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Haben oder Nichthaben

Haben oder Nichthaben

Titel: Haben oder Nichthaben
Autoren: Ernest Hemingway
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Holzhäusern, den leeren Höfen und den kahlen Trompetenbäumen, wo niemand etwas kaufen wollte, entlang, der zu den Aurora-Elgin-Gleisen hinabführte.
    Manche zogen den langen Fall vom Wohnungs-oder Bürofenster vor; manche machten es in einer kleinen Garage ohne Lärm mit dem laufenden Motor; manche bedienten sich nach einheimischer Tradition der Colts oder der Smith & Wesson, jenen wohlkonstruierten Geräten, die Schlaflosigkeit und Reue enden, die Krebs heilen, Bankrott vermeiden und durch den Druck eines Fingers einen Ausweg aus allen unhaltbaren Lagen sprengen, jene bewundernswerten amerikanischen Instrumente, die man so bequem bei sich tragen kann, die so sicher in der Wirkung sind, so gut geeignet, um den amerikanischen Traum zu beenden, wenn er zum Alpdruck wird; der einzige Nachteil ist die Bescherung, die sie hinterlassen, die die Verwandten nachher beseitigen müssen.
    Die Männer, die er ruinierte, gingen alle auf diese verschiedenen Arten ab, aber darüber machte er sich keine Sorgen. Irgendwer mußte verlieren, und nur Trottel machten sich hierüber Gedanken.
    Nein, er brauchte weder an diese zu denken noch an die Nebenprodukte erfolgreicher Spekulanten. Du gewinnst-ein anderer muß verlieren, und nur ein Trottel macht sich darüber Gedanken.
    Es genügte ihm, wenn er daran dachte, wieviel besser es gewesen wäre, wenn er vor fünf Jahren nicht ganz so gerissen gewesen wäre, denn in seinem Alter wird der Wunsch, das zu ändern, was nicht mehr geändert werden kann, in kurzem die Öffnung weiten, die die Sorge einläßt. Nur Trottel machen sich Gedanken. Aber er kann die Sorgen unterkriegen, wenn er einen Whiskey-Soda trinkt. Zum Teufel mit dem, was der Arzt gesagt hat! Also klingelt er nach einem, und der Steward kommt schlaftrunken herein, und während er ihn trinkt, ist der Spekulant kein Trottel mehr – außer für den Tod.
    Während auf der Yacht nebenan eine nette, respektable Familie schläft. Der Vater hat ein gutes Gewissen, und er schläft tief und fest auf der Seite – ein Klipper, der vor dem Wind herläuft, hängt gerahmt über seinem Kopf; die Leselampe ist an; ein Buch ist neben dem Bett zu Boden gefallen. Die Mutter schläft gut und träumt von ihrem Garten. Sie ist fünfzig, aber sie ist eine hübsche, gesunde, gut gepflegte Frau, die im Schlaf anziehend aussieht. Die Tochter träumt von ihrem Verlobten, der morgen mit dem Flugzeug ankommt, und sie bewegt sich im Schlaf und lacht über etwas in ihrem Traum und hebt, ohne aufzuwachen, die Knie beinah bis ans Kinn und liegt da wie eine Katze zusammengerollt und sieht mit ihrem blonden, lockigen Haar und ihrem glatthäutigen, hübschen Gesicht im Schlaf wie ihre Mutter aus, als diese ein junges Mädchen war.
    Es ist eine glückliche Familie, und sie lieben sich gegenseitig. Der Vater ist ein Mann voller Bürgerstolz und guter Werke, der gegen die Prohibition war; er ist nicht bigott, sondern großzügig, voller Verständnis und sehr selten schlechter Laune. Die Mannschaft der Yacht ist gut bezahlt, gut beköstigt und hat gute Quartiere. Alle halten viel von dem Eigner und mögen seine Frau und seine Tochter. Der Verlobte gehört der ‹Totenkopf-Studenten-Organisation› an; er ist höchstwahrscheinlich dazu ausersehen, Erfolg zu haben und populär zu sein; er denkt noch mehr an andere als an sich selbst und wäre für jede, außer für ein so schönes Mädchen wie Frances, viel zu gut. Er ist selbst für Frances vielleicht ein wenig zu gut, aber es wird Jahre dauern, bevor sich Frances darüber klar sein wird, und mit ein wenig Glück wird es ihr vielleicht niemals klar werden. Der Typ von Mann, der für die ‹Totenkopf-S.-O.› hervorragend ist, ist selten auch im Bett hervorragend; aber bei einem wunderbaren Mädchen wie Frances zählt die Absicht für die Tat.
    Auf jeden Fall schlafen sie alle tief und fest, und wo kommt das Geld her, durch das sie alle so glücklich sind und das sie so gut und geschmackvoll auszugeben verstehen? Das Geld kam von dem Verkauf von etwas, von dem jeder Millionen Flaschen benutzt, dessen Herstellung pro Liter anderthalb Cent kostet, und für das im Verkauf ein Dollar für die größte (Liter-) Flasche, 50 Cents für die mittlere und ein Viertel Dollar für die kleinste Größe bezahlt wird. Aber es ist wirtschaftlicher, die große zu kaufen, und wenn man 10 Dollar die Woche verdient, kostet sie genau so viel, wie wenn man ein Millionär ist, und das Produkt ist wirklich gut. Es tut genau das, was es zu
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