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Grolar (German Edition)

Grolar (German Edition)

Titel: Grolar (German Edition)
Autoren: Thorsten Nesch
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sie sich an den abgebrochenen Schwimmer, der neben dem Flugzeugwrack trieb.
    Der Ranger rief ihnen etwas zu, aber Jon verstand ihn nicht, zu viele Arme und Beine planschten im Wasser, und er hatte Wasser in den Ohren, in der Nase und in den Augen und unter sich die Tiefe.
    »Wir schwimmen an Land, wir versuchen es«, sagte er prustend, »Cliff obendrauf, du und ich jeder auf einer Seite, so schieben wir.«
    Sie hievten Cliff auf den Schwimmer, und sie streichelte seine Wange. Ein Schuss krachte, und die Kugel schlug fünf Meter neben ihnen ein.
    Jon fuhr herum. Der Ranger sah aus, als würde er auf sie zielen. Er gab ihnen Feuerschutz.
    Tara schwamm und schüttelte gleichzeitig den Kopf. Der Schock hatte sie endgültig erreicht. Hinter ihnen sprudelte und wirbelte das Wasser durch ihre Beinschläge auf. Ihm war klar, dass sie so die Aufmerksamkeit des Bären auf sich ziehen würden, aber das würden sie auch, wenn sie still im Wasser treiben und sich nicht bewegen würden.
    Ein weiterer Schuss hallte über den See, den Einschlag sah er nicht.
    »Festhalten!«, sagte er zu Cliff, und er zwang sich ein Lächeln ab, das missglückteste Lächeln der Welt.
    Jon fasste die Stelle, wo die Streben abgebrochen waren, ein handbreiter dicker Griff, ideal zum Schieben. Dadurch konnte er auch sehen, was hinter ihm geschah – ob er das wollte oder nicht.
    Der Ranger zielte weiterhin in ihre Richtung, konzentriert, und deswegen bekam er nicht mit, wie der Grolar am Heck auftauchte. Den Rücken ihnen zugewandt.
    Er war hinter ihnen her gewesen. Die Schüsse mussten ihn verjagt haben. Er war umgekehrt, um sich seines Peinigers zu entledigen. In einer blitzschnellen Bewegung zerhackte er mit drei-vier Hieben das Heckruder. Meterhoch flogen die Splitter, und er tauchte sofort ab, wodurch der Ranger keine Chance auf einen gezielten Schuss hatte, da er seinen sicheren Stand verloren hatte. Er hielt einfach auf die Stelle, wo sich das Wasser über dem abgetauchten Bärenschädel kräuselte.
    Binnen Sekunden lief das Flugzeugheck voll Wasser. Nachdem sich der Ranger einige Male um sich selbst gedreht und sein Ziel nicht gefunden hatte, entschied er sich, ihnen wieder Rückendeckung zu geben. Ruhig und gefasst wie ein Kapitän, der sein Schicksal akzeptierte, stand der Mann mit dem Gewehr im Anschlag ihnen zugewandt neben dem aufragenden Flügel. Schon bald musste er das eine Bein mehr anwinkeln, um den Neigungsgrad der sinkenden Beaver auszugleichen.
    Der Grolar zeigte sich nicht.
    Verfolgte er sie wieder?
    Er brauchte nicht lange auf eine Antwort warten. Das Tier kam einmal mehr mit seinem mächtigen Körper genau unter dem Flugboot hoch, wie eine künstliche Insel, die das Wrack anhob, für einen Moment auf dem blutigen Rückgrat balancierte, bevor es zur Seite kippte und der Ranger mit den Armen rudernd ins Wasser fiel.
    »Siehst du was?«, fragte Tara.
    »Schwimm!«
    Der Flügel des Flugzeuges kippte zur Seite und klatschte neben dem Ranger ins Wasser, der während seines Sturzes das Gewehr verloren hatte. Nun winkte er ihnen wie zum Abschied zu und schwamm zur anderen Seite weg, weg von ihnen, raus Richtung See Mitte, ohne die Aussicht ein Ufer zu erreichen.
    Vom Stil konnte Jon erkennen, dass er ein guter, geübter Schwimmer war. Kurz darauf tauchte der Schädel des Bären hinter dem Ranger auf und verdeckte ihn. Das Tier nahm die Verfolgung auf. Der Mann rettete ihnen das Leben, er rettete seinem Sohn das Leben, er schenkte ihnen wertvolle Zeit, um Cliff in Sicherheit zu bringen. Sollte er die Chance haben, würde Jon das seinen Angehörigen erzählen. Ein fremder Mensch opferte sich für sie.
    Jon schaute nach langer Zeit das erste Mal wieder nach vorne, noch ein paar Schwimmbewegungen und sie würden wieder Boden unter den Füßen spüren.
    »Tara, wir schaffen es.«
    Sie schluchzte.
    Der gellende Schrei des Rangers, jäh gestoppt, das Echo in den Bergen. Deutlich erkannte Jon das Messer in der Hand des Rangers, hoch über seinem Kopf, zweimal konnte er auf den Bären damit einstechen, dann verschluckte der See Jäger und Beute.
    Weiter links lag das Flugbootwrack wie ein toter Vogel im Wasser.
    Nur ihre Schwimmbewegungen und ihr keuchender Atem hallten durch das Tal.
    Auch der Grolar hörte das, denn als sein blutender Schädel wieder an der Wasseroberfläche erschien, drehte er
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