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Grote, P

Grote, P

Titel: Grote, P
Autoren: Wein des KGB
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Martin ist in größten Schwierigkeiten, wir müssen ihn aus Rumänien rausholen! Er befindet sich in einer schrecklichen Lage, es sieht aus, als würde er es allein nicht schaffen. Es ist zu gefährlich. Er ist in eine Sache hineingeraten, die mindestens drei Nummern zu groß für ihn ist. Monsieur Constantinescu hat mir alles erzählt, aber es ist besser, es von ihm direkt zu erfahren, denn er hat lange mit Martin gesprochen. Erzählen Sie, Monsieur Constantinescu!«
    Charlotte war blass geworden, sie schaute ihre Mutter an, die nur hilflos mit den Achseln zuckte und den Besuchern Stühle am Küchentisch und Kaffee anbot. Madame Lisettemusste sich bewegen, in so schrecklichen Momenten wie diesem konnte sie nicht still sitzen und nur zuhören.
    »Erzählen Sie uns alles, erzählen Sie alles, was Sie von unserem Schwiegersohn wissen, Monsieur Constantinescu – oder weißt du mehr, Jacques? Er hatte doch keinen Unfall?«
    Grigore Constantinescu versuchte, die Eltern und Charlotte zu beruhigen. »Ich habe gestern lange mit ihm gesprochen, wir kennen uns aus dem Bistro in Castillon, es geht Ihrem Mann gut, aber . . .«
    Die Unterredung dauerte drei Stunden. Man glaubte, alle Möglichkeiten erwogen zu haben, wie Martins Flucht aus Rumänien vorzubereiten sei, wer als Verbündeter infrage käme, und auch alles, was dabei schiefgehen konnte. Constantinescu wusste nicht, wie die Grenzkontrollen heute waren, wie und von wem die Grenze bewacht wurde, ob man einfach hinüberkam oder ob wegen der Kriminalität und internationaler Schlepperbanden auf beiden Seiten Greiftrupps patrouillierten, die natürlich in die Fahndung nach Martin einbezogen waren.
    »Sie müssen schnell handeln, Madame«, sagte Constantinescu zu Charlotte, er sah ihr an, dass von ihr die größte Kraft ausging und sie die wichtigsten Entscheidungen traf. »Ihr Mann hat sehr gedrängt. Er sagte, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis man ihn finden würde. Die alten Netzwerke der Fluchthelfer sind zerrissen. Martin hat in diesem Zusammenhang noch einen Namen genannt, nämlich einen Monsieur Grivot. Der hätte angeblich die Mittel, zu helfen.«
    Kommissar Grivot! Auch Charlotte hatte an ihn gedacht. Sie würde ihn dazu zwingen, zu helfen, und in ihr nahm ein Plan Gestalt an. Für Martin würde sie alles tun. Er war ihr Mann, egal, was er getan hatte, Recht oder Unrecht, und sie wollte weiter morgens bei ihm aufwachen, sie wollte, dass er sie umarmte und sie liebte. Sie würde ihn niemals hergeben – außer er würde gehen wollen.
    »Überlasst mir das«, sagte sie, als sie das sorgenvolle Gesichtihrer Mutter sah. »Ich weiß, was zu tun ist. Ich hole ihn da raus.«
    Ihre Entschlossenheit übertrug sich auf die anderen in der Küche, jeder kannte ihren starken Willen, und niemand hatte einen Einwand. Lediglich ihr Vater stellte Fragen.
    »Wirst du uns in deinen Plan einweihen?«
    »Ja, obwohl das nicht nötig ist. Ich muss nur eines wissen: Monsieur Constantinescu – werden Sie uns helfen?«
    Charlottes Augen suchten Jacques’ Blick. Und der signalisierte, dass sie nicht umhinkamen, sich auf den Rumänen zu verlassen.
    »Ja.«
    »Sehr gut, ich danke Ihnen.«
    »Wieso tun Sie das?«, fragte Monsieur Jérôme. »Sie kennen unseren Schwiegersohn kaum.«
    »Weil man mich hier besser behandelt hat als in meinem Land. Und niemand von denen, die meinen Vater in den Selbstmord getrieben haben, wurde je zur Rechenschaft gezogen . . .«
    Rache war zwar kein gutes, dafür aber eines der stärksten Motive überhaupt, und Charlotte musste nicht lange überlegen, wie sie Grivot dazu bringen konnte, ihnen zu helfen. Er hatte es damals versprochen, nach dem Prozess. Sie und Martin hatten ihm den Rücken frei gehalten, ihn aus allem rausgehalten und seine Versäumnisse gedeckt. Und jetzt war Zahltag. Würde er sich weigern, würde Charlotte keine Sekunde zögern, ihn ans Messer zu liefern, er wäre erledigt. Nur so funktionierte es in der Politik: mit Vernebelung, Taktik, Zwang, Bestechung und Erpressung. Saint-Émilion war nicht anders als Paris.
    Sofort nach der Unterredung fuhr sie zu einer Freundin, von wo aus sie den Journalisten anrufen wollte, der damals den Artikel über den Mord an Gaston und die Hintergründe geschrieben hatte. Beliebt hatte er sich in Bordeaux damit wahrlich nicht gemacht. Während der Fahrt musste ihrConstantinescu aus seinem Leben erzählen, von seiner Familie, von seinen Erfahrungen, von Rumänien, »alles, Monsieur, alles, was Sie
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