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Halo

Halo

Titel: Halo
Autoren: Alexandra Adornetto
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Familien. Ich sah Morde, ich hörte Schreie, ich fühlte die gesamte Ungerechtigkeit der Welt. Jede Krankheit, die die Menschheit kannte, strömte durch meinen Körper, jedes Gefühl von Angst, Trauer und Hilflosigkeit. Ich spürte jeden gewaltsamen Tod, ich saß im Auto, als Grace ihren Unfall hatte, ich war ein Mann bei einem Schiffsunglück, der in den Wellen ertrank, ich war Emily, die von den Flammen in ihrem Bett verschluckt wurde. Und durch all dies hörte ich das mitleidlose Lachen von Jake.
    Der Schmerz von Tausenden, von Millionen drang in mein Fleisch wie Glassplitter. Ich war mir nur halb bewusst, dass sich mein Körper auf dem Boden krümmte und ich mir die Hände an die Schläfen drückte. Ich war ein Engel und war mit all dem Leid und der Dunkelheit der Welt erfüllt worden. Ich wusste, es würde mich umbringen. Ich öffnete den Mund, um Jake zu bitten, meinem Leiden ein Ende zu setzen, doch kein Geräusch kam heraus. Ich hatte keine Stimme mehr, selbst nicht, um um meinen Tod zu bitten. Die Bilder drangen weiter in mich ein, all das Entsetzen, das aus Jake in mich hineinfloss, bis ich kaum noch Luft bekam.
    Jake nahm die Hände von meinem Kopf, und die Erleichterung umfasste meinen Körper. Erst jetzt sah ich das Feuer, das sich um uns auftürmte, und erkannte plötzlich, dass die Luft voller Rauch war. Der Kerzenleuchter zitterte und stürzte um, als Teile der Zimmerdecke sich herablösten und auf den Tisch fielen. Ein paar Meter weiter gingen die Vorhänge in Flammen auf, und die Funken stoben zu allen Seiten. Ich versuchte meinen Kopf zu schützen, doch die Funken fielen auf meine Hände. Mein Körper zitterte immer noch wie wild von den schrecklichen Bildern, meine Lungen waren voller Rauch, meine Augen brannten, und mein Kopf drehte sich. Ich spürte, dass ich gleich bewusstlos werden würde. Ich kämpfte dagegen an, doch ich wusste, dass ich den Kampf verlieren würde. Alles, was ich sehen konnte, war Jakes Gesicht, das von einem Feuerkreis eingerahmt war.
    Dann wurde die Wand uns gegenüber wie von einer Explosion herausgerissen. Einen Moment lang sah ich die verlassene Straße hinter dem Haus liegen, bevor blendendes Licht das Zimmer erfüllte. Jake stolperte rückwärts und beschattete seine Augen. Gabriel trat mit ausgebreiteten Flügeln und einem Schwert in den Händen, das wie eine gleißend weiße Säule leuchtete, aus dem Chaos. Seine Haare fielen ihm wie goldene Strähnen über die Schultern. Xavier und Ivy waren hinter ihm, und beide eilten zu mir. Xavier wollte mich mit tränenüberströmten Augen in die Arme schließen, doch Ivy hielt ihn auf.
    «Beweg sie nicht», sagte sie. «Ihre Verletzungen sind zu schwer. Wir müssen den Heilungsprozess gleich hier beginnen.»
    Xavier nahm mein Gesicht in seine Hände.
    «Beth?» Ich fühlte seinen Lippen dicht an meiner Wange. «Kannst du mich hören?»
    «Sie kann dir nicht antworten», sagte Ivys süße Stimme, und ich spürte ihre kühlen Finger an meiner Stirn, als ihre heilenden Kräfte durch mich hindurchströmten.
    «Was passiert mit ihr?», rief Xavier, als mein Körper zu zucken begann. Meine Augen verdrehten sich, und mein Mund öffnete sich zu einem stummen Schrei. «Du tust ihr weh!»
    «Ich ziehe ihre Erinnerungen ab», sagte Ivy. «Sie werden sie töten, wenn ich das nicht tue.»
    Xavier war so dicht bei mir, dass ich sein Herz klopfen hörte. Ich klammerte mich an dieses Geräusch und glaubte, es wäre das Einzige, was mich am Leben halten konnte.
    «Es wird alles gut», wiederholte er immer wieder. «Jetzt ist alles vorbei. Wir sind da. Niemand kann dir etwas tun. Bleib bei uns, Beth. Hör einfach auf meine Stimme.»
    Ich versuchte mich aufzurichten und sah meinen Bruder durch die Feuerwand treten. Das Licht rollte in Wellen von ihm herab, und sein Anblick schmerzte beinahe in meinen Augen, so hell und schön war er. Er schritt durch das Feuer, trat vor Jake Thorn hin, und zum ersten Mal sah ich so etwas wie Angst auf Jakes Gesicht. Er verbarg sie schnell wieder und verzog seine Lippen zu seinem typischen Grinsen.
    «Du bist also zum Spielen rausgekommen», sagte er. «Genau wie in alten Zeiten.»
    «Ich bin gekommen, um deinen Spielchen ein Ende zu setzen», antwortete Gabriel finster.
    Er straffte die Schultern, und ein heulender Wind kam auf, der an den Fensterläden riss und die Bilder von der Wand fegte. Blitze zogen über den roten Himmel, als wären die Himmel selbst in einem Gefecht. Mitten in alldem stand Gabriel, und
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