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Grauen im Grand Hotel

Grauen im Grand Hotel

Titel: Grauen im Grand Hotel
Autoren: Jason Dark
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Mann zu.
    »Du kannst essen!«
    Der federte auf und ab. »Ist das… ist das wirklich meine letzte Mahlzeit?«
    »Ja, verdammt. Oder glaubst du, daß ich dich hier noch anlüge.« Die Frau ging zur Tür und schloß sie. »Wenn du die Schüssel leer hast, sehen wir weiter.«
    »Ja, das ist gut, das liebe ich. So ist es mir aber auch versprochen worden«, sagte er mit einem schon vorwurfsvollen Ton in der Stimme.
    »Ihr müßt euch daran halten.«
    »Keine Sorge, Degen.« Die Frau hatte den Tisch wieder erreicht und hob mit einem Ruck den Deckel ab.
    Der Dampf hatte freie Bahn. Gleichzeitig mit ihm breitete sich ein scharfer Fleischgeruch aus.
    »Kennst du den Geruch, Degen?«
    »Ich… ich weiß nicht so recht.«
    »Komm her.« Sie holte aus ihrer Tasche einen Löffel. »Es ist dein Lieblingsgericht.«
    »Ja, danke, danke, ich komme.« Er jubelte die Antwort. Plötzlich steckte er wieder voller Energie, er sprang vom Bett und holte schwungvoll den Stuhl mit einem sicheren Griff herbei, damit er vor seinem Teller Platz nehmen konnte. Er nahm den Löffel, schielte noch einmal hoch in das Gesicht der neben ihm stehenden Frau, sah ihr aufforderndes Nicken und fing damit an, seine letzte Mahlzeit einzunehmen. Es war kein Essen, es war ein Schaufeln, ein Schlingen, begleitet von schmatzenden, schlürfenden und keuchenden Geräuschen, denn bei dieser Eile hatte er Schwierigkeiten, Luft zu holen.
    »Du weißt, daß du die Schüssel leeren mußt, nicht wahr, Degen?«
    Der Mann nickte, ohne sich beim Essen stören zu lassen. Es machte ihm nichts aus, daß die Soße wie braune, alte Blutstreifen an seinem Kinn entlangrann. Was er mit der Zunge weglecken konnte, das leckte er weg, alles andere glitt den Hals hinab, um im Kragen des T-Shirts zu versickern.
    Die Frau schaute ihm zu. Ihr Gesichtsausdruck verriet, daß sie mit ihrem
    ›Patienten‹ sehr zufrieden war. Wie alle anderen auch hielt er sich an die Regeln, und er kratzte auch den letzten Rest Fleisch und Soße aus der gekanteten Schüssel.
    Die Frau nickte ihm zu. »War es gut?«
    »Ja«, stöhnte er, drückte sich auf dem Stuhl zurück, rieb seinen Bauch.
    »Sogar sehr gut.«
    »Das freut mich.«
    »Bin ich jetzt würdig, in den Tod zu gehen?«
    Sie streichelte über seinen Kopf. Das borstige Haar schien dabei zu knistern. »Ja, mein Lieber, du bist würdig. Die große Chance wartet auf dich.«
    »Und wann?«
    »Sofort, wenn du willst.«
    Hätte die Frau ihn nicht an der Schulter festgehalten, so wäre er in die Höhe gesprungen. Aber er blieb sitzen und leckte noch einmal über seine Lippen wie eine Katze, der es ausgezeichnet geschmeckt hat. Zwei Finger steckte die Frau in den Mund.
    Ein schriller Pfiff ertönte.
    Wieder drangen Schritte vom Gang her in den Raum. Und dann kamen die Henker!
    ***
    Sie waren zu zweit! Sie trugen feuerrote Kittel und hatten ihre Schädel kahl geschoren. Die Gesichter wirkten künstlich, wie gemalt und so, als wären tote Schädel auf tote Körper gesetzt worden. Die Frau war einen Schritt zur Seite getreten, um Degen den Blick nicht zu versperren. Er starrte sie an, er war glücklich, er nickte ihnen zu, er breitete die Arme aus, ohne jedoch eine Chance zu bekommen, die beiden zu umfangen.
    »Meine Freunde!« rief er. »Meine lieben Freunde. Bringt mich auf den letzten Weg, meine Freunde. Begleitet mich. Bringt mich zu meiner neuen Welt — bitte…«
    Die Frau nickte. Degen wünschte sie eine gute Reise in die andere Welt, dann verließ sie den Raum. Erst als sie nicht mehr zu sehen waren, kamen die beiden Henker näher.
    Ihre Bewegungen waren identisch. Die beiden hätten Zwillinge sein können, und sie faßten auch zugleich zu.
    Der eine die rechte, der andere die linke Schulter des Mannes. Degen schrak zusammen, als er die harten Griffe spürte, dachte an sein Schicksal und schaute zum Fenster, wobei er wissen wollte, ob es draußen schon dunkel war.
    »Dunkel genug!«
    »Ich danke euch…«
    Mit unbewegten Gesichtern und hart klingenden Schritten schleiften sie Cornell Degen aus dem Raum in den düster wirkenden Hotelflur. Sie gingen nicht zum normalen Lift, sondern nahmen die Nottreppe, um eine Etage tiefer zu gehen.
    Erst dort befand sich die Stahltür mit der roten Aufschrift EINTRITT VERBOTEN.
    Das galt nicht für die Henker. Sie schlossen auf und stießen den Delinquenten in ein von Metallwänden umrahmtes Kabuff. Er ging vor bis zur gegenüberliegenden Wand und drehte sich dort um. Einer der Henker schloß die Tür.
    Es wurde
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