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Hände weg von Zeitmaschinen

Hände weg von Zeitmaschinen

Titel: Hände weg von Zeitmaschinen
Autoren: Alfred Bester
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Aufruhr in St. Albans nicht brechen, und so brach General Carpenter ihn. Aber mittlerweile wurde Station T schon wieder in den offiziellen Berichten erwähnt. »Schicken Sie mir«, sagte General Carpenter, »den Experten, der für Station T zuständig ist.«
    Das St.-Albans-Hospital schickte einen Arzt, Captain Edsel Dimmock. Er war ein untersetzter junger Mann, schon kahlköpfig, und obwohl er die Universität erst vor drei Jahren verlassen hatte, besaß er bereits einen guten Ruf als Experte für Psychotherapie. General Carpenter mochte Experten. Er mochte auch Dimmock. Und Dimmock bewunderte den General als Sprecher einer Kultur, die er bislang wegen seiner zu spezifischen Ausbildung noch nicht kennengelernt hatte, von der er aber hoffte, er könne sie genießen, nachdem der Krieg erst einmal gewonnen war.
    »Schauen Sie einmal, Dimmock«, begann General Carpenter. »Wir alle sind heutzutage Werkzeuge, ausgebildet und geschliffen, um eine spezifische Arbeit zu erledigen. Sie kennen unser Motto: Arbeit für jeden, und jeder für seine Arbeit. Aber jemand erledigt seine Aufgabe in Station T nicht zufriedenstellend, und wir müssen ihn eliminieren. Zuallererst einmal: Was zum Teufel ist Station T eigentlich?« Dimmock stotterte und machte hilflose Gesten. Schließlich erklärte er, es sei eine spezielle Abteilung, in der besondere Kriegsverletzte behandelt würden. Patienten unter Schockeinwirkung. »Dann haben Sie also Patienten in der Station?«
    »Ja, Sir. Zehn Frauen und vierzehn Männer.«
    Carpenter wedelte mit einer Akte. »Hiernach heißt es, die Patienten in St. Albans behaupten, Station T stehe leer.«
    Dimmock war schockiert. Das sei nicht wahr, versicherte er dem General.
    »In Ordnung, Dimmock. Also liegen dort vierundzwanzig Krüppel, deren Aufgabe es ist, wieder gesund zu werden. Ihre Aufgabe ist es, sie zu heilen. Warum, zum Teufel, regen sich die anderen Patienten darüber auf?«
    »Nun, Sir… Vielleicht, weil wir sie eingesperrt halten.«
    »Station T ist eine geschlossene Abteilung?«
    »Ja, Sir.«
    »Warum?«
    »Damit die Patienten auch dort bleiben, General Carpenter.«
    »Dort bleiben? Was meinen Sie damit? Versuchen sie zu fliehen? Sind sie gewalttätig oder so etwas?«
    »Nein, Sir. Nicht gewalttätig.«
    »Dimmock, ich mag Ihre Antworten nicht. Wollen Sie etwas vertuschen? Und ich mag noch etwas nicht. Diese T-Einordnung. Ich habe mit dem Verwaltungsexperten des medizinischen Korps gesprochen, und er behauptet, es gäbe gar keine T-Klassifikation. Was zum Teufel geschieht also in St. Albans?«
    »N… nun, Sir… Wir haben die T-Klassifizierung erfunden. Sie… Es… es handelt sich dabei um besondere Fälle, Sir. Wir wissen nicht, was wir mit Ihnen tun oder wie wir sie behandeln sollen. Wir… wir haben versucht, alles geheimzuhalten, bis ein modus operandi ausgearbeitet ist, aber wir sehen uns vor ganz neue Phänomene gestellt, General, vor eine brandneue Entwicklung!« Hier triumphierte der Experte in Dimmock über dessen Disziplin. »Das ist sensationell, Sir! Wir werden medizinische Geschichte machen. Bei Gott, wir sind auf die größte Entdeckung aller Zeiten gestoßen!«
    »Welche Entdeckung, Dimmock? Spezifizieren Sie bitte.«
    »Nun, Sir, Fälle mit Schockeinwirkung. Ausgeflippt, fast katatonisch. Kaum Atmung, langsamer Puls, keine Reaktionen.«
    »Ich habe schon Tausende solcher Fälle gesehen«, brummte Carpenter. »Was ist denn daran so ungewöhnlich?«
    »Nun, Sir, bis jetzt ähnelt das Krankheitsbild dem der standardmäßig erfaßten Q- oder R-Klassifikation. Aber diese Patienten sind ungewöhnlich. Sie essen und schlafen nicht.«
    »Nie?«
    »Einige von ihnen nie.«
    »Und wieso sterben sie dann nicht?«
    »Das wissen wir eben nicht. Der Kreislauf ihres Metabolismus ist durchbrochen, aber nur im anabolischen Bereich. Ihr Cetabolismus läuft weiterhin ab wie zuvor. In anderen Worten, Sir, sie geben Abfallprodukte ab, nehmen aber keine neuen auf. Sie eliminieren die Müdigkeitsstoffe und erneuern abgenutztes Gewebe, aber ohne dabei zu schlafen oder zu essen. Gott mag wissen, wie das vor sich geht. Einfach phantastisch!«
    »Und deshalb sperren Sie sie ein? Ich will damit sagen… Glauben Sie, daß sie irgendwo Nahrung stehlen oder heimlich schlafen?«
    »Nein, Sir…« Dimmocks Gesicht überzog sich mit einer dezenten Schamesröte. »Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll, General. Ich… wir sperren sie wegen des wirklichen Geheimnisses ein. Sie… nun, sie
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