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Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)

Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)

Titel: Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)
Autoren: Falko Rademacher
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sie zu verstören. „Du bist wirklich das gefühlloseste Monster, dem ich je begegnet bin“, fauchte sie, obwohl sie wusste, dass das nicht stimmte. Sie war schon ganz anderen gefühllosen Monstern begegnet, weiß Gott.
    Fabian indes war nicht auf Streit aus. „Die Mediziner wollen die Leiche möglichst flott bei sich aufschnibbeln, wegen der hohen Temperaturen. Willst du dich noch mehr umsehen?“
    Lisa wollte gerne gehen, aber sie gönnte sich noch ein paar Minuten der Leichenbeschau und Tatortbesichtigung. Natürlich war ihre Beobachtungsgabe hier genau so wenig gefragt wie die Fabians - Spurensuche und Gerichtsmedizin waren dafür zuständig, Material zu sammeln. Trotzdem fühlten sich Kriminalbeamte überall auf der Welt verpflichtet, so zu tun, als seien sie Adrian Monk: Mit ein paar Blicken auf den Tatort den Kreis der Verdächtigen auf drei Personen einengen, falsche Spuren entlarven und ein scheinbar völlig unwichtiges Detail als heiße Spur ansehen, die direkt zum Mörder führt. Völliger Quatsch, aber man sah sich um, für den Fall, dass man trotzdem mal was fand.
    Aber Lisa fand nichts, fast zu ihrer Erleichterung. Das war schließlich auch so ein Punkt. Niemand findet gerne irgendeine Spur, die alle anderen übersehen haben. Schließlich konnte man sich irren, und schon war man blamiert. Oder noch schlimmer: Man hatte recht, und von da an hielten einen die Kollegen für einen Besserwisser und die Vorgesetzten für einen Wunderknaben bzw. ein Wundermädchen, und erwarteten ständig solche Geistesblitze. Und beides war noch mal doppelt und dreifach so schlimm, wenn man eine Frau war. Diese Lektion hatte sie in ihrer ersten Zeit bei der Polizei sehr schnell gelernt.
    „ Okay, ich glaube, im Moment wär’s das hier“, sagte Lisa, und Fabian ging voraus in Richtung Hausflur. Als er ihr den Rücken zudrehte, konnte Lisa endlich ein paar Mal tief durchatmen. Der Anblick von Fabians Hintern in seinen Jeans trug allerdings ebenfalls dazu bei, dass sie sich besser fühlte.

Vier
     
    Juhnke war die Aufmerksamkeit in Person, während er sich - schmatzend wie ein chinesisches Wasserschwein - einen Snickers-Riegel in den Kopf einführte und Fabian und Lisa bei ihrem Bericht zuhörte.
    „ Der Körper dürfte vollständig ausgeblutet sein“, meinte Fabian im Plauderton, „jedenfalls war der Mann kalkweiß. Kann natürlich auch sein, dass Herr Krumm seit Jahrzehnten keine Sonne mehr an sich ran gelassen hat. Aber wenn ich bedenke, dass das halbe Schlafzimmer rot umgefärbt wurde, schätze ich, der Körper und der Kopf sind jetzt fünf Kilo leichter. Diese Blutgruppendiät funktioniert bei jedem.“
    War das ’ne Anspielung auf mich?, fragte sich Lisa unwillkürlich.
    „ War das Blut schon getrocknet?“ fragte Juhnke, während er das Snickers-Papier zerknüllte und in Richtung Papierkorb fliegen ließ. Er verfehlte ihn um wenige Meter. Es gab Gerüchte, mit der Schusswaffe sollte er beinahe genau so treffsicher sein. Kein Wunder, dass er einen Schreibtischposten bekommen hatte; das Dilbert-Prinzip hatte auch bei der Polizei seine Gültigkeit.
    „ Ja, es war schon getrocknet“, antwortete Lisa, „deswegen kann man auch nicht mehr von rot sprechen, sondern mehr von einer Art Sienna-Haselnuß-Ton.“
    „ Danke, Frau Becker. Ihre Beobachtungsgabe schafft mich immer wieder.“
    Sie haben einen Popel an der Nase , dachte Lisa. Was sie sagte war: „Ich würde sagen, der Tod trat um etwa 3 Uhr nachts ein, aber da müssen wir noch auf die Obduktion warten. Die Tatwaffe wurde nicht gefunden, aber ich tippe auf eine Art Axt oder auch ein besonders großes Fleischermesser. Der Schnitt war sehr akkurat, ganz sicher wurde keine Säge benutzt. Die Augen des Toten waren noch geschlossen, was ebenfalls auf einen schnellen, unbemerkten Tod hindeutet. Außerdem hat niemand Schreie gehört und der Mann hat sich offenkundig nicht gewehrt. Meine persönliche Vermutung: Entweder ein Racheakt oder die Tat eines Psychopathen.“
    „ Was für schöne Fachausdrücke wir parat haben“, grinste Juhnke.
    „ Ja, so was lernt man heutzutage sogar in der Polizeiausbildung“, entgegnete Lisa ungezwungen.
    „ Man lernt eine Menge Blödsinn bei der Polizeiausbildung, den man später nicht mehr gebrauchen kann.“
    Lisa gingen die Bemerkungen ihres Chefs schon lange meilenweit am Arsch vorbei. Die kleine Spitze in Bezug auf ihre Ausbildung an der FH gehörte zu seinem üblichen Repertoire. Nur wenige im Dezernat hatten sich so
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