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Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Titel: Grimpow Das Geheimnis der Weisen
Autoren: Rafael Abalos
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die Hauswände zu schmiegen, um nicht unter die Eselshufe oder die grob gezimmerten Wagenräder zu geraten, die unter der schweren Last ächzten.
    Als sie auf Weynelles Elternhaus zuritten, zeigte die junge Frau am Ende der Straße auf ein Portal aus zwei Säulen, auf denen ein steinerner Sturz ruhte.
    »Ich hätte nicht gedacht, dass du in einem so vornehmen Haus wohnst«, sagte Grimpow beim Anblick der Fassade.
    »Mein Großvater war ein angesehener Schreiber bei Hofe und hat ein kleines Vermögen angespart, damit sein einziger Sohn studieren konnte.«
    »Oben unter dem Dach habe ich zwei meiner schönsten Jugendjahre verbracht«, bemerkte Salietti wehmütig.
    »Wo hast du den Schlüssel?«, fragte Grimpow Weynelle und fürchtete schon, ein zusätzliches Rätsel lösen zu müssen.
    »Einen haben wir mitgenommen, als wir uns nach Cornille aufgemacht haben. Der ist mit unserem Gepäck in der Herberge geblieben, als uns Fenio de Vokkos Soldaten festgenommen haben. Mein Vater hat aber immer einen in dem Hohlraum hinter dem Abzeichen der Schreiberzunft auf dem Türsturz hinterlegt.«
    »Bleibt kurz hier stehen und seid jeden Moment bereit, im Galopp die Flucht zu ergreifen. Ich will schnell hinüberreiten und den Schlüssel holen. Rührt euch nicht von der Stelle, ehe ich euch die Tür öffne und mich vergewissert habe, dass uns keine Gefahr droht. Einverstanden?«, sagte Salietti leise.
    Weynelle und Grimpow nickten, doch als der Ritter gerade auf das Haus zureiten wollte, war plötzlich hinter einem der Fenster ein Lichtschein zu sehen. Er hielt inne, als hätte jenes Licht sein Pferd zu Stein erstarren lassen.
    »Im Haus ist jemand!«, rief er dann.
    »Das Fenster gehört zum Studierzimmer meines Vaters!«, sagte Weynelle beunruhigt.
    »Hatte außer euch noch jemand einen Haustürschlüssel?«, fragte Grimpow. Er war genauso verstört wie seine beiden Freunde.
    Weynelle schüttelte den Kopf, unfähig, ein Wort herauszubekommen. Es lag Grimpow auf der Zunge, ihnen von dem Schatten in Notre-Dame zu erzählen. Aber er besann sich rasch eines Besseren, schließlich wollte er Weynelle nicht noch mehr ängstigen.
    Salietti stellte sich mit seinem Pferd neben die junge Frau und streckte die Hand nach ihr aus. »Ich habe euch ja gesagt, dass es sehr gefährlich sein würde, hierherzukommen«, sagte er. »Irgendjemand hat offenbar euer Haus in Beschlag genommen, in der Annahme, dass du und dein Vater nicht zurückkehren würdet«, setzte er zornig hinzu.
    »Aber das konnte doch niemand wissen«, wunderte sich Weynelle, als der erste Schreck überwunden war.
    »Burumar de Gostelle und einige seiner Späher oder Lakaien schon. Wenn du möchtest, klopfe ich an die Tür, dann wissen wir es genau, aber das wäre ebenso töricht, als wollte ich laut herausrufen, dass du oder jemand, der deinem Vater und den Weisen des Ouroboros-Geheimbundes sehr nahesteht, in Paris ist«, gab Salietti zu bedenken.
    »Nein, ich glaube, es wäre wirklich eine Riesendummheit, wollten wir die Schergen des Inquisitors erneut auf uns aufmerksam machen«, sagte Weynelle und war entschlossen, jeden Anflug von Selbstmitleid zu unterdrücken.
    »Dann lasst uns Paris für immer Lebewohl sagen. Hier hält uns nichts mehr«, erklärte Grimpow.
    »Was soll aus uns werden, wenn unsere Suche in Chartres zu Ende geht? Wir können nicht für den Rest unserer Tage als Geächtete durch die Lande ziehen und von einem Ort zum anderen fliehen, stets in der Furcht, gefasst zu werden?«, sagte Weynelle.
    »Wir gehen nach Italien. Ich will die kleine Burg meines Großvaters im Piemont loswerden. Mit dem Geld kaufen wir uns ein Haus in Florenz, der freien, wohlhabenden Republik abseits des Einflussbereichs von Päpsten und Herrschern. Dort fangen wir ein neues Leben an, ohne uns vor den Schrecken der Inquisition und der Gier des mächtigen Königs von Frankreich fürchten zu müssen. Wir sind jetzt wie eine Familie, und Grimpow braucht ein Heim, in dem er aufwachsen, und eine freie Universität, an der er studieren kann. Nur so kann er später einige Weise um sich scharen und einen neuen Geheimbund gründen, der auch weiterhin den Namen Ouroboros tragen wird.«
    Rund um das Südtor der Pariser Stadtmauer herrschte ein einziges Gewühl aus Kutschen, Pferde- und Eselskarren, Reittieren und Fußgängern. Als sie die Stadt verließen und sich die Umrisse von Zinnen und Türmen in ihren Rücken gegen den dunklen Nachthimmel abzeichneten, blickte sich Grimpow nicht ein einziges
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