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Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Titel: Grimpow Das Geheimnis der Weisen
Autoren: Rafael Abalos
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wurden. Er sah, wie planetarische Umwälzungen Kontinente und Ozeane in wunderschöne, zeitlose Landschaften verwandelten. Er sah, wie sich die Erde unter einem undurchdringlichen schwarzen Aschehimmel mit ewigem Eis überzog. Er sah, wie Seuchen die Erde verwüsteten, erbarmungslose Maschinen zwischen schrecklichen Explosionen Feuer spuckten und Kriege Millionen von Männern, Frauen und Kindern vernichteten.
    Aber im Innern jener überwältigenden Himmelskugel entdeckte Grimpow unvergleichliche Kunstwerke, großartige Gegenstände und unglaubliche Wunderdinge für unzählige Zwecke und von unendlichen Formen. Er sah fantastische Städte mit Glaspalästen voller Licht, die nachts funkelten und bis in den Himmel reichten. Er sah gepflegte Menschen in ausgefallenen, gewagten Kleidungsstücken, die sich zwischen unzähligen funkelnden, dahinrasenden Metallkarossen bewegten. Er sah riesige Apparate wie enorme fremdartige Silbervögel durch die Luft segeln und wie ungeheure Feuerpfeile das Firmament durchbohren und zu fernen Galaxien schießen, um sich im endlichen Universum zu verlieren.
    Grimpow wusste, dass er das Geheimnis der Weisen gefunden hatte, das ihm durch die Berührung des Steins gestattete, vollkommene Weisheit und vielleicht sogar Unsterblichkeit zu erlangen. Aber er wusste auch, dass dieses Geheimnis ein fortwährendes Wunder war, dessen Enthüllung erst begonnen hatte, und dass noch Tausende von Jahren vergehen würden, ehe die Menschheit in der Lage war, dieses unfassbare Rätsel vollständig zu ergründen.
    Momentan war er nicht einmal imstande herauszufinden, durch welchen Zaubertrick jene Herrlichkeit vor seinen Augen erstand, aber das war ihm gleichgültig. Die Weisen des Ouroboros-Bundes hatten es wahrscheinlich auch nicht gewusst, weil die Antwort, wie ihm der blinde Bruder Umberto versichert hatte, über den Sternen lag und einen neuen Unsichtbaren Weg aufzeigte, den kein Mensch alleine gehen konnte.
    Wie den letzten Worten der Weisen zu entnehmen war, die Weynelle und er zu Füßen des Teufels gefunden hatten, war dies eine Frage der Zeit und das Wirken des Universums, dem sich die ganze Menschheit zu unterziehen hatte. Da offenbarte sie sich nun in seinem Stein, die Landkarte jenes neuen Unsichtbaren Weges. Den würden sie fortan beschreiten und in Natur und Kosmos nach der magischen Essenz des Steins und der menschlichen Seele suchen, die eines Tages mit Gott verschmelzen würde.
    Am nächsten Morgen weckten ihn die Sonnenstrahlen, die durch das bunte Glas der Rosette über dem Hauptportal der Kathedrale von Chartres fielen. Grimpow lag auf dem Labyrinth mitten auf der Blume, den Stein der Weisen in der Hand, der noch immer so blau strahlte wie ein kostbares Juwel. Weynelle strich ihm über die Stirn und half ihm dann, sich aufzurichten.
    »Alles ist wieder verschwunden«, sagte der Junge erschöpft. Dann sah er zur Kuppel der Kathedrale hinauf, wo er nur wenige Stunden zuvor eine herrliche Himmelskugel an einem endlosen, sternenübersäten Firmament erblickt hatte.
    »Das Universum jener Weisheit liegt nun in deinen Händen«, sagte Salietti.
    »Endlich bricht eine neue Zeit an, die das menschliche Universum erleuchtet. Das war von jeher der Traum unserer Väter und der Weisen des Geheimbundes. Du bist ihr einziger Erbe«, erklärte Weynelle sanft.
    Der Ritter wollte sie gerade ermahnen, sich so schnell wie möglich nach Florenz aufzumachen, als sie fromme Gesänge vernahmen und von der herannahenden Menschenmenge aufgescheucht wurden. Die Bewohner von Chartres hatten ihre nächtliche Feier beendet und strömten nun alle zur Frühmesse in die Kathedrale.
    Das mächtige Hauptportal öffnete sich sperrangelweit dem neuen Tag und eine fröhliche Festprozession ergoss sich ins Mittelschiff, während Grimpow, Weynelle und Salietti stillschweigend durch das Tor der Eingeweihten ins Freie schlüpften. Als die Westfassade schon hinter ihnen lag und sie zum Stall gingen, um ihre Pferde zu holen, erhob sich aus der Menge plötzlich das laute Geschrei einer Greisenstimme. Sie hielten inne, um den Worten zu lauschen, und Grimpow kam die Stimme keineswegs unbekannt vor.
Hört meine Worte, ihr Ungläubigen, die ihr die Erde bewohnt, ihr Misstrauischen vor jedem Wunder, ihr Gottlosen und Zweifler, welche die Magie niemals aufstört noch beunruhigt. Merkt auf und glaubt mir, die Geschichte, die hier erzählt wird, ist nicht nur schön, sie ist auch wahr. Schärft eure Sinne, öffnet sie der Erhabenheit und
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