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Grazie

Grazie

Titel: Grazie
Autoren: Chelsea Cain
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kleinen
digitalen Aufnahmegerät, das sie auf dem Schoß versteckt hatte, um sich
zu vergewissern, dass es an war. Es surrte unter ihren Fingerkuppen,
und sie fühlte sich sofort beruhigt. Hinter dem Anwalt kam ein junger
Mann mit einer roten Baseballkappe in die Bar und setzte sich allein an
einen Tisch.
    Der Anwalt wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Der Herald wird die Geschichte also bringen?«
    »Möchte Senator Lodge dazu Stellung nehmen?«, fragte Parker.
Er hob die Hand und ließ ein paar Körner Popcorn in den offenen Mund
fallen.
    »Er streitet es ab«, sagte der Anwalt.
    Susan lachte.
    Der Anwalt schob seine Prada-Brille höher. »Sie können von
Glück reden, dass er überhaupt Stellung nimmt«, sagte er, und sein
Gesicht rötete sich.
    In diesem Moment schwor sich Susan, dass sie John Lodge und
die Arschlöcher, die ihn all die Jahre geschützt hatten, zu Fall
bringen würde. Lodge wurde allgemein verehrt für das, was er für den
Bundesstaat getan hatte. Aber nach Donnerstag würde man ihn als das
sehen, was er war: ein Vergewaltiger, Manipulant, Erpresser und
Betrüger. Sie drückte ihre Zigarette in dem schwarzen
Plastikaschenbecher auf dem Tisch aus. »Er streitet es ab?«, sagte sie.
»Er hat die Babysitterin seiner Kinder gefickt und enorme Anstrengungen
unternommen, die Sache zu vertuschen, unter anderem, indem er sie
gekauft hat.« Sie zog eine weitere Zigarette aus der Packung und
zündete sie mit einem Plastikfeuerzeug an. Susan rauchte nur, wenn sie
nervös war, aber das wusste der Anwalt nicht. »Ich habe zwei Monate
lang an dieser Geschichte gearbeitet«, sagte sie. »Ich habe Molly
Palmer auf Band. Ich habe Interviews mit damaligen Freundinnen von
Molly, die ihre Version der Ereignisse stützen. Ich habe Bankauszüge,
die belegen, dass Geld von Ihrer Anwaltskanzlei auf Mollys Konto
geflossen ist.«
    »Ms. Palmer war Praktikantin bei uns«, sagte er und spreizte
die Hände zu einer Unschuldsgeste.
    »Einen Sommer lang«, sagte Susan. Sie zog an der Zigarette,
legte den Kopf zurück und blies den Rauch aus. Sie ließ sich Zeit, weil
sie wusste, dass sie ihn hatte. »Ihre Kanzlei hat sie danach fünf Jahre
lang weiterbezahlt.«
    Die Mundwinkel des Anwalts zuckten. »Vielleicht gab es ein
Versehen in der Verwaltung.«
    Susan hätte ihm das höhnische Grinsen am liebsten mit dem
Ellenbogen aus dem Gesicht gewischt. Wozu hatte er sich überhaupt die
Mühe gemacht zu kommen? Dass Lodge alles bestritt, hätte er auch am
Telefon sagen können. »Das ist so ein blödes Geschwätz«, sagte sie.
    Der Anwalt stand auf und musterte Susan abschätzig. Wenn man
so aussah wie sie, gewöhnte man sich daran, aber von diesem Typen
machte es sie leicht wütend. »Wie alt sind Sie?«, fragte er Susan.
»Fünfundzwanzig?« Er machte eine Handbewegung zu ihrem Kopf hin.
»Glauben Sie, die Menschen in diesem Bundesstaat lassen zu, dass ein
Mädchen mit blauen Haaren und irgendwelchen politischen Hintergedanken
einen beliebten Senator zu Fall bringt, den sie fünfmal in dieses Amt
gewählt haben?« Er schob sein Gesicht direkt vor ihres, so nahe, dass
sie sein Aftershave riechen konnte. »Selbst wenn Sie die Geschichte
veröffentlichen, wird sie folgenlos bleiben. Und Sie werden sie nicht
veröffentlichen. Weil ich Sie verklagen werde, wenn der Herald auch nur daran denkt.« Er stieß den Zeigefinger in Richtung
Parker. »Und Sie auch.« Dann schob er die Brille ein letztes Mal höher
und trat einen Schritt vom Tisch zurück. »Der Senator bestreitet alle
Vorwürfe«, sagte er. »Darüber hinaus hat er nichts zu sagen.« Er drehte
sich um und machte sich auf den Weg zur Tür.
    »Ich bin achtundzwanzig«, rief ihm Susan nach. »Und die Farbe
heißt Atomic Türkis.«
    Parker setzte sein Whiskey glas an den Mund. »Das lief doch
gut«, sagte er.
    »Ja, klar«, sagte Susan. »Die schlottern vor Angst.«
    »Vertrau mir«, sagte Parker. Er nahm einen Zahnstocher aus
einer Schale auf dem Tisch und bohrte nach einem Stück Popcorn, das ihm
zwischen den Zähnen stecken geblieben war.
    Susan hatte ihn nie mehr geliebt.
    Er sah sie an und blinzelte. »Die machen sich ins Hemd vor
Angst«, sagte er.
    Susan hatte den Eindruck, als rötete sich sein Gesicht vor
Stolz.
    Aber vielleicht lag es einfach nur am Whiskey.

_3_
    A rchie stand mit den Schlüsseln in der Hand
vor seiner Haustür. In den eineinhalb Jahren, die er und Debbie
getrennt gewesen waren, hatte sie nie um den Schlüssel gebeten, und er
hatte nie angeboten,
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