Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Haarmanns Kopf

Haarmanns Kopf

Titel: Haarmanns Kopf
Autoren: Roy Ebstein
Vom Netzwerk:
meisten Kopfzerbrechen bereitet“, sagte Yannik. Er hatte ein weiteres Foto ausgedruckt und platzierte es in der Mitte der Pinnwand.
    „Was ist das?“, fragte Martin erstaunt.
    „Das ist das einzige Foto, das von Haarmanns Kopf existiert. Das wurde Mitte der 60er Jahre von einem Göttinger Fotografen namens Fritz Paul aufgenommen“, erklärte Yannik.
    Das Foto zeigte den Kopf des Serienmörders Fritz Haarmann in einem durchsichtigen Behälter.
    „Das ist genau das, was uns Dr. Ebeling im Keller der Rechtsmedizin zeigen wollte“, fuhr Yannik fort. „Wer zum Teufel hat ein Interesse an dem Kopf eines Serienmörders?“
    Martin trat näher an die Pinnwand heran. Er betrachtete zunächst das Foto Haarmanns. Dann fiel sein Blick auf die Bilder vom Tatort und zuletzt auf den Bildausschnitt mit der Vergrößerung des Bisses.
    „Dr. Ebeling sprach davon, dass Haarmann den Großteil seiner Opfer mit einem Biss in die Kehle umbrachte“, räsonierte Martin. „Es kann unmöglich ein Zufall sein, dass Langner ebenfalls auf diese Weise getötet wurde.“
    „Du willst sagen, dass der Mord und das Verschwinden des Kopfes in direktem Zusammenhang stehen?“
    „Ja, das muss so sein. Und wenn wir das voraussetzen, haben wir eine vollkommen andere Ausgangssituation. Es kann sein, dass der Mörder den Pförtner dazu gezwungen hat, ihm Zugang zu dem Kellerraum zu verschaffen, und ihn dann umbrachte. Danach floh er mit dem Behälter.“
    „Eine interessante These. Das würde bedeuten, dass Langner nur deshalb umgebracht wurde, weil er den Dienst eines Kollegen übernommen hatte.“
    „Und der Täter den Schlüssel zum Lagerraum im Keller benötigte“, ergänzte Martin.
    „Was wiederum bedeutet, dass der Mörder wusste, wo sich Haarmanns Kopf befindet. Oder glaubst du, der Pförtner hätte Kenntnis davon gehabt?“
    „Ausgeschlossen ist das nicht. Schließlich kann man sogar in Büchern und im Internet nachlesen, dass sich der Kopf in der Rechtsmedizin Göttingen befindet. Beziehungsweise befand. Bis gestern.“ Martin überlegte einen Moment, bevor er fortfuhr. „Wir haben doch den Namen des Kollegen von Langner. Den solltest du auf jeden Fall gleich überprüfen. Erst dann, wenn wir wirklich ausschließen können, dass er das eigentliche Opfer sein sollte, sollten wir der anderen Spur folgen.“
    „Spur? Du meinst wohl eher deiner Theorie ?“ Yannik grinste. „Also gut, wenn wir deiner Theorie folgen, suchen wir demnach jemanden, der – aus welchen Gründen auch immer – unbedingt in den Besitz von Haarmanns Kopf kommen wollte, und dieser Jemand war sogar bereit, dafür einen Mord zu begehen. Und damit nicht genug. Er bringt sein Opfer auf genau dieselbe bestialische Weise um, wie Haarmann seinerzeit seine Opfer“, rekapitulierte Yannik.
    „Ja, ich weiß, das hört sich ziemlich abgedreht an. Auf der anderen Seite weißt du genauso gut wie ich, wie viele Psychopathen da draußen unterwegs sind. Und, wie wir eben festgestellt haben, war es kein Geheimnis, wo sich Haarmanns Kopf befand.“
    „Wenn du mit der Geschichte vor die Presse gehst, wird Thimm vermutlich durchdrehen“, sagte Yannik.
    „Welche Geschichte ich der Presse erzähle, steht auf einem ganz anderen Blatt. Ich schlage vor, dass du dir jetzt den Kollegen Langners vornimmst. Ich werde hier weitermachen und parallel inhaltlich die Pressekonferenz vorbereiten. Außerdem will mich der Alte um 16:00 Uhr sehen. Also, viel Spaß.“

 
    *

 
    Am nächsten Morgen traf Martin bereits um 7:30 Uhr im Büro ein. Er hatte schlecht geschlafen, sein Weisheitszahn hatte ihm zu schaffen gemacht. Langsam hatte die Wirkung der Schmerztablette nachgelassen, die er nachts geschluckt hatte. Ein starker Kaffee und eine weitere Tablette sollten ihm zumindest für die Stunden bis zur Pressekonferenz Linderung verschaffen. Ihm blieben noch zweieinhalb Stunden, dann sollte er vor die hungrige Meute der Journalisten treten.
    „Guten Morgen, Martin“, sagte Yannik, als er das Büro betrat.
    „Hallo Martin. Was hat gestern dein Besuch ergeben?“
    „Ein ähnliches Bild wie bei Langner. Der Mann heißt Dieter Matuszewski und kannte Langner sehr gut. Die beiden haben ungefähr zu selben Zeit bei Ostermann angefangen und auch phasenweise zusammengearbeitet. Der gute Mann war sichtlich geschockt, als er vom Tod seines Kollegen erfuhr. Er wusste nicht, ob er weinen oder lachen sollte. Ist ja auch verständlich. Schließlich würde er jetzt auf dem Seziertisch liegen, wenn er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher