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Gute liegt so nah...

Gute liegt so nah...

Titel: Gute liegt so nah...
Autoren: K Higgins
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ohne Meerblick). Aber ich konnte das Rauschen der Brandung des mächtigen Atlantiks hören und nachts den Lichtstrahl des Leuchtturms Nauset Light durch die Dunkelheit wandern sehen.
    Seit Monaten war ich regelmäßig aus Boston hergefahren, um das Haus zu renovieren – die Fußböden abzuschleifen, die Wände zu streichen, die Sachen meiner Großmutter auszusortieren. Das Ergebnis war eine hübsche Verbindung aus neu und alt. Grandmas mit Gobelinstickerei verzierter Fußschemel stand neben meinem Couchtisch aus Glas, ihr altes beigefarbenes Sofa war mit hellem neuen Stoff bezogen, und ein hübsches Aquarell hing an der Stelle, an der früher ein Foto des betenden John F. Kennedy gehangen hatte. Ich begutachtete das warme Gelb, das ich für eine Wand des Wohnzimmers gewählt hatte, und es gefiel mir immer noch sehr gut. Dann ging ich ins Badezimmer, um mir die pinkfarbenen Flamingos anzuschauen, die meine Mutter und ich mit einer Schablone auf die hellgrünen Wände gemalt hatten. Warte, bis Joe das alles gesehen hat, fantasierte ich vor mich hin. Er wird nie wieder wegwollen.
    Das Telefon klingelte, und ich erschrak, sodass ich mir den Kopf an der Kommode stieß. Ich rannte in die Küche, um meinen ersten Anruf in meinem neuen Haus entgegenzunehmen.
    „Hallo Millie, Schätzchen“, sagte meine Mom. „Wie war die erste Nacht? Alles in Ordnung?“
    „Hallo Mom“, erwiderte ich fröhlich und rieb mir den Kopf. „Alles bestens. Wie geht es dir?“
    „Ach, ganz gut“, lautete ihre wenig überzeugende Antwort.
    „Was hast du?“
    „Na ja … es ist wegen Trish“, murmelte meine Mom.
    „Ah.“ Natürlich ging es um Trish, das übliche Thema bei Familiengesprächen. „Was ist denn passiert?“ Ich öffnete den Kühlschrank und begutachtete dessen mageren Inhalt: Orangen, Milch, außerdem Hefe, die ich bei einem meiner fehlgeleiteten Backanfälle erstanden hatte. Ich musste dringend einkaufen. „Ist Trish bei dir?“
    „Nein, nein, sie ist immer noch in … New Jersey. Aber die Scheidung ist seit heute rechtskräftig. Sam hat uns vorhin angerufen.“
    „Das tut mir leid“, sagte ich, und es stimmte. Meine Eltern liebten meinen Schwager Sam. Genau wie ich und der Rest der ganzen Stadt. Sam Nickerson war der Sohn, den meine Eltern nie gehabt hatten. Er und mein Vater schauten Football oder machten zusammen Männersachen wie Auffahrten ausbessern und Fahrten zur Müllkippe. Meine Mutter liebte es, ihn und meinen siebzehnjährigen Neffen zu bekochen. „Es ist ja nicht so, als würden wir Nick und Danny nie wiedersehen“, beruhigte ich meine Mutter. „Die bleiben uns auf jeden Fall erhalten.“
    „Das weiß ich“, erwiderte sie. „Ich wünschte nur, deine Schwester hätte sich mehr Zeit gelassen für diese Entscheidung. Ich glaube, sie macht einen Fehler.“
    Die Missbilligung meiner Mom löste bei mir eine gewisse süße Schadenfreude aus, denn Trish war stets ihr Liebling gewesen. Jahrelang hatte sie über den Egoismus meiner Schwester hinweggesehen. Selbst als Trish gleich nach der Highschool schwanger geworden war, hatte meine Mom sie verteidigt und sich mit der Tatsache getröstet, dass Sam sie sofort heiratete und mit nach Notre Dame nahm, wo er ein Sportstipendium hatte.
    Eigentlich sollte ich inzwischen über diesen Dingen stehen, trotzdem … „Selbstverständlich ist es ein Fehler.“ Ich schloss die Kühlschranktür. „Wie geht es Sam und Danny?“
    „Ganz gut, aber Sam scheint doch schon sehr traurig zu sein.“
    „Ich kann die beiden nachher besuchen“, bot ich an.
    „Das wäre nett, Liebes. Oh, Daddy möchte mit dir sprechen. Howard, Millie ist am Telefon.“
    „Ich weiß, wer dran ist“, sagte mein Vater. „Ich fahre zum Baumarkt, Schätzchen. Brauchst du etwas?“
    „Nein danke, Dad. Fürs Erste bin ich hier fertig.“
    „Ich brauche Rohrleitungen. Die Klärgrube der Franklins hat letzte Nacht ihren Garten überschwemmt. Ich habe ihnen gesagt, sie sollen nur Scott-Toilettenpapier benutzen, aber wer hört schon auf mich?“
    „Dann geschieht es ihnen nur recht. Ich brauche nichts, trotzdem danke.“
    „Na schön, Kleines. Bye-bye.“
    „Bye. Viel Spaß mit der Jauchegrube!“, rief ich. Und den würde er haben, das wusste ich. Meinem Vater gehörte Sea Breeze: der Newcomer in der Branche, ein dynamischer Sanitärservice. Dad übte seinen Job mit einer Begeisterung aus, wie man sie normalerweise eher von Missionaren oder Cheerleadern erwartete.
    Mit einem tröstlichen Gefühl der
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