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Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help

Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help

Titel: Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help
Autoren: Kathryn Stockett
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Dachterrassenparty, fragte mich ein Mann aus einem reichen, weißen Pendlerstädtchen nördlich der Metropole, wo ich her sei, und ich antwortete, aus Mississippi. Er lachte spöttisch und sagte: »Mein Beileid.«
    Ich nagelte seinen Fuß mit meinem Stilettoabsatz fest und verbrachte die nächsten zehn Minuten damit, ihn ganz ruhig über die Herkunft von William Faulkner, Eudora Welty, Tennessee Williams, Elvis Presley, B. B. King, Oprah Winfrey, Jim Henson, Faith Hill, James Earl Jones und Craig Claiborne, dem Gastrokritiker der New York Times, aufzuklären. Ich setzte ihn davon in Kenntnis, dass die erste Lungen- und die erste Herztransplantation in Mississippi durchgeführt und die Grundlagen des amerikanischen Rechtswesens an der University of Mississippi entwickelt worden waren.

    Ich hatte Heimweh und nur auf jemanden wie ihn gewartet. Ich war nicht sehr wohlerzogen oder ladylike, und der arme Kerl schlich davon und wirkte den ganzen restlichen Abend ziemlich nervös. Aber ich konnte nicht anders.
    Mit Mississippi ist es wie mit meiner Mutter. Über die darf ich mich beschweren, so lange ich will, aber wehe, jemand sagt ein schlechtes Wort über sie, es sei denn, sie wäre auch seine/ ihre Mutter.
     
    Ich habe Gute Geister in New York geschrieben, was meiner Meinung nach leichter war, als es in Mississippi zu tun, Auge in Auge mit allem. Aus der Distanz sieht man mehr. Inmitten einer brummenden, schnelllebigen Metropole war es eine Erholung, meine Gedanken zu verlangsamen und eine Zeitlang in Erinnerungen zu versinken.
    Gute Geister ist im Großen und Ganzen fiktiv. Dennoch habe ich mich beim Schreiben immer wieder gefragt, wie meine Familie wohl darüber dächte. Und ich fragte mich auch, was Demetrie wohl davon hielte, obwohl sie längst tot war. Ich hatte über weite Strecken Angst, eine schlimme Grenzüberschreitung zu begehen, indem ich mit der Stimme einer Schwarzen schrieb. Ich hatte Angst, ich würde es nicht schaffen, eine Beziehung darzustellen, die mein Leben so entscheidend beeinflusst hat, die so voller Wärme und Liebe war, eine Art von Beziehung, die im amerikanischen Geschichtsbild und in der amerikanischen Literatur zu einem solchen Klischee geronnen ist.
    Daher war ich aufrichtig dankbar, als ich in Howell Raines’ pulitzerpreisgekröntem Artikel »Grady’s Gift« las:
     
    Für einen Schriftsteller aus dem Süden gibt es kein schwierigeres Thema als die Zuneigung zwischen einem schwarzen und einem weißen Menschen in der Welt der Segregation mit ihrer Ungleichberechtigung. Denn die Unehrlichkeit, auf die eine Gesellschaft
gegründet ist, macht jede Emotion suspekt, macht es unmöglich zu wissen, ob das, was zwischen zwei Menschen floss, ein aufrichtiges Gefühl, Mitleid oder Pragmatismus war.
     
    Ich las es und dachte: Wie hat er es geschafft, das so kurz und bündig auszudrücken? Dasselbe glitschige Problem, mit dem ich kämpfte und das ich einfach nicht zu fassen bekam wie einen nassen Fisch. Und Mr Raines hatte es mit wenigen Sätzen dingfest gemacht. Es freute mich sehr, dass ich in meinem Ringen nicht allein war.
    Genau wie zu Mississippi habe ich auch zu Gute Geister ein sehr widersprüchliches Verhältnis. Von den Trennlinien zwischen schwarzen und weißen Frauen ausgehend, fürchte ich, zu viel erzählt zu haben. Man hat mich gelehrt, nicht über so heikle Dinge zu sprechen, das sei ungehörig, unhöflich, sie könnten uns hören.
    Und ich habe Angst, zu wenig erzählt zu haben. Nicht nur, weil das Leben für viele Frauen, die in Weißenhaushalten in Mississippi arbeiteten, noch viel schlimmer war, sondern auch, weil es viel mehr Zuneigung zwischen weißen Familien und schwarzen Dienstmädchen gab, als meine Zeit und meine Mittel mir darzustellen erlaubten.
    Sicher bin ich mir nur in einem: Ich maße mir nicht an zu wissen, wie es sich wirklich anfühlte, eine schwarze Frau im Mississippi der Sechzigerjahre zu sein. Ich glaube nicht, dass irgendeine weiße Frau, die am anderen Ende des Arbeitsverhältnisses stand, das je wirklich nachfühlen könnte. Aber der Versuch, es nachzufühlen, ist unerlässlich für unsere Menschlichkeit. In Gute Geister gibt es einen Satz, der mir wirklich am Herzen liegt:
     
    War das nicht der Sinn des Buchs? Dass Frauen erkennen: Wir sind einfach nur zwei Menschen. Uns trennt gar nicht so viel. Nicht annähernd so viel, wie ich dachte.

    Ich bin mir ziemlich sicher, dass niemand in unserer Familie Demetrie je gefragt hat, wie es sich anfühlte, eine
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