Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Graveminder

Graveminder

Titel: Graveminder
Autoren: Melissa Marr
Vom Netzwerk:
Welt – Claysville – wäre schließlich nur eine Fortsetzung von dieser geworden.« Er schien sich nicht vor Rebekkahs Urteil zu fürchten, sondern wartete einfach ab.
    »Und Abigail?«, hakte Rebekkah nach.
    »Sie fand einen Mann, einen Lebenden, der sie beschützte.«
    »Den ersten Undertaker«, murmelte Rebekkah.
    Charles nickte. »Sie haben dazu beigetragen, den Vertrag mit der Stadt zu schließen, in dessen Folge immer neue Graveminder und Undertaker in ihre Fußstapfen treten.«
    »Weil Sie einen Fehler begangen haben«, bemerkte sie.
    »Weil ich mich verliebt hatte«, gestand er.

57. Kapitel
    Ohne sich umzusehen, wusste Rebekkah, dass Byron eingetreten war, denn Charles flehentliche Miene wich einem anzüglichen Grinsen. »So geliebt zu werden, hat schon etwas für sich, oder?«
    »Sie wissen, dass ich ihm alles erzählen werde, nicht wahr?«, sagte sie.
    »Natürlich.« Charles lächelte. »Aber wenn man so alt wird wie ich, lernt man, sich die Freuden zu nehmen, wenn sie einem geboten werden.«
    »Niemand bietet Ihnen etwas an.« Doch Byrons Stimme klang eher erschöpft als verärgert. Er zog sich einen Stuhl heran, drehte ihn mit der Lehne nach vorn und setzte sich rittlings darauf.
    Mit einem zufriedenen Blick schnippte Charles mit den Fingern, worauf Ward auftauchte. Er hielt eine staubige Scotchflasche in der einen und Gläser in der anderen Hand. »Einen Drink?«
    Byron nickte, und Ward schenkte ihm ein.
    »Rebekkah?«, fragte Byron.
    »Nein danke.« Verwirrt beobachtete sie, wie Charles und Byron einander misstrauisch beäugten.
    »Ich komme wieder, um den Vertrag zu lesen«, erklärte Byron.
    »Ja, das tun sie alle«, gab Charles in einem merkwürdigen Ton zurück, als hätten sie dieses Gespräch schon öfter geführt.
    »Ich bin aber nicht alle .« Byron griff nach seinem Glas.
    Charles hob ebenfalls seinen Scotch. »Man verliert eben nie die Hoffnung.«
    Beide leerten ihre Gläser. Dann setzte Charles seins ab, griff über den Tisch und nahm Rebekkahs Hand. »Bis zum nächsten Mal, meine Liebe. Seien Sie versichert, dass Sie immer willkommen sind.«
    »Das weiß ich.«
    »Gut.« Charles küsste ihr die Hand und stand auf. Erneut wandte er Byron seine Aufmerksamkeit zu. »Und Sie dürfen gern kommen, um in aller Ruhe den Vertrag durchzugehen.«
    Byron neigte den Kopf zur Seite, stand aber nicht auf. »Ich werde Sie wohl nie leiden können, vermute ich.«
    Charles hob leicht die Schultern. »Das liegt in der Natur der Rollen, die wir spielen. Ich werde Rebekkah daran erinnern, dass sie hier über eine Welt regieren könnte. Sie werden Ihr Möglichstes tun, damit sie nicht vergisst, dass das Leben für die Lebenden da ist.« Kurz huschte so etwas wie Mitleid über seine Züge. Dann sah er Rebekkah an. »Und wir werden beide versuchen, sie vor den Toten zu schützen, wenn sie vergisst, dass sie gefährlich sind.«
    Ward durchquerte den Raum und öffnete die Tür. Charles folgte ihm. »Im Gegensatz zu Alicia schreibe ich nicht an. Der Scotch ist ein Geschenk. Ohne Bedingungen.«
    Und dann war er fort.
    Eine Weile saßen sie schweigend da, dann stand Byron auf, beugte sich vor und zog Rebekkah zu einem langen Kuss in die Arme. »Lass uns heimgehen!«, sagte er dann.
    Trotz allem, was Rebekkah wusste, spürte sie doch einen Anflug von Trauer, weil sie Charles und das Land der Toten verließ. Ob es ihr gefiel oder nicht, sie gehörte tatsächlich beiden Welten an. Sie machte sich keine Illusionen darüber, Charles könne vollkommen vertrauenswürdig sein, aber sie glaubte und vertraute ihm.
    Größtenteils.
    Während Byron die Fackel wieder in die Wandhalterung steckte und den Schrank vor die Tunnelöffnung schob, ließ Rebekkah seine Hand nicht los. Sie hielt sie weiter, als sie durch den Lagerraum gingen und in den Flur traten. Er gab ihre Hand gerade lange genug frei, um die Tür abzuschließen, und in der Sekunde, als er damit fertig war, ergriff sie sie erneut.
    In einem ungezwungenen Schweigen, wie sie es nie erlebt hatte, stiegen sie die Treppe hinauf. Sie ließ sich von ihm in die Jacke helfen, setzte den Helm auf, und dann rasten sie auf der Triumph in die Nacht hinaus. Es war keine Frage, wohin sie fuhren – und Rebekkah wurde bewusst, dass sie seine Wohnung noch nie gesehen hatte und dass es wahrscheinlich zu keinem Besuch mehr käme, bis er auszog. Das Bestattungsinstitut war nun sein Zuhause. Wieder. Genau wie Maylenes Haus jetzt ihr Heim war. Wieder. Sie waren beide dort, wo sie sein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher