Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Haben Sie das von Georgia gehoert

Haben Sie das von Georgia gehoert

Titel: Haben Sie das von Georgia gehoert
Autoren: Mark Childress
Vom Netzwerk:
aber der Sheriff flüsterte ihr etwas zu, und sie wurde plötzlich mäuschenstill. Der arme Ted Horn – er hatte niemandem etwas zuleide getan, aber als Brent behauptet hatte, der Teufel walte in Georgia, war er genauso stumm sitzen geblieben wie alle anderen.
    Solange sie ihr Geheimnis in Sicherheit wussten, war ihnen alles recht. Was aus Georgia wurde, kümmerte sie nicht.
    Ihr Leben lang hatte sie diesen Garten der Geheimnisse gehegt, sie bewacht und gepflegt wie dunkle Blumen, die nur nachts erblühen. Welche Macht sie dabei empfand, als sie sie jetzt mitsamt den Wurzeln ausriss!
    »Und auf jeden, den ich genannt habe, kommen noch zwei in dieser Kirche, die mich um ein Date gebeten haben und die abgewiesen wurden«, fuhr Georgia fort. »Und falls ihr euch gefragt habt: Der Junge, den ich heute mit in die Kirche gebracht habe, ist mein Sohn. Er heißt Nathan, und er ist zwanzig Jahre alt. Jawohl, er ist schwarz. Genau wie sein Daddy. Jetzt wisst ihr alles. Alles über mich«, sagte sie. »Mehr gibt es nicht von mir. Aber es könnte euch vielleicht interessieren zu hören, dass ich nicht die einzige Frau in Six Points bin, die ihren Spaß hat. Ach, und Brent …? Vielleicht möchtest du mit deiner Frau reden. Was meinst du, Daphne, möchtest du es ihm erzählen? Oder soll ich es tun?«
    Die elegante Mrs. Colgate neigte den Kopf mit dem abgeschrägten Haarschnitt. »Bring sie zum Schweigen, Brent! Die Frau ist völlig verrückt geworden.«
    »Nicht völlig«, sagte Georgia. »Zumindest bin ich nicht dumm genug, mein Auto den ganzen Nachmittag vor dem
No-Tell-Motel neben Jimmy Hodges’ rotem Pick-up zu parken und dann zu glauben, dass nicht die ganze Stadt es erfährt.«
    Das rief ein zustimmendes Gemurmel hervor, als hätten alle schon davon gehört.
    »Das ist doch lächerlich!«, rief Daphne. »Das war ich nicht. Ich kann doch gar nicht … Auto fahren …« Bei den letzten Worten drehte Daphne sich zu ihrem Mann um.
    Brent schaute weg. Georgia folgte seinem Blick: Schuldbewusst sah er Jimmy Hodges an, der ein Stück weiter hinten auf der linken Seite saß. Jimmy war so rot wie sein Truck.
    Im selben Moment wusste Georgia, dass sie sich gründlich geirrt hatte. Nicht Daphne war mit Jimmy Hodges im No-Tell gewesen.
    »Sorry, Brent«, sagte sie. »Das wusste ich nun wirklich nicht.«
    Brenda sprang von ihrer Bank auf. »Du hältst die Klappe!«
    Eugene griff nach ihr und zog sie wieder herunter. »Es ist genug, Georgia«, sagte er in bitterem Ton.
    »Ach, Eugene. Jetzt hast du genug? Hier sitzt er, Leute – der Kerl, der das alles angefangen hat. Ihr müsst wissen, Brent und Brenda sind hier, um mir heimzuzahlen, dass ich eine Affäre mit Eugene hatte, als er hier Pastor war.« Sie ließ den Blick über die Gemeinde wandern. Größer als jetzt konnte der Schock nicht mehr werden. Am Ende schaute sie Brent Colgate direkt in seine wunderschönen Augen. »So. Was willst du sonst noch hören? Gibt es noch andere Sünden, die ich bekennen soll? Denn ich sage ja, ich bin eine Sünderin. Verdammt, ja. Und das werde ich auch bleiben, bis ich sterbe. Aber ich sage dir auch, was ich nicht bin. Ich bin keine Heuchlerin.«
    Sie machte auf dem Absatz kehrt und marschierte hinaus.

22
    Sie fuhren von Six Points in südwestlicher Richtung und kamen durch eine Gegend mit hohen Kiefern und weiten Wiesen, ein Pferdeland ohne Pferde. Hier und da weideten ein paar Kühe oder stand eine einsame Scheune. Das spärlich bevölkerte westliche Alabama ging ins östliche Mississippi über, in dem es noch weniger Menschen gab. Georgia hatte eine Strecke gewählt, die alle größeren Städte umging und Straßen mied, die mehr als zwei Spuren aufwiesen. Sie hatte keine Lust auf eine Begegnung mit Gesetzeshütern, die sich vielleicht für den entlaufenen Häftling interessierten, der ihr da seine Knie ins Kreuz bohrte.
    Den ganzen Tag waren sie über die Landstraßen gebrummt; sie hatten an heruntergekommenen Läden gehalten, um Coke und Erdnüsse zu kaufen, eine Pinkelpause für Mama eingelegt, Fritos und Zigaretten für Brother besorgt und einen Frischluftaufenthalt für Nathan eingeschoben, als ihm von Brothers Qualmerei flau geworden war.
    Sie überquerten einen sandigen, seichten Fluss namens Chickasawhay – Brother machte sich immer lustig über indianische Namen – und kamen in eine kleine Stadt. »Okay, jetzt sind wir in Leakesville«, verkündete Brother, »was ja nur ein anderes Wort für Pinkelhausen ist. Also müssen jetzt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher