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Haben Sie das von Georgia gehoert

Haben Sie das von Georgia gehoert

Titel: Haben Sie das von Georgia gehoert
Autoren: Mark Childress
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Wagen weg. Ich meine, er zermanscht ihn total, diesen kleinen Hyundai, oder was es war. Schmiert einen langen Streifen über den Straßenrand. Na ja, und während alle hingehen und sich das genau angucken, bin ich rauf zu Stuckey’s. Hab da ein Mädchen getroffen, und sie hat mich bis Montgomery
mitgenommen. Niedlich, die Kleine. Dann hab ich Sims Bailey angerufen, damit er mich abholt. Und hier bin ich!«
    »Halleluja«, sagte Georgia.
    »Du siehst gut aus, Georgia. Ist das Kaffee, was ich da rieche?«
    Brother war das Letzte, was Georgia jetzt gebrauchen konnte. Aber was sollte sie machen?
    »Setz dich hin«, sagte sie und goss ihm eine Tasse Kaffee ein. »Du machst mich nervös.«
    Er gehorchte und warf ein Auge auf den Herd. »Hast du vor, diese Biskuitbrötchen zu backen?«
    »Du kannst nicht einfach so ausbrechen, Brother.«
    »Na, was du nicht sagst. Glaubst du, das weiß ich nicht?«
    Sie fing an, mit Töpfen zu klappern. »Du hast gesagt, du hättest eine gute Chance auf Bewährung.«
    »Ich hab Stuss erzählt. Die wollten mich nie rauslassen.«
    Georgia öffnete den Backofen, und Hitze wehte ihr ins Gesicht. Sie schob das Backblech mit den Brötchen hinein und schlug die Tür wieder zu. Hatte Brother vielleicht erwartet, sie würde sich freuen, ihn zu sehen? Dachte er, er könnte aus dem Gefängnis spazieren und nach Hause kommen, und alles wäre in Ordnung?
    »Dein Timing ist miserabel«, bemerkte sie. »Wie immer.«
    »Sorry, Schwesterchen. Wenn sich eine solche Gelegenheit bietet … Wenn du gesehen hättest, wie dieser Wagen plattgewalzt wurde, würdest du nie wieder mit einem Kleinwagen fahren. Hast du zufällig ’ne Zigarette?«
    Georgia hatte eine Packung Marlboro in der Sieben-Schubladen-Kommode, aber das würde sie ihm nicht verraten. »Du kannst hier nicht bleiben, das weißt du. Was ist mit Mama und mir? Willst du, dass wir verhaftet werden?«

    »Ja, klar«, sagte er. »Weil ich auf ’ne Tasse Kaffee vorbeigekommen bin.«
    »Möglich wär’s«, sagte Georgia. »Das könnte als Beihilfe gelten. Begünstigung.«
    So zankten sie eine Weile. Seit ihrer Kindheit war dies ihre bevorzugte Kommunikationsmethode. Brother erklärte, er wolle nur einen oder zwei Tage bleiben. Duschen, schlafen, essen. Dann abhauen und sich ein ruhiges Plätzchen suchen, bis Gras über die Sache gewachsen sei. Georgia wollte wissen, wo dieses Plätzchen sein solle. Er wusste es nicht genau; er habe ja nicht vorgehabt zu fliehen, und deshalb müsse er sich von Tag zu Tag überlegen, wie es weitergehen solle. Aber wahrscheinlich werde er in den Westen gehen.
    Die Dielentür schwang auf. Georgia sah überrascht, dass Nathan nicht nur auf und angezogen war, sondern sich regelrecht in Schale geworfen hatte: ein weißes Oberhemd, eine sauber gebundene gestreifte Krawatte, eine marineblaue, saloppe Hose und glänzende Sonntagsschuhe wie für die Kirche. Alles aus einem Rucksack? Georgia hatte angenommen, er habe nur Baseballklamotten dabei.
    Sie hatte Eugenia Jordan unterschätzt. Ein junger Mann, der sich unaufgefordert für den Kirchgang feinmachte, war sehr gut erzogen.
    Nathan und Brother musterten einander wie Spezies zweier verschiedener Arten. »Wer, zum Teufel, bist du?«, fragte Brother.
    »Das ist Nathan.« Georgia nahm den Speck aus dem Kühlschrank. »Nathan, sag meinem Bruder, dem entflohenen Strafgefangenen, guten Tag.«
    Brother streckte die Hand aus. Nathan schüttelte sie förmlich.

    »Wer, zum Teufel, ist das?«, fragte Brother.
    »Er ist mein Sohn.« So. Jetzt hatte sie es zweimal gesagt. Beim zweiten Mal war es ein bisschen leichter gewesen.
    Brother lachte. »Kein Scheiß? Du hast einen Sohn, und der ist schwarz? Das ist nicht bloß komisch, das ist zum Piepen. Was hat Mama dazu gesagt?«
    »Ich glaube, es ist noch nicht richtig bei ihr angekommen.«
    »Wann um alles in der Welt hast du denn ein Kind gekriegt?«
    »Im Sommer nach dem Examen.« Georgia verteilte den Speck in der Pfanne. »Weißt du noch, wie ich zu der Cousine nach North Carolina gefahren bin?«
    »Nein«, entgegnete Brother.
    Sie schüttelte den Kopf. »Du hast nie was mitgekriegt.«
    Brother drehte sich um und streckte die Hand aus, und sein Grinsen reichte von einem Ohr zum anderen. »Lass mich deine Hand noch mal schütteln, Nathan. Willkommen in der Familie. Gott steh dir bei.«
     
    Nathan mochte Brother sofort, das sah Georgia. Ein guter Grund mehr, den Jungen nicht zu Hause zu lassen, wenn sie in die Kirche ging. Brother hatte
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