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Gute Nacht: Thriller (German Edition)

Gute Nacht: Thriller (German Edition)

Titel: Gute Nacht: Thriller (German Edition)
Autoren: John Verdon
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Lächelnd legte sie den Spaten weg und ging um die Hausecke zur Seitentür, um vor dem Betreten der Küche im Vorraum die Stiefel auszuziehen.
    Tief einatmend starrte er auf den Traktor und dachte ungefähr zum zwanzigsten Mal über das Rätsel der klemmenden Bremse nach. Wie in boshafter Harmonie schob sich langsam eine dunkle Wolke vor die Sonne. Der Frühling hatte sich anscheinend schon wieder verabschiedet.

2
    Ein Riesengefallen für Connie Clarke
    Das Anwesen der Gurneys lag an einem Höhenzug am Ende einer Landstraße außerhalb der Catskill-Ortschaft Walnut Crossing. Das alte Bauernhaus stand oberhalb der sanften Südhangseite. Eine verwilderte Wiese trennte es von einer großen roten Scheune und einem tiefen, von Rohrkolben umgebenen Weiher, hinter dem sich ein Wald aus Buchen, Ahornbäumen und Traubenkirschen hinzog. Nach Norden erstreckte sich eine zweite Wiese an der aufsteigenden Kammlinie entlang bis zu einem Kiefernwald und einer Reihe kleiner, verlassener Bluestone-Steinbrüche, die über das Nachbartal blickten.
    Das Wetter hatte eine dramatische Kehrtwende gemacht, die in den Catskill-Bergen weitaus häufiger war als in New York, wo Dave und Madeleine herkamen. Wie eine amorphe schiefergraue Decke hing der Himmel über den Hügeln. Die Temperatur schien in nur zehn Minuten um ebenso viele Grad gesunken zu sein.
    Sprühfeiner Schneeregen setzte ein. Gurney schloss die Terrassentür. Als er fest daran zog, um den Riegel vorzulegen, spürte er in der rechten Magenseite ein starkes Stechen. Kurz darauf folgte das nächste. Das war nichts Neues für ihn, und er wusste, dass er den Schmerz mit drei Ibuprofen bändigen konnte. Auf dem Weg zum Medizinschränkchen im Bad sann er darüber nach, dass das Schlimmste an der ganzen Sache nicht die körperlichen Beschwerden waren, sondern das Gefühl von Verletzlichkeit – die Erkenntnis, dass er nur durch großes Glück mit dem Leben davongekommen war.
    Glück war eine Vorstellung, von der er nicht viel hielt. Etwas für Dummköpfe ohne Hirn. Blinder Zufall hatte ihm das Leben gerettet, aber der Zufall war kein verlässlicher Verbündeter. Er kannte jüngere Männer, die an Glück glaubten und so blind darauf vertrauten, als hätten sie es gepachtet. Doch mit seinen achtundvierzig Jahren wusste Gurney ganz genau, dass Glück nur Glück ist und dass die unsichtbare Hand, die die Münze wirft, so kalt ist wie die einer Leiche.
    Der Schmerz in seinem Bauch erinnerte ihn auch daran, dass er den bevorstehenden Termin bei seinem Neurologen in Binghamton absagen wollte. In den letzten vier Monaten hatte er den Mann viermal aufgesucht, und das Ganze kam ihm zunehmend sinnlos vor – außer der Sinn bestand darin, Rechnungen an Gurneys Versicherung zu schicken.
    Die Telefonnummer bewahrte er zusammen mit seinen medizinischen Unterlagen in seinem Schreibtisch auf. Statt sich Ibuprofen aus dem Bad zu holen, ging er ins Arbeitszimmer, um den Anruf zu erledigen. Während er die Nummer eintippte, malte er sich den Arzt aus: einen viel beschäftigten Mann Ende dreißig mit schwarzem, bereits zurückweichendem Haar, kleinen Augen, mädchenhaftem Mund, schwachem Kinn, glatten Händen, manikürten Fingernägeln, teuren Slippern, abweisendem Gebaren und ohne erkennbares Interesse für Gurneys Gedanken oder Gefühle. Die drei Frauen in seinem durchgestylten Empfangsbereich wirkten chronisch verwirrt und irritiert: durch den Doktor, die Patienten und die Daten auf ihren Computerbildschirmen.
    Nach dem vierten Klingelton meldete sich eine Stimme mit an Verachtung grenzender Ungeduld. »Praxis Dr. Huffbarger.«
    »Hier spricht David Gurney. Ich habe demnächst einen Termin bei Ihnen, den ich …«
    In scharfem Ton wurde er unterbrochen. »Bleiben Sie bitte dran.«
    Im Hintergrund hörte er eine resolute Männerstimme, und einen Moment lang dachte er, es handle sich um einen verärgerten Patienten, der sich lang und breit beschwerte. Doch dann stellte eine andere Stimme eine Frage, und eine dritte ging im gleichen Ton hastig vorgetragener Entrüstung dazwischen. Es war der Nachrichtensender, der das Sitzen in Huffbargers Wartezimmer zur Qual machte.
    »Hallo?« Gurney machte keinen Hehl aus seiner Gereiztheit. »Ist da jemand? Hallo? «
    »Nur eine Minute, bitte.«
    Die Stimmen, die er so aggressiv hohlköpfig fand, plapperten weiter, und er war kurz davor aufzulegen.
    Da meldete sich die Arzthelferin. »Praxis Dr. Huffbarger. Was kann ich für Sie tun?«
    »Hier ist David Gurney. Ich
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