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Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition)

Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition)

Titel: Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition)
Autoren: Bernd Frenz
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der drängende Tonfall, mit dem er sein Gegenüber ansprach, legte offen, wie sehr ihn die Ungeduld quälte.
    Der Ältere reagierte gar nicht auf seinen Namen, sondern sah weiter Helbrecht an. »Du musst der Halbling sein, von dem überall entlang der Küste die Rede ist.«
    Helbrecht, der sich gerade schon wieder abwenden wollte, hielt mitten in der Bewegung inne. Er hatte sich also nicht getäuscht. Die Elben hatten die Schenke einzig und allein wegen ihm aufgesucht. Ob sie ihn wohl wegen seiner Ohren für einen der ihren hielten?
    Er versuchte zu antworten, doch die Stimme versagte ihm den Dienst. Erst nachdem er sich geräuspert hatte, brachte er hervor: »Ja, der bin ich! Und ihr? Stammt ihr wirklich aus dem Elbenland, von dem alle erzählen?« Seine Gegenfrage löste nicht die geringste Gefühlsregung bei den Kriegern aus, nur die Mundwinkel der blonden Dame zuckten ein wenig in die Höhe.
    »Meron«, sagte der Ältere plötzlich, ohne seinen Kameraden anzusehen.
    Der Angesprochene umfasste daraufhin seinen Krug mit einer Hand und führte ihn in einer schnellen Bewegung über den Kopf des Halblings. Noch ehe Helbrecht begriff, wie ihm geschah, ergoss sich das Schwarzbier bereits über ihn. Feucht und klebrig rann es durch das schwarze Haar und regnete ihm auf Schultern und Rücken. Geistesgegenwärtig kniff er noch die Augen zusammen, doch es war schon zu spät. Ein wenig der Flüssigkeit spülte ihm trotzdem unter die Lider. Seine Augen brannten, während er prustend nach Atem rang.
    Irgendwo im Schankraum lachte jemand schadenfroh auf, verstummte aber sofort wieder, als Meron ihn schweigend ansah.
    »Was soll das?«, stammelte Helbrecht mehr verwirrt denn wütend. »Wenn Ihr jetzt dursten müsst, seid Ihr selbst schuld. Glaubt bloß nicht, das ich Euch einen neuen Krug an den Tisch bringe!«
    Dass ihm ausgerechnet die so erhaben wirkenden Elben einen derart groben Streich spielen würden, damit hatte er nicht gerechnet. Statt Schadenfreude stand den dreien jedoch gespannte Neugier ins Gesicht geschrieben.
    Was für ein merkwürdiges Volk …
    Kopfschüttelnd kehrte Helbrecht zum Tresen zurück. Urna hielt bereits ein Leinentuch für ihn bereit. Immerhin war er das Kind, das sie an ihrem Busen genährt hatte. Noch ehe er sein Gesicht trocken gewischt hatte, sah sie über ihn hinweg und bellte: »Drei Kupferstücke, Ihr Herren! Und dann noch einen guten Weg! Wir schätzen es nicht, wenn der Schankknecht mit unseren Getränken besudelt wird.«
    Wen sie genau mit wir meinte, war nicht klar ersichtlich, denn der sonst so knurrige Orm war plötzlich wie vom Erdboden verschwunden. Das wenigstens seine Ziehmutter für ihn einstand, wo alle anderen vor dem zur Schau getragenen Stahl kuschten, tat dem Halbling gut. Ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen, drehte er sich um … und stellte überrascht fest, dass ihm die Elben bis an den Schanktisch gefolgt waren.
    Grimhold und einige andere Fischer atmeten laut hörbar ein, doch alle Gäste, die schon mit einer Rache für Urnas derbe Wortwahl gerechnet hatten, sahen sich getäuscht.
    »Mein Name ist Elra«, stellte sich die Elbin vor. »Ich möchte mich dafür entschuldigen, dass dir Meron so übel mitgespielt hat, doch wir mussten sichergehen, dass du wirklich ein Halbling bist und nicht nur ein kleinwüchsiger Mensch mit ungewöhnlich schönen Ohren.«
    »Tatsächlich?« Helbrechts Verblüffung wuchs ins Unermessliche. »Es gibt eine Halblingprobe, bei der Bier über einen Kopf ausgeschüttet wird?«
    Nemru und Meron wechselten einen kurzen, unergründlichen Blick miteinander, sprachen jedoch kein einziges Wort. Elras Lippen verzogen sich zu einem amüsierten Lächeln.
    »Nein«, erklärte sie dabei. »Aber jeder Mensch, und wohl auch die meisten Elben, wären nach einem solchen Streich zornig geworden. Du bist dagegen vollkommen ruhig geblieben und hast nur Trauer über unsere Torheit verspürt.«
    »Ja, ich weiß«, gestand Helbrecht reumütig ein. »Meine Gutmütigkeit ist mein größter Fehler.«
    »Aber nein!« Elra lächelte plötzlich so breit, dass zwei Reihen schneeweißer Zähne zwischen ihren Lippen blitzten. »Das ist eine ganz besondere Gabe!«
    Zu Helbrechts Überraschung kniete sie vor ihm nieder, sodass sich ihre Gesichter plötzlich auf Augenhöhe befanden, und hob mit ihrem zarten Zeigefinger sanft sein Kinn. Es war nur eine ganz kurze Berührung, doch sie jagte dem Halbling, der sich nichts mehr als ein Weib fürs Leben wünschte, einen heißen
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