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Greystone Saga: Mit Schwert und Feder: 1 (German Edition)

Greystone Saga: Mit Schwert und Feder: 1 (German Edition)

Titel: Greystone Saga: Mit Schwert und Feder: 1 (German Edition)
Autoren: Dana Graham
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Einladung ihres Bruders angenommen hatte. Niederträchtig und einfältig, wie es Baron bis zum Schluss behauptet hatte, war Ian bestimmt nicht. Im Moment sah er tief erschöpft aus. Sein Leben in Darkwood war alles andere als leicht gewesen. Aber die Zeit in Greystone würde für ihn auch nicht einfach werden. Die jungen Männer, mit denen er zusammen unterrichtet werden würde, hatten ihm viel voraus: jahrelange Schulbesuche, Reisen in fremde Länder und Aufenthalte am Königshof. Erfahrungen, die ihm völlig fehlten. Wie sollte er diese Versäumnisse erklären? Und würde es ihm überhaupt gelingen, sich in Greystone einzuleben? Bis jetzt hatte er so gut wie gar nicht mit ihnen gesprochen.
    Joanna seufzte. Ian würde jede Art von Unterstützung dringend nötig haben. Schon vor ihrem Versprechen an Charlotte hatte sie vorgehabt, ihm zu helfen. Doch ob es ausreichen würde, wusste sie nicht. Aber alles Grübeln half jetzt nichts. Vielleicht hielt ihr Bruder bereits eine Lösung parat, die sie nicht sah. Schließlich war es seine Idee gewesen, Ian einfach mitzunehmen.
     
    Ian schlief nicht. Tausend Gedanken gingen ihm durch den Kopf. Hätte ihm gestern Morgen jemand gesagt, er dürfte nach Greystone gehen, er wäre restlos begeistert gewesen. Aber schon jetzt begann er an seiner Entscheidung zu zweifeln. Hier saß er nun in seinen schäbigen Kleidern und befürchtete, das Polster der Kutsche zu beschmutzen. Der Küchenjunge hatte ihm in der Frühe die Botschaft des Earls überbracht und er war zum Fluss gelaufen, um sich notdürftig zu säubern. Aber etwas anderes zum Anziehen besaß er nicht. Genau genommen besaß er gar nichts, außer den Kleidern, die er am Körper trug und einem Messer, das an seinem Hosenbund befestigt war. Warum nur war er in den Burghof zurückgekehrt? Wegen einem Paar schöner haselnussbrauner Augen, wie er jetzt wusste. Gerne würde er Lady Joanna ein Kompliment dafür machen oder ihr wenigstens eine amüsante Geschichte erzählen, die sie zum Lachen und ihre Augen zum Funkeln brächten. Zwar hatte Charlotte ihm alle Floskeln und Regeln für das Gespräch mit einer Dame beigebracht, aber was sollte er berichten? Dass die beste Milchkuh letzte Woche gestorben war? Dass er nach drei Jahren des Ausprobierens endlich die richtigen Wachstumsbedingungen für den Blauweizen gefunden hatte? Oder dass sie im Dorf ein neues Backhaus gebaut hatten? Nichts, was er zu erzählen hatte, würde die Lady auch nur ansatzweise interessieren. Deshalb zog er es vor, den Mund zu halten. Nicht zum ersten Mal wünschte sich Ian, mehr wie Ronen zu sein. Sein Bruder war gebildet, selbstsicher und erfahren im Umgang mit höhergestellten Adligen. Er selbst war kaum besser als ein Knecht. Jemanden wie ihn würdigte Lady Joanna unter normalen Umständen keines Blickes, geschweige denn, dass sie eine Kutsche mit ihm teilte. Bestimmt bereute sie schon die Zusage, die sie seiner Schwester gegeben hatte, aufs Tiefste. Es würde ihn nicht wundern, wenn sie ihren Bruder bitten würde, ihn in Riverbanks fortzujagen.
    Um sich von diesen trüben Überlegungen abzulenken, rief Ian sich ins Gedächtnis, was er über die Akademie von Greystone wusste. Anlass für die Gründung war der rasante Aufstieg des Bürgertums gewesen. Wohlhabend und hoch gebildet, erlangten reiche Bürger zunehmend Ämter an weltlichen und kirchlichen Höfen und wurden zu einer politischen Macht, und einer Konkurrenz für den Adelsstand. Die Akademie wollte jungen Adligen das bürgerliche Wissen vermitteln und sie in der kaufmännischen Denkweise schulen. Daneben erhielten die männlichen Studierenden eine anspruchsvolle Kampfausbildung, die sie für den Dienst in höchsten militärischen Positionen befähigte. Burg Greystone war als Standort ausgewählt worden, da Lord Greystone, der Vater des jetzigen Earls, bereit gewesen war, die notwendigen baulichen Maßnahmen durchzuführen und die Leitung der Einrichtung zu übernehmen. Als er und seine Frau vor vier Jahren verstarben, trat sein Sohn mit nur dreiundzwanzig Jahren sein Erbe an. Ronen hatte die Akademie besucht, vom Unterricht dort geschwärmt und den Earl zum Freund gewonnen. Und nun würde er selbst dort hingehen. Ian stöhnte innerlich. Jetzt war er mit seinen Gedanken wieder da, wo er angefangen hatte.
     
    Zur Mittagsstunde näherten sie sich dem Städtchen Riverbanks. Der Fluss, dem sie gefolgt waren, mündete hier in einen Strom, der Richtung Meer floss. Schon seit längerer Zeit hatte der
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