Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Handbuch für Detektive - Roman

Handbuch für Detektive - Roman

Titel: Handbuch für Detektive - Roman
Autoren: C.H.Beck
Vom Netzwerk:
mit. Könnte sein, dass es eine Weile dauerte, bis er sich Nachschub besorgen konnte.
    Als er die Tür hinter sich schloss, stand Screed im Flur und wartete.
    «Ich brauche Ihre Hilfe beim Anzünden», sagte Screed. Am rechten Arm trug er einen Gipsverband, und mit der Linken machte er sich ohne großen Erfolg an einem Feuerzeugzu schaffen. Unwin nahm es ihm ab, schlug den Flintstein an und hob die Flamme an die Zigarette, die von den Lippen des Detektivs baumelte. Es war das erste Mal, dass Unwin ihn wirklich rauchen sah.
    «Alles war genau so, wie Sie es gesagt haben», berichtete Screed. «Das
Ratzekatz
war leer, und Hoffmann saß in seinem Stuhl und schlief. Er war nicht überrascht, mich zu sehen, nachdem Ihr Wecker losgegangen war. Ich hatte ihn, Unwin!»
    «Sie
hatten
ihn», wiederholte Unwin.
    «Ich wollte mir Zeit lassen, wissen Sie. Mit den richtigen Leuten bei der Zeitung Kontakt aufnehmen. Ich dachte, jeder sollte von dieser historischen Situation erfahren. Ich habe ihn in meinem Schrank eingeschlossen, während ich alles in die Wege geleitet habe.»
    «Aber Sie haben das mit seiner Stimme vergessen.»
    Screed blickte zu Boden und hüstelte Rauch durch seine Nasenlöcher. «Ich war gerade mal eine Minute weg. Als ich in mein Büro zurückkam, warteten Peake und Crabtree im Dunkeln und stürzten sich auf mich. Hoffmann hatte sie mit meiner Stimme gerufen und davon überzeugt, Hoffmann habe mich in den Schrank gesperrt und würde gleich zurückkommen, um mich umzubringen. Bis wir geklärt hatten, was tatsächlich passiert war, war er schon verschwunden.»
    Screed wich Unwins Blick aus. Sie wussten beide, dass Hoffmann möglicherweise nie gefasst würde, dass er längst irgendwo sein konnte und
irgendwer.
Doch wenn Sivart tatsächlich noch ein winziges Teil von Hoffmann in seinem Gehirn hatte, konnte nicht auch das Gegenteil der Fall sein? Unwin gefiel der Gedanke, dass ein kleines Bruchstückchen des Detektivs im Denken des Magiers stecken und er auf diese Weise jede seiner Bewegungen beschatten könnte.
    Nach einer Weile sagte Unwin: «Wenigstens haben Sie das älteste Mordopfer der Welt.»
    Screed seufzte. «Da unten ist ein alter Museumswärter, der darüber ziemlich froh war. Bin mir nicht sicher, ob es sonst noch jemanden gekümmert hat. Ich glaube, die wollen sogar die Plakette mit Sivarts Namen dranlassen.»
    Screed rauchte immer noch, als Unwin ging, und zuckte jedes Mal vor Schmerz zusammen, wenn er seinen Arm bewegen musste.
    Der vierzehnte Stock war Unwins nächstes Ziel. Die Schreiber gaben vor, ihn nicht zu sehen, was ihm den Gang zu seinem früheren Arbeitsplatz etwas erleichterte. Und selbst jetzt ließen ihn die Geräusche im Schreibsaal nicht unberührt. Am liebsten hätte er sich eine Weile mit geschlossenen Augen hingesetzt und einfach nur dem Klang der Schreibmaschinen und Schubladen gelauscht.
    Penelope Greenwood hatte ihre Sachen in einen Karton gepackt. Als sie Unwin erblickte, klemmte sie sich die Schachtel unter den Arm und zog ihre graue Mütze auf. Mr. Duden schaute ihnen nach, als sie zusammen zum Fahrstuhl zurückkehrten. Unwin blickte sich noch einmal um und sah, wie der Oberschreiber die Hände rang.
    Draußen auf dem Bürgersteig stand Unwin mit Penny im Sonnenlicht und wartete. Nachdem er zum dritten Mal auf die Uhr geschaut hatte, fasste sie ihn sanft am Handgelenk und sagte: «Charles, das ist keine Sache, zu der man zu spät kommen kann.»
    Sie war in die Stadt zurückgekehrt, um den Mord an Caligari zu rächen – doch Rache war, wie Unwin langsam begriff, nicht ihr einziges Motiv. Sie hatte das Gefühl, es sei ihre Pflicht, Anspruch auf das anzumelden, was verloren ging, als der Wanderzirkus auf ihren Vater übertragenwurde. «Das Unbekannte wird immer grenzenlos sein», hatte Caligari gesagt, und Unwin glaubte, Penelope Greenwood wollte es dabei belassen.
    Einige in der Agentur, dachte er, würde es freuen zu hören, dass die Organisation endlich wieder einen richtigen Gegner hatte.
    Caligaris Wanderzirkus kam um die Ecke. Er war vollständig instand gesetzt und auf Wanderschaft, der Schlamm des Vergnügungsparks war abgewaschen, alle Teile waren frisch in Rot, Grün oder Gelb gestrichen, Papierschlangen flogen durch die Luft und Musik erklang. Die Übriggebliebenen saßen auf ihren Lastwagen; sie winkten und hupten den Kindern zu, die ihnen von den Gehsteigen aus zuriefen. So bewegte sich die Parade gemächlich und mit manchen Zwischenstopps die Straße entlang, und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher