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Halskette und Kalebasse

Halskette und Kalebasse

Titel: Halskette und Kalebasse
Autoren: Robert van Gulik
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knieten nieder.
    »Stehen Sie auf und berichten Sie, Di !« befahl die Prinzessin mit ihrer klaren Stimme. Richter Di erhob sich und hielt mit beiden Händen die gelbe Rolle in die Höhe. Der Oberst blieb auf den Knien.
    »Euer demütiger Diener hat die Ehre, Eurer Hoheit die Worte des Erhabenen zurückzuerstatten.«
    Die Prinzessin machte eine Geste mit ihrem Fächer. Die ältere Dame trat vor. Als sie die gelbe Rolle vom Richter übernahm, bemerkte er an ihrem Handgelenk das weiße Jadearmband in der Form eines sich windenden Drachens.
    »Euer demütiger Diener hat ferner die Ehre, Eurer Hoheit die Perlenhalskette zurückzuerstatten. Der Dieb erwies sich als eine Person von außerhalb des Palastes, genau wie Eure Hoheit anzudeuten geruhten, als Eurem Diener seine erste Audienz gewährt wurde.«
    Die Prinzessin streckte ihre Hand aus, und der Richter übergab ihr die Halskette mit einer tiefen Verbeugung. Sie ließ sie durch ihre Finger gleiten und sagte zu ihm, während ihre Augen auf Oberst Kang ruhten:
    »Wiederholen Sie die letzten Worte, die ich zu Ihnen sagte, Di.«
    »Eure Hoheit geruhte zu sagen, daß sie mit dem Auftrag, die Halskette wiederzubeschaffen, ihr Glück in meine Hände lege.« Richter Di sprach ganz mechanisch weiter, denn jetzt, im deutlich hellen Tageslicht, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen, als er die Linie ihrer Wangenknochen und die Form ihres entschlossenen Kinns betrachtete.
    »Nun wissen Sie Bescheid, Oberst. Bald sehen wir uns wieder, beim großen Fest der roten Kerzen.«
    Oberst Kang erhob sich und ging zu ihr, die glänzenden Augen fest auf die ihren gerichtet. Die Dame Hortensie betrachtete das große, stattliche Paar mit einem sanften Lächeln auf ihrem blassen, müden Gesicht. Richter Di strebte eilig zur Tür.
    Die beiden Hofdamen geleiteten ihn zur Goldenen Brücke zurück. Der dickleibige Eunuch erwartete ihn auf der anderen Seite. Als er Richter Di ehrerbietig zum Eingang geführt hatte, forderte der Richter ihn auf:
    »Sehen Sie nach Ihrem Herrn. Ich glaube, er ist krank.« Dann bestieg er die Brokatsänfte und wies die Ehrengarde an, ihn zum Büro des Oberaufsehers zu bringen.
    Im Gang wimmelte es von Gardisten und kräftigen Burschen in schwarzer und grauer Livree. Sie alle trugen rote Armbinden, auf denen das Wort >Sondereinsatz< geschrieben stand, und sie alle waren bis an die Zähne bewaffnet. Sie verneigten sich tief, als sie den Richter sahen. Der Oberaufseher stand über seinen Schreibtisch gebeugt, auf dem dünne Papierstreifen verstreut lagen. Er blickte hoch.
    »Die Hauptübeltäter sind bereits verhaftet, Exzellenz! Ich bedaure melden zu müssen, daß sich die Fäulnis sogar unter meinen eigenen Männern ausgebreitet hatte. Was sollen wir mit dem Obereunuchen machen, Exzellenz? Er kann nicht festgenommen werden ohne...«
    »Der Obereunuch starb an einem Herzanfall«, unterbrach der Richter. »Wenn Sie Ihre Untersuchung durchführen, achten Sie besonders auf eine Person namens Hao und auf dessen Spießgesellen, die gestern abend Herrn Lang Liu in der Herberge >Zum Eisvogel< ermordeten. Sorgen Sie dafür, daß sie mit äußerster Härte bestraft werden.«
    Der Oberaufseher verneigte sich. Dann deutete er auf seinen eigenen Stuhl und sagte: »Nehmen Sie doch bitte Platz, Exzellenz, damit ich Ihnen erklären kann, wie...«
    Richter Di schüttelte den Kopf. Er nahm die Flügelkappe ab, setzte sie behutsam auf den Schreibtisch und zog sich sein eigenes kleines Käppchen auf. Dann entledigte er sich der gelben Stola und legte sie neben die Kappe.
    »Ich habe Ihrer Hoheit die Erhabenen Worte zurückgegeben. Von nun an bin ich nur noch der Bezirksvorsteher von Pu-yang. Ich lege alles in Ihre fähigen Hände, mein Herr.«
    Der Oberaufseher fixierte den Richter mit seinen durchdringenden Augen.
    »Wollen Sie damit etwa sagen, daß Sie sich nicht diese Gelegenheit zunutze machen... Ist Ihnen nicht klar, daß Sie mühelos ein hohes Amt in der Hauptstadt haben können? Mit Freude werde ich vorschlagen, daß Sie...«
    »Es drängt mich, auf meinen Posten zurückzukehren.«
    Der andere sah ihn lange an. Dann trat er kopfschüttelnd an den Seitentisch. Er nahm das Schwert, das dort lag, und reichte es Richter Di. Es war sein geliebter >Regendrache<. Als der Richter sich das Schwert über den Rücken hängte, sagte der Oberaufseher ernst:
    »Durch Ihre drastischen Maßnahmen gegen die Mönche des Tempels der Unendlichen Gnade in Pu-yang haben Sie sich die Buddhistenclique am
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