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Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition)

Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition)

Titel: Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition)
Autoren: Bernd Frenz
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wusste er allerdings zu schätzen, dass aus der Faust des Zöllners nur noch ein Stück Lederband hervorragte.
    »Mein Anhänger«, forderte er mit so kräftiger Stimme, wie ihm möglich war. »Ich trage ihn seit meiner Kindheit und fühle mich schutzlos ohne ihn.«
    »Oh!«, tat der Büttel erschrocken. »Aber natürlich – da hast du ihn zurück.«
    Statt den Anhänger auf den Tisch zu legen, ließ er ihn gerade so weit am Lederband herabbaumeln, dass sich Bero auf die Zehenspitzen hätte stellen müssen, um ihn zu ergreifen. Er beschloss, noch zu warten.
    »Bist du etwa ein neuer Marmorhändler?«, wollte der Dicke wissen, bevor er mit listigem Grinsen nachsetzte: »Heißt das, wir können bald wieder ganze Laderäume voller grünem Marmor erwarten?«
    »Vielleicht«, mischte sich Elra ein. »Aber der Herr Bero möchte wieder jene Handelsbeziehungen aufnehmen, die seine Altvorderen einst zu dieser Küste pflegten. Dazu müsste er wissen, ob es schon früher Verkäufe in Leru gegeben hat.«
    Die Aussicht auf lukrative Geschäfte ließ den Büttel unvorsichtig werden.
    Im gleichen Moment, da sich seine Rechte senkte, langte Bero zu. Der Zöllner zuckte nicht einmal mit der Wimper, als der Anhänger zurück in die Hände des Halblings gelangte. Stattdessen flötete er beflissen: »Aber natürlich wird es ein Handelskontor in Leru gegeben haben. Schließlich sind wir der größte und am besten abgesicherte Hafen entlang der Küste. Über einhundert Überfälle in den letzten dreißig Jahren, doch kein einziges Mal wurde dabei auch nur einer unserer Speicher von den Piraten geplündert!« Bei diesen Worten entschwand er schon hinter einigen bis unter die Decke reichenden Regalen voller Schriftrollen.
    Gleich darauf war das Rascheln und Knistern von Papier zu hören, das auseinander- und wieder zusammengerollt wurde. Gleichzeitig erklang ein ersticktes Husten.
    »Aha, wusste ich es doch!« Von einer kleinen Staubwolke umhüllt, kehrte der Dicke zurück. »Meene und Patigor Turuk. Fünf Jahre lang sind sie immer wieder mit ihrem Schiff bei uns eingelaufen, ehe sie für immer in die Heimat zurückkehrten. Ich nehme an, das Kind, das sie damals dabeihatten, ist nicht zufällig unser Herr Bero?«
    Der Halbling fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen.
    Dankbar überließ er es Elra, sich von dem Büttel zu verabschieden. Ihre Hand auf seiner Schulter tat Bero gut, als sie ihn mehr nach draußen schob als geleitete.
    »Meene und Patigor«, hämmerte es immer wieder in seinem Kopf. Nie hätte er für möglich gehalten, doch noch einmal die Namen seiner leiblichen Eltern zu erfahren. »Vielleicht leben sie noch«, hoffte er wider besseren Wissens.
    »Sicherlich hätten sie dann die ganze Küste nach dir abgesucht, bis sie dich gefunden hätten«, antwortete Elra. »Nein, ich fürchte, sie sind bei einem Schiffbruch ertrunken.«
    Schweigend gingen die beiden eine Weile nebeneinander her, bis Bero abrupt stehen blieb. »Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll«, brach es aus ihm hervor.
    Am liebsten hätte er die Elbin umarmt, doch da er dabei nur ihre Beine auf Höhe der Knie umklammert hätte, unterdrückte er den Wunsch. Sie zogen auch so schon die Blicke aller Menschen auf sich. »Wenn es irgendetwas gibt, das ich für dich tun kann«, bot er stattdessen an … und bereute dieses Angebot umgehend, als statt Elra eine Stimme hinter ihm antwortete: »Da wüsste ich vielleicht was. Vendor hat sich keine große Mühe gegeben, seine Spuren zu verwischen. Wir haben ihn schon aufgespürt.«
    Verwirrt fuhr er zu Nemru und Meonis herum, die wie aus dem Boden geschossen vor ihm standen. »Vendor«, wiederholte Bero verwirrt. »Wer ist das?« Sein Blick suchte den von Elra, weil von ihr am ehesten eine ehrliche Antwort zu erhoffen war.
    Verlegen schlug die Elbin die Augen nieder, bevor sie sagte: »Es ist wohl langsam an der Zeit, dass wir dir erklären, warum wir nach Leru gekommen sind.«
    Das runde, turmgleiche Gemäuer stand auf einer erhöhten Klippe. Es verjüngte sich nach oben hin so weit, bis es nur noch den Durchmesser eines Fasses besaß. Statt richtiger Fenster hatte es nur schmale Scharten, die von Läden verschlossen wurden. Die von Möwendreck und anderen Exkrementen angegriffene Außenwand machte ebenfalls keinen einladenden Eindruck. Es dauerte eine Weile, bis Bero erkannte, dass es sich um eine ehemalige Windmühle handelte, der schon vor langer Zeit die Holzflügel abhandengekommen waren.
    Die stete
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