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Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz
Autoren: Unbekannter Autor
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sie. Ja, sie war so schön. Wie Sie.«
    Das Mädchen errötete noch mehr. »O... « Mit einer lässigen Handbewegung wischte sie das Kompliment beiseite. Dann fragte sie: »War es eine Freundin von Ihnen?« Sie deutete mit dem Kopf auf die Aufnahmen.
    »Nein. Das sind nicht meine Bilder.«
    Oho, und ob.
    Jury leerte die Kaffeetasse in einem Schluck, legte mehr als genug Geld auf den Tresen und wandte sich zum Gehen. Die Brünette mit dem eisigen Blick saß immer noch da und steckte sich gerade wieder eine Zigarette zwischen die Lippen. Die von vorhin war also erst die vorletzte Zigarette auf der ganzen Welt gewesen.
    Und diese war nun die letzte.
4
    Der Hund Stone war noch vor Carol-Anne Palutski in Jurys Wohnzimmer, legte sich vor Jurys Ohrensessel nieder und schlief ein. Jury fand Hunde schon erstaunlich.
    Allerdings nicht so sehr, wie Carol-Anne Palutski ihn erstaunte. Sie stand in der Tür, angetan mit einem kurzen Kleidchen in knalligem Blau. Wortlos hielt er die Tür ein
    Stückchen weiter auf. Sie trat ein.
    Er wusste nicht, wieso sie auf seiner Schwelle gezögert hatte, denn sie ließ sich umgehend auf sein Sofa plumpsen. Unsichtbare Fäden schienen Carol-Anne von Ort zu Ort zu ziehen, als wollte jeder Raum ein Kostpröbchen von ihr haben.
    »Es ist Samstagabend, und ich glaub kaum, dass Sie ins NeunEins-Neun runter wollen?«
    Dort hatte Stan Keeler immer seinen Gig, wenn er zu Hause war. Zu Hause hieß, in der Wohnung direkt über Jury. »Warum denn so defätistisch? Seit wann ist Stan wieder da?«
    »Seit gestern Abend. Sie waren aber nicht hier«, fügte sie vorwurfsvoll hinzu.
    Die Wohnung im zweiten Stock hatte aufgrund von Carol-Annes hausmeisterlichen Fähigkeiten jahrelang leer gestanden. Sie hatte den Eigentümer überredet, sie mit der Vermietung zu betrauen, um Gesindel fernzuhalten, wobei sie unter Gesindel weibliche Wesen verstand, verheiratete Paare und sämtliche Männer, die ihren Maßstäben nicht entsprachen. So war es im Oberstock also still gewesen, bis Stan Keeler mit seiner Gitarre und seinem Hund Stone eingezogen war, einem karamellfarbenen Labrador, der sich nun über Jurys Füße drapierte und von endlos weiten Feldern träumte.
    Carol-Anne erinnerte ihn ein wenig an das rothaarige Mädchen, obwohl das Rot von Carol-Annes Haar mehr mit Gold durchmischt war. Außerdem saß das Herz in ihrem herrlichen Körper genau am rechten Fleck.
    Sie legte die Füße auf den mit Zeitungen und Zeitschriften übersäten Beistelltisch, nahm sich ein Exemplar von Time Out und begann es durchzublättern. Dann meinte sie gähnend: »Soll ich das >nicht so defätistisch< als Ja auffassen?«
    Er fand ihre zur Schau gestellte Gleichgültigkeit einfach köstlich.
    »Ja.«
    »Gut. Also etwa um elf?« Das Neun-Eins-Neun kam immer erst kurz vor Mitternacht richtig in Fahrt. Sie schaute wieder stirnrunzelnd in das Veranstaltungsmagazin. »Ich weiß gar nicht, warum Sie es kaufen. Sie gehen ja sowieso nirgendwo hin.«
    »Tu ich doch. Ich gehe sogar viel weg. Sie sind eben nicht dabei, wenn ich was unternehme.« Den Kopf an die Rückenlehne seines Sessels gestützt, war er sich wohl bewusst, dass sie ihn eingehend musterte. Ein geheimes Leben ?, dachte sie wohl. Das machte ihr nämlich zu schaffen.
    »Wohin denn?«
    »In die City, zum Beispiel, wo ich übrigens heute war. Um einen alten Freund zu besuchen, in den Pubs vorbeizuschauen, den Coffeeshops. Überall. Habe eine nette Kellnerin getroffen, wirklich hübsch.« Sie musterte ihn neugierig. Jury lächelte. Carol-Anne schien sich manchmal nicht sicher zu sein, ob dieser Jury vor ihren türkisblauen Augen vielleicht einmal einfach verschwinden würde. »Sie würden staunen, was ich manchmal alles anstelle. Auch wenn Sie jenseits dieser vier Wände kein Leben für mich sehen« - im Starrdust in Covent Garden hatte Carol-Anne einen Job als Wahrsagerin - »führe ich doch ein recht ereignisreiches.«
    Daraufhin tischte er ihr eine wilde Geschichte von einem Fall auf, den er gerade aufgeklärt hatte, wobei er seine eigene Rolle heftig überzeichnete. Ihrem erschrockenen Blick nach hätte es ihn nicht gewundert, wenn er für sie allmählich mehr Mythos als Mensch war.
    »Was für eine Kellnerin?«, sagte sie.
5
    Es war Sonntag, und Jury wurde seine tiefe Niedergeschlagenheit über Mickey Haggertys Schicksal einfach nicht los. Schicksal, Verhängnis. Unheilbare Krankheit. Unendliches Leid. Er versuchte sich vorzustellen, wie es ihm an Mickeys Stelle erginge. Doch es
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