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Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Titel: Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)
Autoren: Ruth Berger
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eine lose Strähne an der Wange, die sie kitzelt, da brodelt ihr der Ärger immer höher.
    «Wenn du mal beim Kochen richtig aufpassen tätest», giftet sie unvermittelt, «müsst ich mich abends hier nicht so plagen.»
    «Koch du doch, wenn du’s besser kannst», faucht die Susann zurück, um nach einer Pause etwas ruhiger anzufügen: «Du hast aber heut Abend eine Laune.» Und in der Tat hat die Christiane eine Laune, und zwar eine gottverdammt beschissene. Mit gutem Grund, indem sie nämlich am frühen Abend, während sie allein vorn in der Bierstub bedienen musste, das Pech hatte, durch die Stuben-, Kammer- und Küchentür die überlaute Lobhudelei der Frau Bauerin bezüglich der Susann mindestens zur guten Hälfte mitzubekommen. Die beste Magd, die sie je hatte! Aha. So ist das also. Die Christiane, die mindestens so gut arbeitet wie die Susann, die ist offenbar jetzt bei der Bauerin abgeschrieben. Da könnt sie ja genauso gut gleich gar nichts mehr tun, wenn es so wenig auffällt, dass sie sich anstrengt. Sie hatte ein bisschen gehofft, dass sie, wenn sie immer brav ihren Dienst verrichtet, vielleicht einmal den Christoph heiraten könnte, den älteren Sohn und Erben von der Bauerin. Christoph und Christiane, das würd schon vom Namen her gut zusammen passen. Doch das kann sie nun wohl vergessen. Auch da wird viel eher die Susann zum Zug kommen. Die Bauerin hat es ja fast schon ausgesprochen, von wegen, sie möcht die Susann nie wieder missen aus ihrem Haus.− Und warum wird die Susann so bevorzugt? Nur, weil sie die kleine Schwester und der Augapfel von der tauben Frau vom Schreiner Hechtel ist, die wiederum die gute Freundin von der Frau Bauerin ist. So geht das im Leben. Es gibt keine Gerechtigkeit.
    «Ich will dir sagen», keift sie jetzt neuerlich los, «was mir üble Laune macht: dass du dir nämlich immer die leichten Arbeiten aussuchst, und der ganze Dreck bleibt dann an mir kleben.»
    «Ach ja?!» Der Susann blitzen die Augen. «Seit wann ist Kochen leicht? Ich steh bestimmt länger am Herd, als du zum Putzen und Abspülen brauchst. Und wenn’s nicht schmeckt, bin immer ich schuld. Außerdem hol ich das Wasser und den ganzen Einkauf, weil du’s angeblich im Rücken hast.»
    «Das machst du doch gern!», höhnt die Christiane. «Kannst dann immer hübsch lang ausbleiben und mit den Mannspersonen schäkern! Ich hab dich gesehen neulich, wie du vorn an der Bornheimer Pfort rumgelungert bist und hast geturtelt mit dem einen Soldaten von der Konstablerwache, dem langen Lulatsch mit den Segelohren. Endlich mal einer, der genauso lang ist wie du, gelt. Musst nur schön aufpassen, dass dir nicht den Ruf verdirbst, es wird nämlich schon geredet über dich, und wenn das die Frau Bauerin erfährt, wird sie dir auch nicht mehr so hold sein.»
    Der Susann lief allmählich die Galle über. Zumal ihr Gewissen bezüglich des genannten großen Konstablers blütenrein war, indem sie nämlich genau drei Worte mit ihm gewechselt und ihn dann abgewimmelt hatte.
    « Du musst grad reden!», ruft sie. «Du mit deinem Jockel!»
    Bei selbigem Jockel handelte es sich um den verflossenen Freund von der Christiane, der im letzten Sommer öfter die Susann auf ein halbes Stündchen aus der Küche vertrieben hatte, um mit der Christiane unbemerkt allein zu sein und bestimmt mehr als nur Süßholz zu raspeln. Eine schlechte Verteidigung war es also nicht, die Christiane an den Jockel zu erinnern. Nur war die Susann ziemlich heftig und vor allem laut dabei geworden. Und dass sie sich danach erschrocken die Hand vor den Mund hielt, half wenig, denn schon ging quietschend die Tür der zwischen Wohnstube und Küche gelegenen Kinderschlafkammer auf. Dort schlief heute, weil es im Erdgeschoss so schön kühl war, neben dem einzig im Haus verbliebenen Sohn Christoph auch die Frau Bauerin selbst, oder vielmehr, sie hatte zu schlafen versucht. Mit wirrem Haar erschien sie im Türrahmen, wegen der Hitze ohne Schlafhaube, und schimpfte die Susann an: Was das Gekeife bei Nacht solle, und sie bitte doch sehr, sich zu mäßigen!
    Worauf sie mit einem Knall die Türe wieder schloss.
    Die Mägde sprachen nun nicht mal mehr flüsternd miteinander, was nicht schwerfiel, da sie sich fürs Schweigen gerade gram genug waren. Nachdem das spärliche Licht gelöscht war, schlüpften sie in das gemeinsame Bett. Zumindest eine von ihnen, nämlich die Susann, fand da aber nicht allzu schnell den Schlaf.
     
    Nicht nur, dass sie nie schlafen kann, wenn es
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