Grappas Gespuer Fuer Schnee
Rudelbach unterhalten. In seiner Bude. Zunächst leugnete er eine nähere Bekanntschaft mit Elberberg. Aber er wirkte unruhig. Dann fiel mir sein Camcorder auf. Eine ziemlich aufwendige Maschine von Sony. Tja, und da hab ich ihn darüber ausgefragt. Wann er die zuletzt benutzt hat und so, und ob er schon mal von einem Flachdach aus gefilmt hat. Das hat er natürlich abgestritten. Und wurde gleichzeitig sehr, sehr unruhig.«
Pöppelbaums Mund stand offen, so gespannt verfolgte er den Bericht.
»Ich habe ihm dann einfach ins Gesicht gesagt, dass er den Hochzeitsmord gefilmt hat. Immer noch leugnete er. Aber dann nahm ich einen Speicheltest von ihm. Und als er wissen wollte, warum, sagte ich ihm, wenn er da oben auf dem Dach gepinkelt habe, dann könnten wir ihm klar beweisen, dass er oben war. Tja. Das hat er dann begriffen. Doof ist er nicht. Er hat gestanden.«
»Was hat er genau gestanden?«, fragte ich aufgeregt.
»Er hat ausgesagt, dass Elberberg Sandra Becker und Thomas Schulz erschossen hat. Rudelbach selbst habe lediglich die Kamera bedient. Natürlich behauptet er, dass Elberberg ihn mit dem Tod bedroht hat, wenn er etwas verrät. Wie sich die Schuld der beiden genau verteilt, wird das Gericht klären müssen. Und er hat dir die DVD in die Tasche gesteckt.«
»Und was ist das Motiv?«, rief ich aus.
Kleist zuckte mit den Achseln. »Morbide Mordlust anscheinend. Elberbergs düstere Fantasien sind wohl der eigentliche Antrieb. Und intellektueller Größenwahn. Dass die beiden dann auf das Thema ›motivloser Mord‹ gestoßen sind, hat wohl eher damit zu tun, dass es dadurch schwierig wurde, auf Elberberg zu kommen. Er wollte einen Mord begehen. Und er brauchte einen Mitwisser. Ohne Rudelbach hätte er nur vor sich selbst geglänzt, und das reichte ihm wohl nicht. Auf das psychologische Gutachten über den Aldwin bin ich gespannt.«
»Brinkhoff ist wirklich in großer Gefahr«, meinte ich.
»Hatte Rudelbach die Möglichkeit, Elberberg zu warnen?«, fragte Pöppelbaum.
»Das wissen wir nicht. Es spricht jedenfalls einiges dafür, dass Elberberg weiß, dass wir ihm auf den Fersen sind, und sich absetzen will. Vor allem die Tatsache, dass er verschwunden ist.«
»Kann die Templiner Polizei uns helfen?«, fragte ich. »War Brinkhoff hier?«
Kleist verneinte.
»Aber irgendwo muss er doch angefangen haben, Informationen zu sammeln!« Mir war ganz schlecht vor Sorge.
»Er hat doch einen Presseausweis«, warf Pöppelbaum ein. »Vielleicht hat er ja zuerst Kollegen um Hilfe gebeten. Also nicht seine alten, sondern die neuen.«
Ich stutzte. Ja, das war es!
Ich zog die Zeitung aus der Tasche. »Wo sitzen die?«
Haribo und eine überraschende Begegnung
Wir ließen die Autos stehen, denn die Zeitungsredaktion war nur einen Steinwurf von der Polizeiwache entfernt untergebracht.
»Ich komme niemals darüber weg, wenn Brinkhoff etwas passiert ist«, stöhnte ich. »Wir sind da.«
Die Geschäftsstelle des Uckermark Kuriers hatte schon geschlossen. In den Fenstern hingen die einzelnen Zeitungsseiten. Ein Kessel Buntes – genau wie beim Bierstädter Tageblatt: Von der Jubilarehrung über die Ausschusssitzung bis hin zur örtlichen Skandalgeschichte waren alle Themen vertreten.
Die Lokalredaktion war durch eine Nebentür zu erreichen. Pöppelbaum klingelte und schon sprang die Tür auf. Wir gelangten in einen Flur, der zu einem Lichthof führte, von dem weitere Türen abgingen.
Ein junger Mann in Jeans und Sweatshirt mit der Aufschrift Kollege kommt gleich trat auf uns zu.
»Hallo, was kann ich für Sie tun?«
Ich sagte mein Begrüßungssprüchlein, zeigte meinen Presseausweis und fragte nach Brinkhoff. »Ist der Kollege vielleicht bei Ihnen gewesen?« Ich beschrieb ihn, so gut ich konnte.
»Ich habe diese Woche Spätschicht«, entgegnete der junge Mann, der Sven hieß. »Aber ich ruf mal die Kollegin eben an, die morgens hier Stallwache hatte. Wollt ihr Kaffee?«
Wir wollten. »Da hinten – in der Küche!«
Die Küche hatte Ähnlichkeit mit der im Verlagshaus des Tageblattes: ungespülte Becher, abgegessene Teller und gebrauchte Kaffeefilter, die nun vor sich hin trockneten. Der Kaffee brutzelte wohl schon länger vor sich hin und war ungenießbar.
Kleist und Pöppelbaum waren bei Sven geblieben. Der telefonierte. Sein Tonfall sagte mir, dass er auf etwas gestoßen sein musste.
»Der Mann war hier«, erklärte der Lokalredakteur. »Vor zwei Tagen. Ein Typ um die sechzig. Tiefe Stimme, freundliches
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