»
    Stephenie Meyer erkannte, dass Fee keine «flowers» dabeihatte, und sah mich mit einem Blick an, der besagte: «I can verarsch me myself.»
    Dann ging sie zutiefst beleidigt weiter, um mit anderen Gästen zu plaudern. Ich sah zu Frank, doch der wusste nicht, wie er mich trösten sollte. Männer sind beim Trösten nun mal unwesentlich begabter als Orang-Utans. Nach einer Weile sagte er nur leise: «Ich … ich glaub, ich geh mal zum Buffet.»
    «Ich komme mit», ergänzte Fee hastig.
    «Ich habe einen enormen Werwolfshunger», stimmte Max schnell mit ein. Meine Familie dampfte ab. Nach einer Weile des betretenen Schweigens meinte Lena zögerlich zu mir: «Deine Kinder sind nicht ganz so perfekt, oder?»
    Ich nickte bestätigend mit dem Kopf.
    «Mit deinem Mann läuft es auch nicht so gut, nicht wahr?», fragte sie vorsichtig.
    «Wieso?», fragte ich unsicher. Wie kam sie darauf? Frank hatte sich ja bisher nicht allzu danebenbenommen.
    «Er starrt unentwegt auf den Hintern von Stephenie Meyer.»
    Tatsächlich: Frank, der am Buffet stand, gaffte aus seinem grünen Frankensteinschädel direkt auf den Po von Frau Meyer, die sich ein paar Meter hinter uns unterhielt. Das tat weh. Noch mehr als der Auftritt der Kinder. Und der hatte auch schon ziemlich wehgetan.
    «Wir kriegen das mit der Lesung noch hin», tröstete Lena.
    Ausgerechnet sie tröstete mich! Dabei hatte sie mich doch eingeladen, um anzugeben. Eines war jetzt schon klar: Ich würde Lena nicht zeigen können, dass ich glücklicher war als sie, was hauptsächlich daran lag, dass ich nicht glücklicher war. In etwa so, wie der junge Werther nicht glücklicher war als Gustav Gans.
    Ich sah von ihr weg, wieder zu Frank, der sich mit dem Meerrettich eines Lachsschnittchens auf die Fellweste kleckerte, dies aber nicht mitbekam, weil er weiter seine Hinterteilbetrachtung vornahm.
    «Dabei hat die Meyer doch einen Breiarsch …», fluchte ich traurig.
    Da fragte Stephenie Meyer hinter mir: «What did she say?»
    Am liebsten hätte ich mich wie ein Vampir in eine Fledermaus verwandelt und wäre aus dem Saal geflogen.
    Die Meyer kam auf uns zu und fragte mich: «What exactly is a ‹Breiarsch›?»
    Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte, und stammelte nur: «Sólo hablo español.»
    «Qué es un Breiarsch?», fragte sie.
    Die blöde Kuh konnte auch noch Spanisch.
    Obwohl ich in der Oberstufe mal ein Jahr Spanisch hatte, konnte ich eigentlich nicht viel mehr sagen als: «Hey Macarena.» Aber dies schien mir als Antwort in dieser Situation etwas unpassend.
    Völlig verzweifelt fragte ich daher verquer lächelnd: «Czi mowi Polski?»
    Stephenie Meyer machte nur eine abfällige Handbewegung und ging. Jemand Irres im Monsterkostüm, die sie auch noch beleidigte, war ihre Zeit nicht wert. Lena legte den Arm sanft um mich und seufzte: «Ich glaube, wir kriegen das mit der Lesung doch nicht mehr hin.»
    Vor meinem geistigen Auge sah ich, wie der Insolvenzverwalter bald in meinen Laden spazierte, sich über meine Buchhaltung königlich amüsierte und über die Kakerlake und das verstopfte Klo wunderte.
    Aber dass ich nicht mehr den Laden mit der Hilfe von Frau Meyer wiederbeleben konnte, war nicht das Schlimmste. Nein, das Schlimmste war: Der Abend mit meiner Familie war katastrophal verlaufen. Keiner von uns genoss ihn auch nur ansatzweise. Vielleicht war es an der Zeit, sich endlich einzugestehen, dass wir wirklich keine echte Familie mehr waren.

[zur Inhaltsübersicht]
FEE
    Mama war so stinkig auf uns, dass sie in einem Fahrstil durch Berlin sauste, der an
Grand Theft Auto
erinnerte. Aber niemand von uns anderen motzte. Niemand von uns traute sich, überhaupt etwas zu sagen. Selbst Papa hielt den Mund, obwohl er ständig mit seinem Frankensteinschädel gegen die Wagendecke knallte. Atmen taten wir alle nur so viel wie nötig, um nicht zu ersticken. Es war ein Schweigen wie vor dem Shootout im Western. Eins war klar: Wenn einer von uns jetzt was sagen würde, würden im Auto die Kugeln fliegen.
    Während ich weiter überflüssiges Atmen vermied, sah ich auf mein Handy. Dort war eine SMS von Jannis: «Ich hab dich gern.» Diese SMS hatte ich inzwischen circa 287 Mal gelesen. Und ich überlegte fieberhaft, was ich antworten sollte. «Ich dich auch», wäre angemessen gewesen. Aber mein Herz hüpfte so hoch vor Freude, dass ich am liebsten sofort «Ich liebe dich» getippt hätte. Doch wenn ich so was Offensives geantwortet hätte, wäre ich
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