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Gute Nacht, Peggy Sue

Gute Nacht, Peggy Sue

Titel: Gute Nacht, Peggy Sue
Autoren: Tess Gerritsen
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verschnitten.«
    »Vielleicht.«
    »Warten Sie, bis die Ergebnisse aus dem staatlichen Labor da sind. Es dauert ja bloß eine Woche.«
    »Und in der Zwischenzeit?«
    »Sie haben nur zwei Opfer.«
    Sie beugte sich über seinen Schreibtisch. »Davis, ich kann auf weitere Opfer verzichten. Aber ich fürchte, wir kriegen bald mehr. Nachdem die zweite Leiche reingekommen war, hab ich mehrere Krankenhäuser angerufen und erfahren, daß im Hancock General gestern drei Personen mit einer Überdosis eingeliefert wurden. Zweimal war es offenbar ein Selbstmordversuch. Aber der dritte war ein junger Mann, den seine Eltern gebracht haben. Er hatte in der Notaufnahme einen Herzstillstand. Sie konnten ihn wiederbeleben. Er liegt jetzt auf der Intensivstation. Bewußtlos und in kritischem Zustand.«
    »Im Hancock General geht’s in der Notaufnahme immer rund. Man kann sicher sein, daß Leute mit einer Überdosis dort landen.«
    »Das Krankenhauslabor hat das Blut des jungen Mannes gaschromatographisch untersucht. Sie haben denselben biphasischen Gipfel bei der Drogenanalyse rausgekriegt. Nicht ganz Opiat, nicht ganz Kokain.«
    Wheelock sagte nichts. Er saß nur stumm da und starrte sie stirnrunzelnd an.
    »Davis«, sagte sie. »Was wir hier erleben, ist der Beginn einer Epidemie.«

3
    W heelock schüttelte den Kopf. »Ist noch zu früh, um Alarm zu schlagen«, meinte er. »Zu früh, um damit an die Presse zu gehen. Sie haben nur drei Opfer …«
    »Raten Sie mal, wo der junge Mann lebt? South Lexington. Fünf Blocks von der Stelle entfernt, wo die beiden Frauen gefunden wurden. Ich sage Ihnen, da ist ein neuer Stoff im Umlauf. Was teuflisch Neues, das Junkies killt. Und das Ursprungsgebiet scheint South Lexington zu sein. Wissen Sie, was Sie tun sollten, Davis? Rufen Sie den Bürgermeister an. Berufen Sie eine gemeinsame Pressekonferenz ein. Verbreiten Sie die Nachricht, bevor sich noch mehr Unbekannte drunten in meinem Keller in den Kühlfächern stapeln.«
    »Ich weiß nicht recht.«
    »Was wissen Sie nicht recht?«
    »Könnte sich auch um eine bestimmte Menge des tödlichen Stoffs gehandelt haben. Jetzt ist vielleicht schon Schluß.«
    »Oder es wartet eine ganze Tonne von dem Zeug irgendwo im Lager eines Dealers.«
    Wheelock lehnte sich heftig zurück und fuhr sich mit der Hand durch sein graues Haar. »Also gut. Ich rede mit dem Bürgermeister. Ist ein verdammt schlechter Zeitpunkt für solche Geschichten. Die Zweihundertjahrfeier steht vor der Tür, und er startet diese Woche seinen Wahlkampf …«
    »Davis! Menschen sterben!«
    »Schon gut. Schon gut. Ich rufe ihn heute nachmittag an.«
    Zufrieden damit, ihren Standpunkt deutlich gemacht zu haben, machte sich M. J. auf den Weg zurück in den Keller. Im Korridor flackerten zwei der Neonröhren der Deckenbeleuchtung wie Röhrenblitze. Alles schien dem Verfall, dem Untergang geweiht. Das Gebäude, die ganze Stadt.
    Und trotzdem begehen sie die Zweihundertjahrfeier!
Was, bitte schön, feiern wir eigentlich, Herr Bürgermeister? Unser zweihundertjähriges Verfallsdatum?
    Wieder in ihrem Büro erwog M. J., den letzten Rest Kaffee zu trinken. Nein, entschied sie schließlich, so verzweifelt war sie noch nicht. Zwei Akten lagen auf ihrem Schreibtisch; Akten, die sie nicht abschließen konnte, vielleicht nie würde abschließen können. Die eine war »Leiche – Weiblich-Unbekannt«, die andere eine gewisse Xenia Vargas, die zweite Tote aus der Umgebung der South Lexington. Zumindest bei ihr hatte man Ausweispapiere gefunden. Wobei noch nicht feststand, ob Vargas ihr richtiger Name gewesen war. Außerdem hatte man noch keinerlei Verwandte aufgetrieben.
    Zwei tote Frauen. Und niemand, der ihr sagen konnte, wie … oder warum … sie gestorben waren.
    Ganz in der Ecke ihres Schreibtischs lag ein Notizblock, auf den sie den Namen »Dr. Michael Dietz« geschrieben hatte. Er war der Unfallarzt, mit dem sie einige Stunden zuvor gesprochen hatte. Derjenige, der das männliche Drogenopfer in der Hancock-General-Klinik aufgenommen hatte.
    Es war fünf Uhr. Sie hörte das Personal der Abendschicht im Obduktionssaal lachen. Sie genossen die kurze Ruhe vor dem Sturm, bevor mit Hereinbrechen der Nacht der übliche Tanz wieder losging.
    M. J. zog ihre Straßenkleidung an, schlüpfte in den Mantel und verließ das Gerichtsmedizinische Institut.
    Sie fuhr nicht nach Hause. Statt dessen lenkte sie ihren Subaru zur South Lexington und zum Hancock General Hospital.
    Es thronte wie eine Festung mitten
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