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Haben Sie das von Georgia gehoert

Haben Sie das von Georgia gehoert

Titel: Haben Sie das von Georgia gehoert
Autoren: Mark Childress
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zu im Reader’s Digest blättern und etwas halbwegs Witziges oder Geistreiches heraussuchen würde, damit sie wach bliebe, statt sich auf das Rinnsal zu konzentrieren, das da durch die Täler ihrer seidenen Unterwäsche tröpfelte.
    Georgias Mutter hatte eine Redensart zum Thema Schwitzen in der Kirche gehabt. Schwitzen wie ein … Georgia blätterte
in ihrem geistigen Rolodex nach der Karte, aber sie war leer. In letzter Zeit fand sie öfter solche leere Karten. War das ein normales Zeichen dafür, dass man älter wurde? Oder anfing, älter zu werden? Sie war doch kaum alt genug, um sich darüber schon den Kopf zu zerbrechen. In ihrem natürlich blonden und schönen Haar fand sich keine Spur von Grau. Und vierunddreißig ist überhaupt nicht alt.
    Andererseits – es ist nicht so jung wie dreiunddreißig. Und ein ganzes Stück älter als neunundzwanzig – das letzte Jahr, an das sie sich erinnern konnte, in dem sie nicht dauernd an ihr Alter gedacht hatte.
    Sie hatte den Trend in dieser Abteilung bemerkt, und gut war er nicht. Die Zahlen schienen alle in dieselbe deprimierende Richtung zu weisen: nach oben. Sie konnte sich vorstellen, dass jemand davon besessen war.
    Georgia hatte sich noch nicht restlos eingestanden, dass das Älterwerden zu den Dingen gehörte, die ihr tatsächlich widerfahren könnten. Nur weil es anderen passierte, musste es nicht auch ihr passieren. Vielleicht war es etwas, das man verhindern konnte, wenn man es nur gründlich genug ignorierte.
    Das war eins der Geheimnisse, die sich mit Georgias Fröhlichkeit verbanden: Sie dachte an das, woran sie denken wollte, und blendete alles andere aus. Ein anderes war: Sie stellte die Ausnahme von der Regel dar. Eine Frau ohne Mann kann nicht glücklich sein, aber Georgia war es. Eine Frau allein kann keinen Spaß haben … aber Georgia hatte welchen, und zwar nicht zu knapp. Frauen müssen den Gedanken an das Älterwerden grässlich finden, aber Georgia wusste, sie würde prima zurechtkommen, wenn es erst einmal so weit wäre. Sie würde auf Make-up und Diäten pfeifen,
sich den ganzen Tag vor den Fernseher hocken und vergnügt M&Ms mit Erdnüssen essen. Verdammt, es sollte nur losgehen.
    Nur noch nicht jetzt. Sie war noch nicht ganz so weit. Da gab es immer noch ein bisschen Saft in der Zitrone.
    Sie hatte reichlich Zeit, dieses Thema aus ihrem Kopf zu vertreiben, während Eugene Hendrix einen Umweg um die Frage machte, welche Marken Paulus auf seinen Brief an die Epheser geklebt haben mochte.
    Es gab jede Menge Dinge, an die alle glaubten, nur Georgia nicht.
    Sie versäumte es niemals, am Sonntag in die Kirche zu gehen. Unter den Leuten mussten noch andere Zweifler sein, aber Georgia war ziemlich sicher, dass sie die Einzige war, die jeden Sonntag herkam, ohne ein einziges Wort zu glauben. Nicht an Gott, nicht an Jesus, nicht an die Bibel, nicht ein einziges Wort von diesem fantastischen Riesenmarshmallow, das alle andern in einem Stück geschluckt hatten. Was für ein Knaller! Gott spricht vom Himmel mit der Stimme John Hustons! Und nagelt seinen Sohn ans Kreuz, um dich zu retten!
    Ja, und ich habe hier eine Brücke, die dir vielleicht gefällt.
    Jeden Sonntagmorgen um fünf vor zehn segelte Georgia durch das Vestibül der First Baptist Church, in jeglicher Hinsicht wie eine wahre Gläubige. Wenn sie deshalb eine Heuchlerin war, dann war sie eben eine. Sie befand sich damit in guter Gesellschaft. Alle anderen taten auch so, als glaubten sie, aber sie wusste, dass die Leute in ihrem Alltagsleben auch nicht frömmer waren als sie.
    Mit Hallo und Umarmungen erreichte sie die vierte Bank und setzte sich zwischen die Gläubigen. Sie senkte den Kopf
und tat, als betete sie, und sie formte die Worte der Lieder mit dem Mund, falls irgendjemand sie beobachtete.
    In Six Points blieb einer Frau nichts anderes übrig, als in die Kirche zu gehen, zumal einer Frau in einem gewissen Alter, die noch unberührt von der Ehe war. Wer weiß, was sie sonst über dich reden würden? (Eine Kleinstadt sieht von außen ganz süß aus, aber nicht, wenn du da aufgewachsen bist, nicht, wenn alle über dich Bescheid wissen.) Georgias Familie hatte seit Generationen in dieser Bank gesessen, schon bevor ihre Großmutter Big Sue den Familiennamen von Butts in Bottoms hatte ändern lassen. Freilich, bei beiden Wörtern stellte sich zweifellos der Gedanke ans menschliche Hinterteil ein, aber Big Sue hatte gefunden, die zweite Variante klinge vornehmer.
    (Big Sue war
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