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Hades

Hades

Titel: Hades
Autoren: Alexandra Adornetto
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vorstellen kannst», antwortete Gabriel. «Michael ist schon früher gegen sie aufgestanden.»
    Xavier überlegte einen Moment. «Natürlich», sagte er schließlich. «Das steht in der Offenbarung: ‹Da entbrannte im Himmel ein Kampf. Michael und seine Engel erhoben sich, um mit dem Drachen zu kämpfen.› Der Drache war Luzifer, oder?»
    «Genau», antwortete Gabriel. «Michael war derjenige, der ihn auf Befehl unseres Vaters in die Hölle geworfen hat.»
    «Gute Arbeit», sagte Xavier, und Michael hob eine Augenbraue. Ich lächelte. Wie zwanglos er im Vergleich zu meinen Geschwistern war! «Und Sie gehen davon aus, dass Sie noch mal da reinkommen?»
    «Wollen wir es einfach probieren?», war alles, was Michael darauf sagte.
    Er richtete sich mitten auf den Gleisen zu seiner vollen Höhe auf. Das Schwert in seiner Hand vibrierte so laut, dass die Vögel, die in der Nähe gehockt hatten, aufflogen. Michael hob das Schwert über seinen Kopf, und das Sonnenlicht ergoss sich in Strömen über seine silberne Oberfläche.
    «Im Namen Gottes befehle ich dir …»
    Seine Stimme klang dröhnend, wurde dann aber plötzlich leiser. Ich war es, die verblasste, war auf dem Weg zurück nach Hades. Ich versuchte Zeit zu schinden. Um jeden Preis wollte ich mitbekommen, ob Michaels Schwert das Portal öffnen konnte. Aber das schrille Klingeln des Hoteltelefons zog mich gnadenlos zurück in meinen Körper.

    Ich tastete nach dem Hörer und ließ ihn schließlich beinahe fallen. «Hallo?»
    «Mr. Thorn erwartet Sie in der Lobby», sagte die Empfangsdame in einem ganz anderen Tonfall als beim letzten Mal. Damals war sie respektvoll gewesen, jetzt klang sie arrogant.
    «Sagen Sie ihm, dass ich komme.»
    Ich legte auf, ließ mich zurück aufs Bett fallen und atmete tief durch. Ich wusste nicht, was ich denken sollte. War Michael wirklich kurz davor, durch das Portal zu brechen und mich zu retten? Ich wagte gar nicht erst, daran zu glauben. Einen Moment lang lag ich hilflos zitternd da und fragte mich, was ich tun sollte. Eins nur wusste ich ganz genau: Jake durfte auf keinen Fall erfahren, was ich gerade gesehen hatte. Ich musste so tun, als wäre nichts geschehen. Hoffentlich reichten meine schauspielerischen Fähigkeiten dafür aus.
    Jake wartete in der Lobby des Ambrosias auf mich. Er trug ausnahmsweise keine Motorradjacke, sondern einen Frack mit silbernen Manschettenknöpfen – vermutlich versuchte er, romantisch zu wirken. Aber wir beide wussten genau, dass unser Arrangement trotz der aufwendigen Kleidung nichts mit Romantik zu tun hatte. Als ich zu Jakes Limousine geführt wurde, sahen mir Tuck und Hanna von der Drehtür aus verzweifelt nach. Dann rasten wir los, die Tunnel von Hades entlang. Ich winkte den beiden durch die Rückscheibe nach und versuchte, ihnen ein Stück von der Hoffnung zu schicken, die in mir gewachsen war.
    Schließlich hielten wir vor einer Höhle an. Ich stieg aus und sah mich um.
    «Hältst du das für einen romantischen Ort?», fragte ich zweifelnd. «Warum nicht gleich eine Besenkammer?»
    «Abwarten.» Jake lächelte geheimnisvoll. «Du hast ja noch gar nichts gesehen. Wollen wir?» Er reichte mir seinen Arm und führte mich durch die Dunkelheit. Ich blieb dicht an seiner Seite, als wir einen kurzen Tunnel durchschritten, der sich auf magische Weise zu einem großen steinernen Raum öffnete. Er war extra für dieses Ereignis eingerichtet worden. Für einen Moment war ich wie gelähmt von der fremdartigen Schönheit, von der ich umgeben war. Mit großen Augen fragte ich Jake: «Ist das dein Werk?»
    «Schuldig im Sinne der Anklage. Ich möchte, dass du diese Nacht niemals vergisst.»
    Ich sah mich erstaunt um. Auf dem Boden der unterirdischen Höhle floss milchiges Wasser, das bläulich schimmerte. Darauf schwammen Rosenblätter und Kerzen, welche die zerklüfteten Steinwände in ein sanftes flackerndes Licht tauchten und Schatten auf dem Wasser tanzen ließen. Mitten in der Luft hing ein Kronleuchter. Ganz am Ende der Höhle führten einige gebrochene Stufen ins Trockene zu einem großen Bett mit einer goldenen Satindecke und fransenbehängten Kissen. Die Steinmauern waren mit aufwendigen Wandteppichen und Bildern aus einer vergessenen Welt geschmückt. Überall, wo noch Platz war, hingen vergoldete Spiegel, die das dämmerige Licht einer atemberaubenden Glitzerpyramide einfingen. Aus unsichtbaren Lautsprechern strömte eine Opernarie. Jake hatte dieses nasskalte, dunkle Loch in eine traumhaft
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