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Grisham, John

Grisham, John

Titel: Grisham, John
Autoren: Der Anw
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weiß es noch nicht. Es ist nur eine
    Option."
    "Und
Sie würden deutlich weniger verdienen?"
    "0
ja, sehr viel weniger."
    "Wie
wollen Sie den Studienkredit zurückzahlen?"
    "Da
fällt mir schon was ein."
    Die
Antwort gefiel Wright nicht, aber er ließ es durchgehen.
    Obwohl
es unnötig war, warf er einen Blick in seine Unterlagen. Er wusste, dass Kyle
einundsechzigtausend Dollar Schulden hatte, die ihm Yale komplett erlassen
würde, wenn er sich während der nächsten drei Jahre für den gesetzlichen
Mindestlohn für die Armen, Erniedrigten und Benachteiligten oder die Umwelt
engagierte. Kyles Bewerbung war von einer Organisation namens Piedmont Legal
Aid angenommen worden, und die Stelle wurde durch die Spende einer Großkanzlei
in Chicago finanziert. Laut Wrights Quelle hatte Kyle bereits eine mündliche
Zusage gegeben, sein Jahresgehalt würde zweiunddreißigtausend Dollar betragen.
Die Wall Street konnte warten, die lief ihm nicht weg. Sein Vater hatte ihn
ermuntert, sich ein paar Jahre in der harten Realität die Hände schmutzig zu
machen, weit weg vom Business der Megakanzleien, für die John McAvoy nur
Verachtung empfand.
     
Laut Wrights Unterlagen hatte Scully & Pershing Kyle ein Grundgehalt von
zweihunderttausend Dollar angeboten, dazu kamen die üblichen Zusatzleistungen.
Die Offerten der anderen Kanzleien bewegten sich in einer ähnlichen
Größenordnung.
    "Wann
werden Sie sich für einen Job entscheiden?"
    "Sehr
bald."
    "Wozu
tendieren Sie?"
    "Kann
ich noch nicht sagen."
    "Sind
Sie sicher?"
    "Natürlich
bin ich sicher."
     
Wright blickte finster drein und schüttelte mürrisch den Kopf, als wäre er
beleidigt. Dann zog er weitere Papiere aus der Akte, blätterte sie durch und
starrte Kyle an. "Sie haben nicht zufällig eine mündliche Zusage gegeben,
dass Sie am 2. September dieses Jahres eine Stellung bei einer Organisation
namens Piedmont Legal Aid in Winchester, Virginia, antreten werden?"
     
Kyle seufzte tief. Während er das zu verdauen versuchte, warf er unwillkürlich
einen Blick auf den Monitor. Er sah genauso erschöpft aus, wie er sich fühlte.
Fast wäre es aus ihm herausgeplatzt: "Woher wissen Sie das?" Doch
damit hätte er zugegeben, dass Wright Recht hatte. Andererseits konnte er die
Wahrheit auch nicht abstreiten. Wright kannte sie bereits.
     
Während er noch versuchte, sich eine Antwort einfallen zu lassen, holte sein
Gegenüber zum entscheidenden Schlag aus. "Lassen Sie uns diese Geschichte
Lüge Nummer eins nennen, okay?", sagte Wright höhnisch. "Sollte es zu
einer Lüge Nummer zwei kommen, schalten wir die Kamera aus und wünschen uns
eine gute Nacht. Dann sehen wir uns morgen bei Ihrer Festnahme wieder.
Handschellen, Sie werden abgeführt, dann machen wir ein hübsches
Verbrecherfoto. Wer weiß, vielleicht sind auch ein oder zwei Reporter dabei.
Dann können Sie sich das mit der Beratung illegaler Einwanderer genauso
abschminken wie die Wall Street. Lügen Sie mich nicht an, McAvoy. Ich weiß zu
viel."
     
Fast hätte Kyle "Ja, Sir" gesagt, doch er beließ es bei einem matten,
angedeuteten Nicken.
    "Sie
planen also, für zwei Jahre einer gemeinnützigen Arbeit nachzugehen? "
    "Ja."
    "Und
dann?"
    "Ich
weiß es noch nicht genau. Vermutlich werde ich irgendwo in eine Kanzlei
eintreten und eine Karriere als Anwalt beginnen."
    "Wie
denken Sie über Scully & Pershing?"
    "Groß,
mächtig, reich. Ich glaube, es ist die größte Kanzlei weltweit. Je nachdem, wen
sie gestern wieder geschluckt oder mit wem sie fusioniert haben.
Niederlassungen in dreißig Städten auf fünf Kontinenten. Zahllose richtig
clevere Anwälte, die sehr hart arbeiten und enormen Druck aufeinander ausüben.
Besonders auf die jungen Kollegen."
    "Wäre
das was für Sie?"
    "Schwer
zu sagen. Man verdient einen Haufen Geld. Die Arbeit ist extrem stressig, aber
man spielt in der ersten Liga. Wahrscheinlich werde ich schon da enden."
     "In
welcher Abteilung haben Sie das Praktikum letzten Sommer absolviert?"
     "Ich
habe mich hier und da umgesehen, aber meistens war ich in der
Prozessabteilung."
    "Das
interessiert Sie?"
     "Nicht
besonders. Darf ich erfahren, was diese Fragen mit der Anklage aus Pittsburgh
zu tun haben könnten?"
     
Wright nahm die Ellbogen vom Tisch und versuchte, es sich auf dem harten
Klappstuhl so bequem wie möglich zu machen. Er schlug die Beine übereinander
und legte den Notizblock auf den linken Oberschenkel. Nachdem er ein paar
Augenblicke lang auf dem Ende seines Stifts herumgekaut hatte,
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