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Handbuch für Detektive - Roman

Handbuch für Detektive - Roman

Titel: Handbuch für Detektive - Roman
Autoren: C.H.Beck
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ganz vorne gingen die Elefanten, die Rüssel in das Schwänzchen des Vordermanns eingehängt. Penelope hatte sie geputzt und gefüttert und sie hinter den Ohren geschrubbt. Selbst der älteste von den dreien sah wieder munter aus.
    Während sich der prachtvolle Zug langsam näherte, erschütterte eine Reihe von dumpfen Geräuschen den Gehsteig. Unwin und Penny hielten sich gegenseitig an den Armen fest, als sich vor ihren Füßen Risse im Asphalt auftaten und ein Schwall heißer, saurer Luft aus der Eingangshalle der Agentur strömte. Als sie sich umdrehten, sahen sie schwarzen Rauch aus der Tür quellen, und mit ihm einen Haufen bestürzter, rotgesichtiger Männer, die ihre Melonen auf den Köpfen festhielten. Es folgte ein lautes Pfeifen und Knallen wie von mehreren kleinen Detonationen.
    Unwin und Penny pressten sich aneinander, während die Unterschreiber rufend und hustend an ihnen vorbeitaumelten. Einige von ihnen zogen sich rasch noch Jacken überihre Schlafanzüge. Die Menge strömte mitten in die Parade auf der Straße und brachte die Prozession zum Stehen. Clowns und Unterschreiber purzelten durcheinander, während die Fahrer der Zirkuswagen von ihren Sitzen schrien und Hüte, Kissen und Ballons durch die Luft flogen. Überall an der Straße kauerten Menschen an offenen Fenstern, um das Spektakel mitzuverfolgen. Der jüngste der Elefanten erhob sich, ob aus Freude oder Empörung, auf die Hinterbeine und trompetete.
    Die Erschütterungen ebbten ab, als Hildegard Palsgrave mit eingezogenem Kopf durch die Tür der Eingangshalle kam, Arme und Gesicht mit Ruß bedeckt. Sie zog ihren riesigen rosa Stuhl hinter sich her, und darauf stand ihr Grammophon. «Mein erstes Feuerwerk seit Jahren», sagte sie.
    Penelope klopfte der Riesin etwas Ruß aus dem Kleid. «Du hast nichts verlernt, Hildegard.»
    Unwin schaute am Agenturgebäude hoch und sah, dass auf allen Stockwerken Fenster aufgingen. Schreiber blickten aus den untersten Fensterreihen und wechselten sich dabei ab. Die Detektive waren weiter oben zu sehen, blickten kopfschüttelnd auf die Szenerie. Noch weiter oben, so weit, dass Unwin den Ausdruck auf den Gesichtern nicht erkennen konnte, beobachteten die Wächter das Geschehen aus der Geborgenheit ihrer privaten Büros, während über ihnen einige wenige Angestellte aus den Fenstern blickten, von denen Unwin weder den Titel noch die Funktion kannte.
    Es war Emilys allererste Woche bei ihrer neuen Tätigkeit, und Änderungen hatten sich schneller eingestellt, als sie gedacht hatte. Die Wächter würden ihre neue Aufseherin fragen, was zu tun sei, jetzt, da die Hauptschreiberin des dritten Archivs das zerstört hatte, an dessen Entstehung sie mitgewirkt hatte.
    Edgar Zlatari fuhr den Dampflaster der Rook-Brüder. Er lenkte ihn langsam durch die Menschenmenge und fuhr schließlich mit stotterndem Motor auf den Bordstein. Theodore Brook, der Messerwerfer, saß im Führerhaus neben ihm, Jasper lag auf der Ladefläche und schlief immer noch tief und fest. Miss Palsgrave stellte ihren Stuhl neben Jasper und stieg auf die Ladefläche.
    «Was wird aus dem
Letzten Nickerchen
?», fragte Unwin Zlatari. «Was ist mit deiner Arbeit?»
    «Zeig mir einen Ort, an dem nicht gesoffen und gestorben wird, dann zeig ich dir einen Menschen, der bereit ist, sesshaft zu werden», sagte er. «Außerdem gibt es da einen alten Knaben, der noch beerdigt werden muss. Offenbar hat es bei seinem Begräbnis ziemliche Verzögerungen gegeben.»
    Unwin schaute Penelope an, und sie lächelte. Irgendwie hatten sie offenbar Caligaris sterbliche Überreste aus dem Museum geschafft, nachdem die richtige Mumie an Ort und Stelle gebracht worden war.
    Miss Palsgrave schlug mit der flachen Hand auf das Dach des Führerhauses, um zu signalisieren, dass sie bereit war. Sie hatte eine Reisetasche dabei, und drinnen befanden sich weitere Aufnahmen von Miss Greenwoods Liedern, damit Jasper Rook noch eine ganze Weile weiterschlief.
    Auch Unwin war müde. Das alles – all die Streichungen und Korrekturen, all die Kürzungen und Ausbesserungen – hatte ihn so sehr erschöpft, dass er mit seinen Kräften beinahe am Ende war. Er war wach, aber hatte er denn überhaupt noch Zeit? Er hatte sich dabei aufgerieben, immer wieder die gleichen Durchgänge zu machen, diesen Strom von getippten und transkribierten Versionen, und er fragte sich, was wohl anders gekommen wäre und immer noch anderskommen würde, wenn er diesen einzigen Tag noch durchhalten und es ihm
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