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Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Titel: Grimpow Das Geheimnis der Weisen
Autoren: Rafael Abalos
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Übergangs dort befinden müssen«, sagte Salietti.
    »Was machen wir, wenn sich die Säulen des Übergangs nicht dort befinden? Wenn sie hier in Paris sind, in dieser Kathedrale, ganz in unserer Nähe, und wir nur nicht darauf kommen?«, wollte Grimpow wissen, der im Geiste unermüdlich eine zufriedenstellende Antwort auf diese Frage suchte.
    Weynelle beschloss, den Grübeleien ihrer Freunde etwas entgegenzusetzen. »Wenn wir uns die Landkarte des Unsichtbaren Weges ansehen, lässt sich Folgendes ablesen: Die Säulen des Übergangs befinden sich im Westen der Insel Ipsar und außerhalb davon. Deshalb kann das Geheimnis der Weisen eigentlich nicht hier in der Kathedrale versteckt sein. Ich glaube auch nicht daran, dass es sich in Reims verbirgt, weil die Stadt östlich von Paris gelegen ist. Damit blieben uns nur noch Amiens und Chartres, das eine im Nordwesten und das andere im Südwesten von Paris. Angenommen Salietti hätte mit seiner Vermutung recht, dann läge das Geheimnis der Weisen in Amiens. Wenn wir aber auf Grimpows Meinung hören, dann liegt Chartres genau an der Stelle des Unsichtbaren Weges, wo sich im Sternbild Jungfrau der hellste Stern befindet. Nun müssen wir uns nur noch irgendwie Gewissheit verschaffen, zu welcher dieser beiden Städte wir unsere Schritte lenken sollen.«
    In diesem Augenblick fielen die Strahlen der untergehenden Sonne durch die Glasfenster der großen Rosette an der Hauptfassade der Kathedrale und ließen sie aufstrahlen, wie das Herd feuer des Alchimisten seinen Destillierkolben zum Leuchten bringt.
    »Genau da ist die Antwort und wir haben sie nicht gesehen!«, rief Grimpow aus und verfolgte das prächtige, farbenfrohe Spiel, das die Sonnenstrahlen in der Rosette schufen.
    Weynelle und Salietti starrten auf die erleuchteten Glasfenster, als hätten sie deren Zauber noch gar nicht wahrgenommen, erkannten aber nicht, welches der vielen Glasbilder ihnen nun Antwort auf ihre Frage gab.
    »Meinst du die Glasfenster der Rosette?«, drängte Weynelle.
    »Nein«, erwiderte Grimpow und nahm das Stück Pergament mit seinen Aufzeichnungen und den Kohlestift zur Hand. »Ich meine die Landkarte des Uns ; chtbaren Weges.«
    »Komm, spann uns nicht so auf die Folter«, versetzte Salietti ungeduldig.
    Zur Erklärung malte Grimpow noch einmal die Schriftzeichen auf, die die Sternkarte umgaben.

    »Wir wissen, dass das Geheimnis der Weisen etwas mit dem Wort ARS zu tun hat, das in der Mitte der Landkarte direkt unter der Sternkarte steht. Und wir haben daraus den Schluss gezogen, dass die Kunst in den Kathedralen zu finden ist...«
    »Was folgerst du aus dieser Überlegung?«, schnitt ihm Salietti das Wort ab.
    »Dass sich die Kunst in einer ganz bestimmten Kathedrale befindet, nämlich der von...

Eine Blume im Labyrinth

    N achdem sie die Kathedrale von Notre-Dame durch das Hauptportal verlassen hatten, liefen sie zur Herberge und holten ihre Pferde. Dann ritten sie denselben Weg zurück, wechselten über eine schmale Brücke ans linke Seineufer und steuerten auf das Universitätsviertel zu, in dem Weynelles Elternhaus gelegen war.
    Um jene frühe Abendstunde waren die Straßen voller Studenten. Lachend und lärmend gingen die jungen Männer in den Schenken ein und aus, unterhielten sich in Grüppchen an den Straßenecken und hier und da stand einer vor dem Fenster einer Jungfer und machte ihr den Hof. Die meisten sprachen Latein, weshalb jenes Pariser Stadtviertel auch Quartier Latin hieß.
    Es dämmerte bereits, als sie mit ihren Pferden über den schwach beleuchteten Vorplatz der Sorbonne trabten, wo Fackeln an der Fassade des schlichten Universitätsgebäudes brannten. Dort hatte der weise Gandalf Labox viele Jahre lang seine Vorlesungen gehalten. Salietti erinnerte sich an seine beiden Studienjahre, und Weynelle durchfuhr es freudig beim Wiedersehen der Stätte, die sie von klein an so häufig mit ihrem Vater aufgesucht hatte. Doch diesmal fürchtete sie sich und rechnete auf Schritt und Tritt damit, erkannt und gefragt zu werden, warum ihr Vater und sie eines Tages spurlos verschwunden waren, ohne je wieder etwas von sich hören zu lassen.
    Sie kamen durch dämmrige, nur hier und da von einer Öllampe oder einer Fackel erhellte Gassen, weshalb die Wahrscheinlichkeit, dass jemand die bildhübsche junge Weynelle Labox im Dämmerlicht erkannte, eher gering war. Mehrere Wagen fuhren, mit Vieh beladen, laut polternd auf dem Kopfsteinpflaster an ihnen vorüber und nötigten sie, sich eng an
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