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Grimwood, Ken - Replay

Grimwood, Ken - Replay

Titel: Grimwood, Ken - Replay
Autoren: Das zweite Spiel
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Kopf: »Nächstes Mal… nächstes Mal.«
    Nun war alles anders. Jetzt war nicht »nächstes Mal«, und das würde es auch nie wieder geben. Jetzt war diese Zeit, diese eine begrenzte Zeitspanne, über deren Richtung und Ausgang er absolut nichts wußte. Er würde sie nicht vergeuden oder für selbstverständlich nehmen, nicht einen einzigen Augenblick lang.
    Jeff stand auf und ging aus seinem Büro in den geschäftigen Nachrichtenraum hinüber. Dort war ein großer, U-förmiger zentraler Schreibtisch, an dem Gene Collins, der Mittagsredakteur, saß, umgeben von Computerterminals, über die der aktuelle Ausstoß von AP, UPI und Reuters hereinkam, von Fernsehmonitoren, die auf CNN und sämtliche drei Nachrichtensender eingestellt waren, und einem Kommunikations-Schaltpult, das mit den Reportern des Senders vor Ort und den eigenen Korrespondenten in Los Angeles, Beirut und Tokyo verbunden war…
    Jeff fühlte, wie sie ihn durchströmte, die elektrisierende Neuheit der wieder unvorhersagbaren Welt dort draußen. Einer der Nachrichtenschreiber eilte vorbei, reichte ein grünes Nachrichtenblatt in die Funkkabine. Irgend etwas Wichtiges hatte sich ereignet – vielleicht etwas Verhängnisvolles, vielleicht eine unermeßlich wunderbare Entdeckung zum Nutzen der Menschheit. Was es auch sein mochte, Jeff wußte, daß es für ihn so neu wäre wie für jeden anderen auch.
    Am Abend würde er mit Linda sprechen. Auch wenn er nicht genau wußte, was er ihr sagen sollte, soviel war er ihr, und sich, wenigstens schuldig. Er war sich überhaupt nichts mehr sicher, und diese Erkenntnis ließ ihn vor Erwartung erschauern. Er konnte es mit Linda erneut versuchen, konnte eines Tages wieder mit Pamela zusammenfinden, konnte den Beruf wechseln. Das einzige, worauf es ankam war, daß das Vierteljahrhundert, das ihm vielleicht noch blieb, sein Leben wäre, das er so lebte, wie er sich entschied und wie es seinen ureigensten Interessen entsprach. Nichts hatte davor Vorrang: nicht die Arbeit, keine Freundschaften, keine Beziehungen zu Frauen. Diese waren Teile seines Lebens, und zwar wichtige, doch sie machten es nicht aus oder beherrschten es. Das lag an ihm, ganz allein an ihm. Die Möglichkeiten, wußte Jeff, waren zahllos.

Epilog
    Peter Skjoren erwachte mit einer frischen Erinnerung an einen Schock und quälenden Schmerz. Er war geschäftlich in der Bantu-Republik gewesen, hatte mit einem Vizewirtschaftsminister in Mandela City zu Mittag gespeist – als er gestorben war. War nach vorne über den Tisch gefallen, hatte seinen Drink auf die Hose des Regierungsbeamten verschüttet – er hatte das alles wahrgenommen, hatte sich verlegen deswegen gefühlt, trotz des zermalmenden Schmerzes in seiner Brust… und dann die rotgeränderte Dunkelheit, dann nichts mehr.
    Bis jetzt. Hier in dem Laden in Karl Johansgate, wieder zu Hause in Oslo, wo er seine ersten kaufmännischen Kenntnisse erworben hatte, wo er herausgefunden hatte, daß seine Berufung in der Welt des Handels lag.
    Der Laden war wegen eines Wohnblocks abgerissen worden, vor zwanzig Jahren.
    Peter schlug das Hauptbuch auf seinem Schreibtisch auf, sah das Datum; blickte auf seine Hände und sah junge, glatte Hände, keinen Ehering.
    Nichts davon hatte sich ereignet. Nicht die Lawine in der Schweiz, die ihm seinen Sohn Edvard genommen hatte, nicht die Nächte voll brütender Melancholie, die seine Frau Signe in die hoffnungslos abwärtsgerichtete Spirale des Alkoholismus getrieben hatten. Er hatte keinen Sohn, keine Frau; er hatte nur eine helle neue Zukunft vor sich, deren Fallgruben und Möglichkeiten er gründlich kannte und die er vermeiden oder ergreifen konnte, wie die Gelegenheit es erforderte.
    Er konnte jene Jahre, jene vertrauten und langvergangenen Jahre von 1988 bis 2017, neu durchleben, im Bewußtsein der Fehler, die er zuvor begangen hatte. Diesmal, schwor sich Peter Skjoren, würde er es richtig machen.
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