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HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi

HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi

Titel: HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi
Autoren: Andreas Schmidt
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ausgeliefert, daran bestand kein Zweifel. Weglaufen oder ducken konnte er sich nicht, um dem Schützen auszuweichen. Und mit dem kleinen Boot konnte er keine Haken schlagen. Dennoch wollte sich Gerber seinem Schicksal nicht widerstandslos ergeben. Ein gehetzter Blick ins Wasser. Der Fluss führte nicht sonderlich viel Wasser, doch die Flucht zu Fuß würde ihm wohl auch nicht gelingen. Und ob er schwimmend noch das Ufer erreichen würde, wagte er zu bezweifeln. Auf der Mosel fühlte er sich wie auf dem Präsentierteller. Selbst wenn er das Boot als Schild nutzen würde, war er dem Geschoss schutzlos ausgeliefert, denn die dünne Wandung bot keinen Schutz vor einer Kugel.
    Wilfried Gerber riss die Arme hoch. „Machen Sie keinen Unsinn“, gellte seine Stimme über den Fluss.
    Eine Antwort erhielt er nicht. Der Mann am Ufer entsicherte die Waffe, und Gerber konnte trotz der Entfernung genau erkennen, wie sich der Zeigefinger des Fremden um den Abzug krümmte. Trotz der Panik, die ihn ergriffen hatte, saß er wie gelähmt in seinem Boot und war nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. So war er zu einem Zuschauer in einem tödlich ausgehenden Spiel geworden.
    Der Schuss peitschte durch das Moseltal und hallte von den Weinbergen zurück. Während sich Gerber fragte, ob denn niemand den Schuss gehört hatte, glaubte er von innen heraus zu explodieren. Sein Arm ruckte hoch, er fasste sich an die Stelle des Oberkörpers, die er als Quelle des tödlichen Schmerzes lokalisiert hatte. Seine Kleidung klebte von seinem eigenen Blut, das nun zwischen seinen verkrampften Fingern hindurchsickerte. Gerber wollte schreien, doch ein dicker Kloß in seiner Kehle hinderte ihn daran. Nur ein kehliger Laut kam über seine spröden Lippen. Nun schien sein ganzer Körper in Flammen zu stehen. Tausend winzige Nadeln bohrten sich in seinen Leib und zerstörten ihn. Der Schmerz lähmte Gerbers ganzen Körper, und er fühlte, wie seine Knie weich wurden. Leblos sackte er in sich zusammen. Das Boot geriet ins Schwanken und drohte zu kentern. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte er die Wahl zwischen einem schmerzhaften Tod durch Verbluten oder durch Ertrinken. Im nächsten Augenblick schlug er mit dem Hinterkopf an der Kante des hölzernen Bootsrumpfes auf. Seine Knochen knackten, und er sah Lichtblitze vor den Augen, dann wurde es dunkel um ihn herum. Das Letzte, das er gesehen hatte, war der wolkenlose Abendhimmel über der Mosel. Niemand beachtete die beiden Schwäne, die sich mit einem aufgeregten Flügelschlag in den Abendhimmel erhoben.

    Fast andächtig lauschte sie dem Surren der grobstolligen Reifen ihres Mountainbikes, während sie den befestigten Weg entlang des Moselufers in Richtung Zell radelte. Viel zu lange schon hatte sie auf ihren Sport verzichtet, doch an diesem lauen Sommerabend hatte Bettina Bender das Rad aus dem Schuppen ihres Hauses an der Sponheimer Straße geholt und war losgeradelt. Hinunter zum Fluss, wo es einen gut ausgebauten Weg entlang der Mosel gab.
    Um diese Zeit waren die Touristen, die das Flussufer tagsüber bevölkerten, in ihren Ferienwohnungen verschwunden. Oder sie saßen in geselliger Runde in einem der Gasthöfe und Straußwirtschaften beisammen und ließen es sich bei einem edlen Tropfen aus den Steil- und Hanglagen gut gehen. So herrschte eine idyllische Stille am Fluss, und Bettina Bender atmete tief durch und genoss den lauen Sommerwind, der durch ihr Haar strich.
    Nach zwei Kilometern war sie mit der Landschaft allein und fand Zeit zum Nachdenken. Die letzten Wochen und Monate waren aufregend gewesen. Sie hatte ein neues Leben begonnen. Der Job im Gemeindebüro von Enkirch war sicher nicht ihr Traumjob, und reich werden würde sie mit der Bürotätigkeit auch nicht gerade, aber die Stelle war krisensicher und sie konnte damit ihren Lebensunterhalt bestreiten. Ihr Traum von der eigenen Galerie, die sie bis vor kurzer Zeit in Trier geführt hatte, war geplatzt wie eine Seifenblase. Und so hatte sie sich schweren Herzens entschlossen, das Ladenlokal zu kündigen. Die Malerei würde sie fortan in ihrer Freizeit betreiben müssen. Eigentlich war es ganz gut, wie es gekommen war. Das Einzige, was ihr zum Glück noch fehlte, war ein Mann an ihrer Seite. Sie war keine zwanzig mehr, und es war höchste Zeit, dass ihr der Traumprinz, mit dem sie den Rest ihres Lebens verbringen konnte, über den Weg lief.
    Mit Mitte dreißig waren die meisten Männer bereits vergeben, und der Markt schrumpfte
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