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Grimwood, Ken - Replay

Grimwood, Ken - Replay

Titel: Grimwood, Ken - Replay
Autoren: Das zweite Spiel
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Titusville fischen. Dein Vater hat einen dreißig Pfund schweren Pompano gefangen. Ich wünschte, ich könnte dir ein Stück davon schicken; so was Zartes hast du noch nicht gegessen. Wir haben im Gefrierschrank eine Menge für dich aufgehoben, aber er wird nicht mehr so gut sein wie frisch.«
    Ihre Worte rührten einen Schwall von Erinnerungen auf, alle lose miteinander verknüpft: Sommerwochenenden mit dem Boot seines Onkels auf dem Atlantik, die Sonne hell auf dem polierten Deck, während eine dunkle Linie von Gewitterwolken am Horizont schwebte… die baufälligen kleinen Städtchen Titusville und Cocoa Beach vor der großen Invasion der NASA… der große weiße Gefrierschrank in ihrer Garage zu Hause, voller Steaks und Fisch, und darüber Regale mit Schachteln, vollgestopft mit all seinen alten Comicheften und Heinlein-Romanen…
    »Jeff? Bist du noch dran?«
    »Oh, klar, tut mir leid… Mom. Ich hab bloß vergessen, weswegen ich vor einer Minute angerufen habe.«
    »Na, mein Liebling, du weißt doch, daß du niemals einen Grund brauchst, um…«
    In der Leitung klickte es, und er hörte die Stimme seines Vaters. »Also, wenn man vom Teufel spricht! Wir haben gerade von dir geredet, nicht wahr, Schatz?«
    »Das stimmt«, sagte Jeffs Mutter. »Vor noch nicht mal fünf Minuten habe ich gesagt, wie lange es schon her ist, daß du nicht mehr angerufen hast.«
    Jeff hatte keine Ahnung, ob damit eine Woche oder ein Monat gemeint war, und er wollte nicht danach fragen. »Hi, Dad«, sagte er rasch. »Wie ich höre, hast du einen preisverdächtigen Pompano zur Strecke gebracht.«
    »Hey, du hättest dabei sein sollen.« Sein Vater lachte. »Bei Bud hat den ganzen Tag keiner angebissen, und das einzige, was Janet zuwege brachte, war ein Sonnenbrand. Sie schält sich immer noch – sieht aus wie eine zu lang gekochte Garnele!«
    Jeff erinnerte sich dunkel daran, daß die Namen zu einem der Ehepaare gehörten, mit denen seine Eltern befreundet waren, doch er konnte ihnen keine Gesichter zuordnen. Es verblüffte ihn, wie lebensvoll und energiegeladen seine Mutter und sein Vater beide klangen. Sein Vater hatte 1982 ein Emphysem bekommen und verließ seitdem selten das Haus. Nur mühsam konnte Jeff ihn sich draußen auf dem Meer vorstellen, mit einem kräftigen Tiefseefisch ringend, die Pall Mall im Mundwinkel aufgeweicht von der Gischt. Tatsächlich waren seine Eltern, dachte Jeff wie betäubt, fast genau in seinem Alter – oder in dem Alter, das er gestern um diese Zeit gehabt hatte.
    »Oh«, sagte seine Mutter, »gestern traf ich zufällig Barbara. Sie macht sich gut bei Rollins, und sie bat mich, dir zu sagen, daß Cappy dieses Problem wieder vollständig bereinigt hat.«
    Barbara, erinnerte Jeff sich vage, war ein Mädchen, mit dem er sich auf der High-School getroffen hatte; aber der Name Cappy sagte ihm jetzt nichts.
    »Danke«, sagte Jeff. »Sag Barbara das nächste Mal, wenn du sie siehst, daß ich wirklich froh darüber bin.«
    »Gehst du immer noch mit dieser kleinen Judy aus?« fragte seine Mutter. »Das war so ein reizendes Bild, das du uns von ihr geschickt hast, wir können es gar nicht erwarten, sie kennenzulernen. Wie geht es ihr?«
    »Ihr geht’s gut«, sagte er ausweichend und wünschte sich, er hätte nicht angerufen.
    »Was macht der Chevy?« warf sein Vater ein. »Schluckt er immer noch Öl wie früher?«
    Herrgott; Jeff hatte seit Jahren nicht mehr an diesen alten Wagen gedacht.
    »Der Wagen ist okay, Dad.« Das war eine Vermutung. Er wußte nicht einmal, wo er ihn abgestellt haben könnte. Den qualmenden alten Schlitten hatten ihm seine Eltern zum Schulabschluß geschenkt, und er hatte ihn gefahren, bis er schließlich in seinem letzten Studienjahr in Emory unter ihm zusammengebrochen war.
    »Was machen die Zensuren? Diese Arbeit, mit der du beschäftigt warst, die über… Du weißt schon, die, von der du uns letzte Woche erzählt hast, daß du Schwierigkeiten damit hättest. Was war das noch gleich?«
    »Letzte Woche? Klar, die… Geschichtsarbeit. Damit bin ich fertig. Hab aber die Note noch nicht bekommen.«
    »Nein, nein, es war nicht in Geschichte. Du sagtest, es wäre was mit englischer Literatur, was war es noch?«
    Auf einmal erklang in der Leitung eine aufgeregt brabbelnde Kinderstimme. Jeff begriff plötzlich, daß dieses Kind seine Schwester war – eine Frau, die zwei Scheidungen hinter sich hatte, die eine eigene Tochter hatte, welche gerade auf die High-School kam. Es rührte Jeff, den
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