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Haben oder Nichthaben

Haben oder Nichthaben

Titel: Haben oder Nichthaben
Autoren: Ernest Hemingway
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ins Cockpit gelegt haben, damit sie nicht über Bord rollten, und wir haben den großen Bullen da, den Harry, an Bord getragen und ihn in meine Kajüte gelegt. Ich dachte, er würde abkratzen, bevor wir landen. Er ist in einem furchtbaren Zustand.»
    «Ist er die ganze Zeit über bewußtlos gewesen?»
    «Zuerst hat er phantasiert», sagte der Bootsmann. «Aber wir konnten nicht verstehen, was er gesagt hat. Wir haben eine ganze Weile zugehört, aber es ergab keinen Sinn. Dann wurde er bewußtlos. Das wäre die Lage. Genau wie es war, nur daß der da auf der Seite, der wie ein Neger aussieht, jetzt da liegt, wo Harry gelegen hat. Der war auf der Bank über dem Steuerbord tank und hing über die Süll, und der andere, der dunkle, neben ihm war auf der anderen Bank backbord zusammengekrümmt, mit dem Gesicht nach unten. Achtung, kein Zündholz anstreichen! Es ist alles voll Benzin.»
    «Da muß doch noch eine Leiche sein», sagte der Sheriff.
    «Das ist alles, was wir gefunden haben. Das Geld ist in den beiden Taschen. Die Gewehre sind genau da, wo sie waren.»
    «Es ist besser, wir haben jemanden von der Bank dabei, wenn wir die Geldtaschen öffnen», sagte der Sheriff.
    «Okay», sagte der Bootsmann. «Das ist eine gute Idee.»
    «Wir können die Taschen in mein Büro tragen und dort versiegeln.»
    «Das ist eine gute Idee», sagte der Bootsmann.
    Im Scheinwerferlicht sah das Grün und Weiß der Barkasse frisch und blank aus. Das kam vom Tau, der auf dem Deck und oben auf dem Kajütaufbau lag. Die aufgesplitterten Stellen sah man frisch durch die weiße Farbe hindurch. Achteraus war das Wasser im Scheinwerferlicht von einem klaren Grün, und man sah kleine Fische um das Pfahlwerk herum.
    Im Cockpit glitzerten die aufgedunsenen Gesichter der toten Männer im Scheinwerferlicht, wie braun lackiert, wo das Blut getrocknet war. Um die Toten herum lagen leere 0,45-kalibrige Patronen im Cockpit, und das Thompsongewehr lag im Heck, wo Harry es hingelegt hatte. Die beiden ledernen Taschen, in denen die Männer das Geld an Bord gebracht hatten, lehnten gegen den einen von den Benzintanks.
    «Ich dachte, vielleicht sollte ich das Geld an Bord nehmen, während wir sie im Schlepp hatten», sagte der Bootsmann, «dann dachte ich aber, es wäre besser, es genauso zu lassen, wie es war, solange das Wetter gut war.»
    «Es war ganz richtig, es dort zu lassen», sagte der Sheriff. «Was ist denn aus dem anderen, dem Fischer Albert Tracy, geworden?»
    «Ich weiß nicht. Alles ist genauso, wie es war, bis auf die Verlagerung der beiden», sagte der Bootsmann. «Sie sind alle völlig zusammengeschossen, bis auf den da unterm Rad, der auf dem Rücken liegt. Der ist einfach glatt durch den Hinterkopf getroffen. Es ist vorn rausgegangen. Man kann sehen, was passiert ist.»
    «Das ist der, der wie ein Junge aussah», sagte der Sheriff.
    «Jetzt sieht er wie gar nichts aus», sagte der Bootsmann.
    «Der Große da, das ist der, der die Maschinenpistole hatte und der den Anwalt Robert Simmons getötet hat», sagte der Sheriff. «Was denken Sie denn, was passiert ist? Verflucht noch mal, wie sind sie nur alle umgekommen?»
    «Die müssen Krach untereinander gehabt haben», sagte der Bootsmann. «Die haben sich wahrscheinlich darüber in die Haare gekriegt, wie sie das Geld verteilen sollten.»
    «Wir wollen sie bis zum Morgen zudecken», sagte der Sheriff. «Ich werde die beiden Taschen nehmen.»
    Dann, während sie noch im Cockpit standen, kam eine Frau hinter dem Küstenschutzkutter die Pier heraufgerannt, und hinter ihr her kam die Menge. Die Frau war hager, in mittleren Jahren und barhaupt, und ihr strähniges Haar war aufgegangen und hing ihr im Nacken, obschon die Enden noch verknotet waren. Als sie die Leichen im Cockpit sah, fing sie an zu kreischen. Sie stand kreischend auf dem Landungssteg, den Kopf nach hinten geworfen, während zwei andere Frauen sie an den Armen festhielten. Die Menge, die dicht hinter ihr war, drängte sich um sie, drängelte sich heran und sah in die Barkasse hinunter.
    «Verflucht noch mal!» sagte der Sheriff. «Wer hat das Tor aufgelassen? Holt irgendwas, womit man die Leichen zudecken kann.
    Decken, Laken, irgendwas, und dann müssen wir die Leute hier rauskriegen.»
    Die Frau hörte auf zu kreischen und blickte hinunter in die Barkasse, dann legte sie den Kopf wieder hintenüber und begann von neuem zu kreischen.
    «Wo haben sie ihn denn?» sagte eine der Frauen neben ihr. «Wo haben Sie Albert
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