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Grote, P

Grote, P

Titel: Grote, P
Autoren: Wein des KGB
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Geburtstagen, er vergaß es nie – aber wer er wirklich war, was fürein Mensch in der Hülle des kleinen, kurzsichtigen Mannes steckte, wusste sie nicht. Sie hatte ihn nie danach gefragt, sie wollte auch nichts von Dramen einer womöglich verkorksten Kindheit wissen, er hatte nie von sich erzählt, er war ein Mensch, der nur in der Gegenwart und in der Zukunft lebte.
    Auch Charlotte stieg aus. Mit einer Bewegung, die sie ihm nie zugetraut hatte, sprang der Fahrer aus dem Wagen und vertrat ihr den Weg. »Madame, Sie bleiben hier!«
    »Ich kann nicht mehr sitzen«, empörte sich Charlotte, blieb aber zögernd neben der Tür stehen, denn der Fahrer wirkte sehr entschieden. Als Grivot auftauchte, stieg sie ein.
    »Er kommt«, sagte er und setzte sich. Niemand sprach. Kurz darauf erschien ein Wagen, verlangsamte die Geschwindigkeit so, dass der dahinter fahrende Lastwagen bremsen musste, setzte den Blinker und scherte rechts aus. Es war der angekündigte rote Ford Mondeo, ein altes Modell, die Farbe war stumpf geworden, ein Kotflügel verbeult. Keine hundert Meter von ihnen entfernt hielt er an.
    »Das ist er«, sagte Grivot, nickte und lächelte sogar, doch dann hielt er die Luft an. Hinter dem Lkw tauchte ein Polizeiwagen auf, der sich hinter den Ford setzte, anhielt, und zwei Uniformierte stiegen aus, ein dritter blieb im Wagen.
    »Ungarn oder Rumänen?«
    Charlotte stöhnte gequält. Sie sah, wie die Polizisten sich an den Türen postierten, der Beamte an der Fahrertür beugte sich zum Fenster und ließ sich irgendwelche Papiere geben, dann wurde der Wagen durchsucht.
    Sogar Grivot kaute vor Anspannung auf der Lippe. Wenn sie Martin entdecken sollten, war die Mühe, die Rückholaktion in aller Stille abzuwickeln, umsonst gewesen.
    Der Fahrer musste aussteigen, um sich ein defektes Rücklicht zeigen zu lassen. Dann wurden die Sitze vorgeklappt und das Wageninnere ausgeleuchtet, danach war der Kofferraum an der Reihe, anschließend die Koffer, die auf die Heckklappe gestellt und durchsucht wurden.
    Charlotte meinte, wahnsinnig zu werden bei der Vorstellung, dass Martin verkrümmt in einer Blechkiste unter der Rückbank lag und alles anhören musste. Schließlich holte der Fahrer die Brieftasche heraus, und etwas aus Papier wechselte in die Hände des Polizisten. Als alle Beteiligten eingestiegen waren, blieben die Wagen stehen, jeder schien auf die Abfahrt des anderen zu warten. War das da drüben überhaupt der Wagen, auf den sie gewartet hatten?
    »Er ist es«, flüsterte Grivot, »ich bin sicher.« Sein Gesicht glich wieder dem einer schnuppernden Ratte. So wirkte er, wenn etwas seine Aufmerksamkeit fesselte. Für eine Sekunde lächelte Charlotte, denn Martin war es damals als Erstem aufgefallen.
    Der Mann stieg aus dem Ford und schlug ihre Richtung ein.
    »Hoffentlich kommt der Idiot nicht her«, zischte der Kommissar, »und hetzt uns die Polizisten auf den Pelz.«
    Aber er ging an ihnen vorbei zum Rasthaus. In dem Moment fuhr der Polizeiwagen los. Der Fahrer rüttelte an der verschlossenen Tür und kehrte um, verschwand in ihrem Rücken hinter den Lastwagen, tauchte ihnen gegenüber wieder auf und ging über die Landstraße zu seinem Wagen.
    »Ich halte das nicht mehr aus«, stöhnte Charlotte.
    »Sie können noch viel mehr aushalten. Das, was Sie auf Ihren Reisen in die Elendsgebiete mitkriegen, würde ich nicht aushalten.« Was Grivot dann sagte, hörte Charlotte nicht mehr. Sie wäre am liebsten zum Ford gerannt und hätte Martin selbst rausgeholt. Aber er kam nicht, weder aus der Beifahrertür noch aus dem Kofferraum, in dem der Fahrer kramte. Er schlug die Klappe zu, sah sich um und kam herüber.
    Grivot sah seinen Fahrer an, der zuckte mit den Achseln, dann drehte er sich nach Charlotte um. »Das verstehe ich nicht, er hätte da drin sein müssen.«
    »Grivot, ich hoffe, dass Sie keine Scheiße gebaut haben –Monsieur le Commissaire«, flüsterte Charlotte und erschrak vor der Bösartigkeit ihrer Stimme. Sie weigerte sich zur Kenntnis zu nehmen, dass irgendwas an ihrem Plan fehlgeschlagen war.
    Gemeinsam gingen sie zum Rasthaus, der Fahrer des Ford wartete in einer Nische.
    »Irgendwas ist schiefgegangen«, sagte er auf Französisch mit einem starken Akzent. »Die Person ist nicht zum Treffpunkt gekommen. Ich sollte nicht länger als fünf Minuten warten, wie vereinbart. Das war gut so, denn an der Grenze bin ich durchsucht worden. Ich glaube, sie wussten, dass er kommt.«
    »Was läuft da ab? Was wird
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