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Grisham, John

Grisham, John

Titel: Grisham, John
Autoren: Der Anw
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starrte er Kyle
an, als wäre er unterdessen zu einem Psychiater mutiert, der einen Patienten
analysiert. "Lassen Sie uns über die Studentenverbindung in Duquesne
reden."
    "Wenn's
sein muss."
    "Es
gab etwa zehn Mitglieder, die mit Ihnen eingetreten sind, stimmt's?"
    "Neun."
    "Haben
Sie noch zu allen Kontakt?"
    "Mehr
oder weniger."
    "In
der Anklageschrift werden Sie und drei andere erwähnt.
    Reden
wir über diese drei. Wo ist Alan Strock?"
     
Die Anklageschrift. Sie musste in dieser verdammten Akte stecken, die in
Reichweite vor Kyle auf dem Tisch lag. Wie war es möglich, dass er dort als
einer der Beschuldigten aufgeführt wurde? Er hatte das Mädchen nicht angerührt.
Hatte keine Vergewaltigung gesehen. Nicht einmal, dass überhaupt jemand mit ihr
Sex gehabt hatte. Zwar erinnerte er sich dunkel daran, damals in dem Zimmer
gewesen zu sein, aber irgendwann während dieser Nacht, während dieser Episode,
hatte er einen Filmriss gehabt. Wie konnte er sich der Beihilfe schuldig
gemacht haben, wenn er gar nicht bei Bewusstsein gewesen war? Das würde er bei
dem Prozess vorbringen, darauf ließe sich eine solide Verteidigungsstrategie
aufbauen. Aber der bloße Gedanke an einen Prozess war zu gespenstisch, um ihn auch
nur ins Auge zu fassen. Das Verfahren würde erst lange nach der Verhaftung
beginnen. Und dann die Publicity, das Entsetzen darüber, das eigene Gesicht in
den Zeitungen zu sehen.
     
Kyle schloss die Augen und rieb sich die Schläfen, dachte an die bevorstehenden
Anrufe, erst bei seinem Vater, dann bei seiner Mutter. Weitere Telefonate
würden folgen - bei den Personalchefs, die ihm eine Stellung angeboten hatten,
bei seinen beiden Schwestern. Er würde seine Unschuld beteuern, wusste aber,
dass es ihm nie gelingen würde, den Verdacht abzuschütteln, ein Vergewaltiger
zu sein.
     
In diesem Moment setzte er nicht mehr auf Detective Wright, gleichgültig
welcher Deal diesem vorschweben mochte. Falls es diese Anklage gab, konnte sie
selbst durch ein Wunder nicht mehr aus der Welt geschafft werden.
    "Alan
Strock", hakte Wright nach. "Studiert Medizin in Ohio."
    "Irgendwelche
Kontakte in letzter Zeit?"
    "Eine
E-Mail, vor zwei Tagen."
    "Und
Joey Bernardo?"
    "Ist
immer noch in Pittsburgh. Arbeitet für eine Brokerfirma."
    "Kürzlich
Kontakt zu ihm gehabt?"
    "Telefonisch,
vor ein paar Tagen."
     "Wurde
Elaine Keenan bei den Kontakten mit Alan und Joey in irgendeiner Form
erwähnt?"
    "Nein."
    "Sie
und Ihre Kumpels haben versucht, sie zu vergessen, was?"
    "Ja."
    "
Jetzt hat sie sich zurückgemeldet."
    "Sieht
so aus."
      
Wright rutschte auf seinem Stuhl hin und her, streckte sich und suchte die
bequemste Sitzposition. Er stützte die Ellbogen wieder auf den Tisch und begann
mit leiser Stimme zu reden, als hätte er eine lange Geschichte zu erzählen.
"Nach ihrem ersten Studienjahr hat Elaine Keenan die Universität
verlassen. Sie war verstört. Ihre Noten waren eine Katastrophe. Jetzt behauptet
sie, die Vergewaltigung habe sie seelisch stark in Mitleidenschaft gezogen. Für
ungefähr ein Jahr lebte sie bei ihren Eltern in Erie, dann mal hier, mal dort.
Medikamentenmissbrauch, Alkohol, Drogen. Sie war bei dem einen oder anderen
Suchttherapeuten, aber es hat nicht geholfen. Wussten Sie davon?"
     "Nein.
Nachdem sie das Studium abgebrochen hatte, habe ich nichts mehr von ihr
gehört."
     "Sie
hat eine ältere Schwester in Scranton, die sie aufgenommen, ihr geholfen und
die Entziehungskur bezahlt hat. Dann hat sie einen Seelenklempner aufgetrieben,
der offenbar ganze Arbeit geleistet und Elaine psychisch stabilisiert hat.
Jetzt ist sie clean und trocken und fühlt sich großartig. Plötzlich ist auch
ihr Erinnerungsvermögen wieder voll da. Sie hat sich eine Anwältin genommen und
verlangt Gerechtigkeit."
    "Sie
klingen skeptisch."
     "Ich
bin Bulle, Mr McAvoy. Da ist man grundsätzlich skeptisch. Aber da ist diese
junge Frau, die glaubwürdig wirkt und behauptet, vergewaltigt worden zu sein,
und mit dem Video habe ich einen ziemlich handfesten Beweis. Dazu kommt, dass
ihre Anwältin Blut sehen will."
    "Sie
will Geld, oder? Geht's nur darum?"
    "Was
denken Sie?"
    "Der
vierte Beschuldigte ist Baxter Tate, und natürlich wissen wir beide, was das
bedeutet. Die Familie Tate ist sehr reich. Altes Pittsburgher Geld. Baxter
wurde stinkreich geboren. Wie viel will sie?"
    "Ich
stelle die Fragen. Hatten Sie jemals Sex ... "
    "
Ja, ich hatte Sex mit Elaine Keenan, wie die meisten aus der Verbindung. Die
Frau war verrückt nach
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