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Haben Sie das von Georgia gehoert

Haben Sie das von Georgia gehoert

Titel: Haben Sie das von Georgia gehoert
Autoren: Mark Childress
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hinter ihnen noch frei war. Sie schob Nathan hinein und setzte sich selbst auf den Gangplatz unmittelbar hinter Brenda, Eugene und den Töchtern. Während sie sich noch zurechtrückte, beugte sich die größte Tochter zu ihrer Mutter hinüber. »Dürfen wir jetzt rausgehen? Du hast es gesagt.«
    »Okay«, sagte Brenda Hendrix. »Aber nur du und Kaitlyn.« Die beiden Dicken standen auf und quetschten sich an den Knien ihrer Mutter vorbei in den Gang. Die beiden kleineren Mädchen fingen an zu quengeln und hörten nicht auf, bis ihre Mutter nachgab und sie ebenfalls hinausgehen ließ.
    Als Brenda sich umdrehte und den beiden nachschauen wollte, sah sie sich Georgia von Angesicht zu Angesicht gegenüber.
    Brenda erschrak. Dann lächelte sie, ein kleines Lächeln voller Genugtuung. Sie stieß ihrem Mann in die Seite, und Eugene drehte sich um.
    Als er Georgia erblickte, verzog er keine Miene – vielleicht, weil seine Frau ihn beobachtete, bereit, sofort zuzuschlagen.
    Eugene starrte Georgia an mit völlig ausdruckslosen Augen
an. Dann neigte er den Kopf zur Seite und flüsterte Brenda etwas zu.
    Es war ein abgekartetes Spiel. Die Familie Hendrix war heute in die Stadt gekommen, um sich in Georgias Bank zu setzen und ihr zu zeigen, wer gewonnen hatte. Sie waren ein Bestandteil der Lektion, die Brent Colgate ihr erteilen wollte.
    Georgia wurde ganz bang ums Herz. Das hasserfüllte Siegerlächeln in Brendas Gesicht sagte ihr alles. Es kam nicht darauf an, ob Georgia die Anweisungen in Brents Brief befolgte oder nicht. Er wollte sie auf jeden Fall demütigen.
    Brent und Brenda. Clevere Namen für Bruder und Schwester. Georgia konnte sich nicht erinnern, dass Eugene jemals einen Schwager erwähnt hatte, der ebenfalls Pastor war, aber vage hatte sie gewusst, dass Brenda aus einer Familie von Geistlichen kam. Wenn man Brent und Brenda sah, hätte man nie gedacht, dass sie verwandt sein könnten – die rosa Schweinchenfrau und der gut aussehende blonde Mann –, und da kam Reverend Wonderful auch schon herein, in einer schicken neuen Soutane mit weißen Rallyestreifen.
    Brent kam händeschüttelnd von hinten nach vorn und verteilte Umarmungen unter seinen Bewunderern entlang des Mittelgangs. »Guten Morgen!«, rief er. »Hallo, Betty! Oh, hallo, Cathy, wie geht’s denn? Lobet den Herrn!«
    Als er noch ein paar Reihen entfernt war, entdeckte er Georgia. Er lächelte und machte freundlich schmale Augen, ohne wirklich zu zwinkern.
    Er sah hinreißend aus. Wenn man ihn anschaute, konnte man sich kaum vorstellen, wie niederträchtig er war.
    Georgia drehte sich zu Nathan, der jetzt zusammengesunken
in der Bank hockte. Das Kinn ruhte fast auf seiner Brust, seine Augen waren offen, aber man hätte meinen können, er schlafe. Sie stieß ihn an.
    »Was ist?«, stöhnte er.
    »Bist du wach?«
    »Ist es immer so heiß hier drin?«
    Er gefiel ihr von Minute zu Minute besser. »Ja. Ist das zu fassen? Es gab mal einen Antrag, eine Klimaanlage einzubauen, aber sie haben dagegen gestimmt! Hast du schon mal so was Blödes gehört?«
    Sie achtete darauf, dass sie immer noch mit ihm sprach, als Reverend Colgate ihre Reihe erreichte, und sie verschaffte ihm nicht die Genugtuung, sich ihm zuzuwenden. Sie spürte seinen Blick auf ihrem Hinterkopf.
    »Hallo, Schwester«!, sagte er dröhnend und beugte sich in die Bank, um Brendas Hand mit beiden Händen zu schütteln. »Hallo, Bruder!« Er schlug Eugene auf die Schulter. »Wie schön, dass ihr uns besuchen konntet!«
    Er drehte sich zu Georgia um. »Ja, Miss Georgia!«, rief er, als habe er sie jetzt erst bemerkt. »Wie hübsch Sie heute aussehen!«
    Brenda kicherte laut.
    Georgia erwiderte seinen Blick, ohne mit der Wimper zu zucken. Sie sagte nichts. Sie lächelte nicht.
    Brent schaute als Erster weg. Er wandte sich ab und ging zur Kanzel. Georgia zweifelte nicht daran, dass er ihr Schweigen gehört hatte.
    Ich weiß nicht, ob ich das schaffe, dachte sie. Nicht diese Strapaze hier – da konnte sie die Zähne zusammenbeißen und es hinter sich bringen; die Kirche dauerte nur eine Stunde. Aber Woche um Monat um Jahr hier in dieser Bank sitzen
und jede Marter stumm erdulden, die Brent sich einfallen ließe …?
    »Hallo, meine Freunde, und guten Morgen«, begann er mit seiner erregenden sonoren Stimme. »Ist es nicht wundervoll, an diesem Morgen auf Gottes Erde zu leben? Lasset uns unsere Stimmen zu einem Loblied erheben!« Er winkte Ava Jean McCall an der Orgel zu. »Schlagt eure
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