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HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi

HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi

Titel: HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi
Autoren: Andreas Schmidt
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als Springer eingesetzt, dachte er entnervt. Aber er konnte Prangenberg einfach keinen Gefallen abschlagen, und nun stand der aufbrausende Chefredakteur in seiner Schuld. Die Sache mit dem Urlaubsantrag hatte Kaltenbach nicht vergessen. Aber zunächst genoss er die Fahrt durch die Rheinebene und versuchte sich an der Landschaft zu erfreuen.
    Nachdem er die Ortschaft Vallendar passiert hatte, erreichte er Urbar. Wenig später schon ragte links majestätisch der Ehrenbreitstein in die Höhe, während er rechts, am gegenüberliegenden Rheinufer gelegen, das Deutsche Eck sah. Bunt gekleidete Touristen erkundeten das Denkmal von Kaiser Wilhelm I. Er thronte auf dem massiven Sockel, der zwischen 1953 und 1990 als Mahnmal der Deutschen Einheit gedient hatte. Erst seit 1993 zierte der Kaiser wieder das Deutsche Eck und zog in den Sommermonaten täglich ganze Scharen von Touristen an. Nur die wenigsten Menschen wussten, dass es sich beim Deutschen Eck um eine künstlich angelegte Landzunge handelte, die man an der Stelle errichtet hatte, wo die Mosel in Vater Rhein mündete. Kaltenbach hielt sich rechts und gelangte über die Pfaffendorfer Brücke auf die andere Rheinseite. Von hier aus war es nur ein Katzensprung zur Altstadt, und er fand einen Parkplatz in einer schmalen Seitenstraße. Nachdem er die schwere Maschine aufgebockt hatte, zog er den Helm vom Kopf. Ein seichter Wind trug den Glockenschlag der Liebfrauenkirche an seine Ohren. Kaltenbach atmete tief durch und streckte sich, nachdem er seinen Helm im Koffer seines Motorrads verstaut hatte. Die Sonne drang nur vereinzelt durch die Kronen der Kastanien am Straßenrand.
    Als eine miniberockte Blondine mit wiegenden Hüften an ihm vorbeistöckelte und ihm einen frechen Augenaufschlag schenkte, fand Kaltenbach die Vorstellung, in den nächsten Tagen in Koblenz zu arbeiten, gar nicht mehr so schlimm. Grinsend machte er sich auf den Weg zur Redaktion des Rhein Mosel Express, die im ersten Stockwerk eines sanierten Altbaus unweit des Jesuitenplatzes lag. Im Treppenhaus empfing ihn Stille und angenehme Kühle. Die erste Etage wurde von den Büroräumen der Zeitung eingenommen. Während im Treppenhaus das Flair längst vergangener Jahrhunderte herrschte, waren die Räumlichkeiten des Rhein Mosel Express modern eingerichtet. Die hohen und schmalen Fenster hatten die Kollegen freundlicherweise bereits geöffnet, und einige Tischventilatoren rotierten surrend auf den Schreibtischen und wirbelten immer wieder Papier auf, das raschelnd zu Boden segelte.
    „Wir haben keinen Motorradkurier bestellt“, hörte er eine näselnde Stimme hinter sich.
    Kaltenbach wandte sich auf dem Absatz seiner schweren Stiefel um und blickte in das blasse Gesicht eines schlaksigen Kollegen Anfang dreißig. Den obersten Knopf seines blütenweißen Hemdes hatte er geöffnet, auch die Ärmel waren hochgekrempelt.
    „Ich bin kein Kurier, du Nase“, konterte Kaltenbach. „Ich bin euer Mann aus Neuwied.“
    „Oh“, machte der Kollege ein wenig peinlich berührt. Er betrachtete Kaltenbach nachdenklich. „Dann müssen Sie Herr Kaltenbach sein.“
    „Eins zu null“, nickte Bernd und reichte dem Kollegen die Hand.
    „Mein Name ist Simon Dietz, ich bin Ressortleiter für …“
    „Macht doch nichts“, entgegnete Kaltenbach mit seinem breitesten Grinsen und drückte fest zu, als er den lauen Händedruck seines Gegenübers spürte. Mit seinen breiten Schultern, den knapp zwei Metern Körpergröße, seinen halblangen dunklen Haaren und dem Dreitagebart war Kaltenbach rein optisch das exakte Gegenteil seines Gegenübers. Mit ein wenig Phantasie konnte Bernd sich vorstellen, dass Dietz noch bei Mutti lebte und dort kleine Brötchen backen musste. In Gedanken packte Kaltenbach den Kollegen in die Schublade Warmduscher.
    Er blickte sich in dem Großraumbüro der Redaktion um. Graue Schreibtische, meist zwei gegenüber, in einer hinteren Ecke ein gläserner Tisch mit vier Stühlen, an der Wand ein Flipchart mit Notizen der letzten Redaktionskonferenz. Prangenberg hatte nicht übertrieben, denn es waren außer Kaltenbach und Dietz nur noch zwei Personen anwesend: Eine ältere Frau im adretten Kostüm mit einer Brille, die an einer Kette um den Hals hing und eine junge zierliche Frau, die so schüchtern schien, dass sie kaum von der Arbeit aufzublicken wagte. Kaltenbach schätzte das Mädchen auf Anfang zwanzig. Die langen braunen Haare hatte sie hinter dem Kopf zu einem Knoten zusammengebunden.
    „Ist ja
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