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Gurkensaat

Gurkensaat

Titel: Gurkensaat
Autoren: F Steinhauer
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und erhob sich vom Boden. Schnell erfasste er, dass das Opfer vom Schreibtisch verdeckt wurde. Von der Tür aus war der Körper nicht zu sehen.
    »Es ist das Arbeitszimmer des Großvaters, Olaf Gieselke. Er ist auch der Jäger. Hobbyjäger. Es handelt sich um sein Gewehr. Er hat angegeben, es befände sich normalerweise im stets gut verschlossenen Waffenschrank und er habe keine Erklärung dafür, wie es hier auf seinen Schreibtisch käme. Er sitzt in der Küche«, erläuterte Peddersen.
    »Aha. Ich spreche mit ihm. Michael, lass dir diesen Waffenschrank zeigen und überprüfe, ob die anderen Gewehre und die Munition an ihrem Platz sind. Vielleicht wurde der Schrank ja aufgebrochen. Wo finden wir das gute Stück denn?«
    »Im Keller«, wusste der Kollege Hans Schmidt von der Spurensicherung.
    Der Fotograf erschien und tänzelte vorsichtig um das Opfer herum. Seine bizarren Verrenkungen würden dafür sorgen, dass das Team Tatortfotos aus allen relevanten Perspektiven erhielt. Nachtigall beobachtete ihn gleichermaßen fasziniert wie abgestoßen.
    Michael Wiener verschwand mit Schmidt in einen Keller, der so unglaublich sauber und aufgeräumt war wie noch keiner, den er gesehen hatte. Der Waffenschrank befand sich in einem der am meisten entlegenen Räume und entpuppte sich als wahrer Waffentresor. Korpus und Tür bestanden aus Stahl, die Türen schlossen lückenlos, das Schloss war unbeschädigt. Michael Wiener stieß einen überraschten Pfiff aus. Er zog am Türgriff. Der Schrank war verschlossen. Der Schlüssel steckte.
    »So ein Leichtsinn!«
    »Dabei müsste doch jeder wissen, wie gefährlich es ist, Waffen für Kinder und Jugendliche zugänglich zu verwahren! Die jüngsten Vorkommnisse haben das doch wohl deutlich gezeigt!«, bestätigte ihm sein Kollege.
    Wiener nickte. Er wusste, was Hans Schmidt meinte: Er dachte an die jüngsten Amokläufer und ihre Opfer. So lange lag Winnenden nicht zurück. Der Erkennungsdienst würde Schrank und Schlüssel nach Fingerspuren untersuchen.
    »Vielleicht hat der Großvater den Schlüssel beim letzten Mal versehentlich stecken lassen. Wo wird der denn normalerweise aufbewahrt?«
    Der Kollege zuckte mit den Schultern.
    »Danach müssen wir ihn also fragen.«
    Wiener zog einen kleinen Block aus der Tasche und notierte sich diesen Punkt. Als er wieder aufsah, entdeckte er ein amüsiert-nachsichtiges Lächeln auf den Lippen des Kollegen.
    »Stimmt was nicht?«
    »Barnaby geguckt?«
    Wiener grinste gutmütig. »Immerhin hat der seine Fälle gelöst, oder?«, gab er freundlich zurück.
     
    Kriminalhauptkommissar Peter Nachtigall saß derweil dem Großvater des Opfers am Küchentisch gegenüber. Er schätzte Olaf Gieselkes Alter auf Ende 60. Das schlohweiße Haar stand wirr von seinem großen, breiten Schädel ab, die grauen, ungewöhnlich weit auseinanderstehenden Augen huschten ziellos hin und her. Immer wieder wischte er verstohlen eine Träne von der Wange. Auch er war sehr blass und Nachtigall bemerkte, dass die farblosen Lippen des alten Mannes zitterten.
    Der Tee vor ihm wirkte unberührt und ein öliger Film auf der Oberfläche der bräunlichen Flüssigkeit bewies, dass er inzwischen kalt sein musste.
    »Sie haben den Schuss nicht gehört?«
    »Nein«, antwortete Gieselke mit erstickter Stimme, »wir halten um diese Zeit unseren Mittagsschlaf. Das Schlafzimmer befindet sich am anderen Ende des Hauses. Gut gebaut, dickes Mauerwerk – kein Ton ist zu hören.«
    »Sie haben die Tatwaffe als eines Ihrer eigenen Gewehre identifiziert.«
    Der alte Mann nickte traurig.
    »Können Sie erklären, wie jemand in den Besitz dieser Waffe kommen konnte?«
    Der Großvater schluchzte auf. »Nein! Ich schließe die Gewehre immer in den Waffenschrank ein. Immer! Aber vielleicht wurde mein Gewehr gar nicht abgefeuert, sondern nur auf dem Tisch abgelegt.«
    »Unsere Ballistiker finden heraus, ob ein Schuss aus diesem Gewehr Ihren Enkel getötet hat. Bisher wissen wir nur, dass es zweifelsfrei vor Kurzem abgefeuert wurde. Ob es sich auch um die Tatwaffe handelt, werden die weiteren Untersuchungen zeigen.«
    »Immer! Ich schließe sie immer weg! Das müssen Sie mir glauben! Meine Frau wird das bestätigen. Und gerade wenn die Kinder im Haus sind, kontrolliere ich besonders sorgfältig. Meine Frau nennt es hysterisch. Aber ich weiß doch, was für eine Faszination für Kinder von Gewehren ausgeht. Der Schlüssel liegt in meinem Arbeitszimmer – versteckt! Weggeschlossen im Safe.«
    Ein heftiges
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