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Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help

Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help

Titel: Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help
Autoren: Kathryn Stockett
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Demetrie zu reden. Nach der Schule saß ich bei ihr in der Küche meiner Großmutter, lauschte ihren Geschichten und sah zu, wie sie Kuchenteig machte und Huhn frittierte. Ihre Kochkünste waren herausragend. Essensgäste meiner Großmutter ergingen sich ausgiebig darüber. Man fühlte sich geliebt, wenn man Demetries Karamelltorte kostete.
    In ihrer Mittagspause allerdings durften meine beiden älteren Geschwister und ich sie nicht stören. Großmutter sagte dann: »Lasst sie jetzt in Ruhe, diese Zeit gehört ihr.« Und ich stand in der offenen Küchentür und konnte es nicht erwarten, wieder zu ihr hinein zu dürfen. Großmutter wollte, dass Demetrie sich ausruhte, damit sie ihre Arbeit zu Ende bringen konnte, mal ganz davon abgesehen, dass Weiße nicht mit am Tisch saßen, wenn eine Schwarze aß.
    Das war einfach Teil des täglichen Lebens, die Regeln zwischen Schwarzen und Weißen. Ich weiß noch, dass ich als kleines Mädchen, wenn ich Schwarze in den Farbigenvierteln der Stadt sah, immer Mitleid mit ihnen hatte, auch wenn sie gut gekleidet und vergleichsweise wohlhabend waren. Heute ist es mir sehr peinlich, das zuzugeben.
    Aber Demetrie tat mir nicht leid. Mehrere Jahre lang dachte ich, was sie doch für ein Glück hatte, bei uns zu sein. Einen sicheren Job in einem schönen Haus zu haben, bei weißen Christenmenschen. Aber ich dachte es auch, weil Demetrie keine eigenen Kinder hatte und es sich für uns so anfühlte, als füllten wir eine Leerstelle in ihrem Leben. Wenn jemand sie fragte, wie viele Kinder sie habe, hob sie drei Finger. Sie
meinte uns: meine Schwester Susan, meinen Bruder Rob und mich.
    Meine Geschwister streiten es ab, aber ich stand Demetrie näher als die anderen Kinder. Niemand legte sich mit mir an, wenn Demetrie bei mir war. Sie stellte mich immer vor den Spiegel und sagte: »Du bist schön. Du bist ein schönes Mädel«, obwohl ich es eindeutig nicht war. Ich hatte eine Brille und strähniges braunes Haar, was an meiner hartnäckigen Abneigung gegen die Badewanne lag. Meine Mutter war viel auf Reisen. Susan und Rob hatten keine Lust, sich mit mir abzugeben, und ich fühlte mich überflüssig. Demetrie wusste das, nahm meine Hand und sagte mir, ich sei ein prima Mädchen.
     
    Als ich sechs war, ließen sich meine Eltern scheiden, und Demetrie wurde noch wichtiger für mich. Wenn meine Mutter, wie so häufig, unterwegs war, steckte Daddy uns Kinder in das Motel, das er betrieb, und Demetrie wurde bei uns untergebracht. Ich weinte dann endlos an Demetries Schulter, weil ich meine Mutter so sehr vermisste, dass ich Fieber bekam.
    Zu der Zeit waren meine Geschwister Demetries Obhut bereits zu einem gewissen Grad entwachsen. Sie saßen im Penthouse des Motels herum und spielten mit dem Personal Poker, unter Verwendung von Trinkhalmen als Einsatz.
    Ich weiß noch, wie ich neidisch zuschaute und wie ich einmal dachte: Ich bin kein Baby mehr. Ich muss mich nicht mit Demetrie begnügen, während die anderen Poker spielen.
    Also spielte ich mit und verlor natürlich binnen fünf Minuten meine sämtlichen Trinkhalme. Ich landete wieder auf Demetries Schoß und gab mich mürrisch, während ich weiter den anderen beim Pokern zuschaute. Doch schon nach einer Minute lag meine Stirn an Demetries weichem Hals, und sie wiegte mich, als säßen wir beide in einem Boot.
    »Hier gehörst du hin. Hierher zu mir«, sagte sie und tätschelte mein heißes Bein. Ihre Hände waren immer kühl. Ich sah
den Großen beim Kartenspielen zu, und es machte mir nicht mehr so viel aus, dass Mutter schon wieder weg war. Ich war da, wo ich hingehörte.
     
    Die Flut negativer Darstellungen Mississippis in Filmen, in der Presse und im Fernsehen hat uns Kinder dieses Bundesstaates zu einem misstrauischen, defensiven Häuflein gemacht. Unsere Heimat erfüllt uns mit Stolz und Scham, vor allem aber mit Stolz.
    Trotzdem bin ich von dort weggegangen. Mit vierundzwanzig bin ich nach New York gezogen. Ich lernte, dass die erste Frage, die einem an einem solchen Ort permanenter Fluktuation gestellt wird, lautet: »Wo sind Sie her?« Und ich sagte: »Mississippi.« Und wartete.
    Leuten, die lächelnd sagten: »Dort unten soll es ja wunderschön sein«, antwortete ich: »Meine Heimatstadt steht auf Platz drei in den USA, was Gang-Morde anbelangt.« Leuten, die sagten: »Gott, müssen Sie froh sein, dass Sie da weg sind«, erklärte ich unwirsch: »Was wissen Sie schon? Es ist wunderschön dort unten.«
    Einmal, auf einer
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