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Hannah, Mari

Hannah, Mari

Titel: Hannah, Mari
Autoren: Sein Zorn komme uber uns
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dem Laufenden, okay?«
    Sie konnte gehen.
    Daniels nickte. Sie fragte sich, ob sie sich entschuldigen sollte, beschloss jedoch, dass das nicht nötig war, und lief zur Tür. Als sie ihm bereits den Rücken gekehrt hatte, hob Bright noch einmal an: »Alles in Ordnung, Kate? Wenn ich das so sagen darf, du siehst nicht danach aus.«
    Sie drehte sich zu ihm um. »Mir geht’s gut«, sagte sie, während ihre Augen wieder zu dem Foto auf seinem Tisch wanderten. »Und ich entschuldige mich, ich hätte nach Stella fragen sollen.«
    Bright räusperte sich. In seinen müden Augen sah sie, dass ihre Frage nicht erwünscht war, auch wenn sie ihn nach dem Unfall durch dunkle Tage hindurch begleitet hatte – ein Autounfall, den Stella nur knapp überlebte. Daniels fragte sich, ob er immer noch Albträume vom Autofahren hatte, aus denen er nachts schweißgebadet hochschreckte. Nicht, dass ihn irgendwelche Schuld traf. Ein Sattelschlepper hatte sich auf der M 2 5 quer gestellt und dabei die eine Seite seines Wagens weggerissen. Aber Daniels war sich sicher, dass er sich irgendwie schuldig fühlte, weil er überlebt hatte. Und sie war sich ebenso sicher, dass er das niemals zugeben würde, um nicht schwach zu erscheinen.
    »Unverändert«, sagte er. »Ich hasse es, das zu sagen, aber ich bete zu Gott, dass es schnell geht.«
    Auf dem Rückweg reagierte Daniels zu langsam, um Gormley aus dem Weg zu gehen, der ihr entgegenkam. Wie jedem guten Detective entging ihm nur selten etwas. Er sah den beunruhigten Ausdruck in ihrem Gesicht, bevor sie Zeit hatte, ihn zu verbergen.
    »Alles okay mit dir und dem Chef?«, fragte er.
    »Klar, warum?«
    »Ich bin Detective, und du bist kein Pokerspieler. Es ist unübersehbar, dass du sauer auf ihn bist.«
    »Er hat eine Menge am Hals, Hank.«
    Gormley grinste – er wusste etwas, was sie nicht wusste.
    »Was ist?«, fragte Daniels.
    »Irgendeine Ahnung, warum der ACC dich für den Fall haben will?«
    Daniels horchte auf. »Will er das?«
    »Zumindest hat er Bright das gesagt.«
    »Sicher?«
    »Absolut.«
    Daniels sah über seine Schulter hinweg zur Tür zurück.
    Sie war nicht die Einzige, die etwas verschwieg.

4
    Ein Strahl der frühen Morgensonne lugte durch einen Spalt zwischen den Schlafzimmervorhängen und strich über die feinen Konturen von Jo Soulsbys Gesicht. Ihre Lider flatterten unsicher, dann schlug sie langsam blinzelnd die Augen auf. Ein paar Minuten lag sie auf dem Rücken, starrte an die Decke, litt unter den Auswirkungen eines enormen Katers, und ihr graute vor dem kommenden Tag.
    Jo duschte schnell. Doch wie sehr sie sich auch mühte, den Albtraum des gestrigen Abends konnte sie nicht abwaschen. Ihre Flucht von der Quayside entsprach unter den gegebenen Umständen klassischen Verhaltensmustern. Hatte sie das über die Jahre nicht schon jeder Menge Patienten erklärt? Stichworte wie »emotional« und »Trigger« kamen ihr in den Sinn. Sie steckte in Schwierigkeiten, und sie wusste es. Schwierigkeiten, die durch Verletzungen in der Vergangenheit ausgelöst wurden, unverarbeitete Probleme, die sich tief in ihre Psyche eingefressen hatten und nur darauf warteten, hochzugehen wie eine Zeitbombe. Sie hatte alles, was sie sich immer erträumt hatte: eine erfolgreiche Karriere, ein wundervolles Leben, eine Familie, die sie bewunderte. Gerade jetzt wünschte sie, ihre Söhne könnten hier sein, um ihr zu helfen, sich endlich einmal um ihre eigenen Probleme zu kümmern, anstatt anderen zu helfen, die ihren zu verstehen.
    Als sie um ihr zerwühltes Bett herumging, widerstand sie der Versuchung, einfach wieder unter die Decke zurückzukriechen. Sie hatte noch eine Aufgabe und konnte es sich nicht leisten, den Kopf in den Sand zu stecken. Sie setzte sich hin und starrte sich im Spiegel an. Was sie sah, gefiel ihr gar nicht. Ihre Augen waren rot, man konnte einen Bluterguss auf der linken Seite ihrer Wange erkennen. Sie legte Make-up auf, um ihn zu verdecken, und wählte geschickt ihre Kleidung: eine frische weiße Bluse, Bleistiftrock mit Nadelstreifen, dicke graue Strümpfe und eine schwarze Jacke mit breiten Schultern. Am Ende schlang sie noch einen schwarzen Gürtel um die Hüften, an dem mit einer dicken Silberkette ein Schlüsseltäschchen befestigt war.
    Jo kontrollierte ihr Erscheinungsbild im Spiegel, dann tappte sie ohne Schuhe eine breite Treppe hinunter und überquerte einen afghanischen Teppich in gedeckten Grün- und Rosttönen, den sie vor Jahren mal im Urlaub gekauft hatte. Sie
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