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Grappa Und Die Seelenfaenger

Titel: Grappa Und Die Seelenfaenger
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Seelen-Verbrecher Brett!
    »So schlimm ist er nun auch wieder nicht«, kommentierte ich. »Ich finde eher, dass die Kandidaten in seiner Show nicht alle Bohlen am Zaun haben. Die machen das schließlich freiwillig mit. Warum sind die Erleuchteten denn so auf die Seelen schlecht singender Teenies aus?«
    »Jeder Mensch sollte zu seinem ursprünglichen Wesen zurückkehren. Zu den Quellen des Ichs«, leierte der Bruder seine Thesen runter.
    »Welchen der vielen Götter, die im Himmel rumsitzen, beten Sie denn nun an?«
    »Wir beten keinen Gott an«, erklärte er. »Das ist kindisch. Wir setzen auf den Menschen, der durch uns und unsere Lehren die aus den Fugen geratene Welt retten kann und soll. Alle Lebewesen haben das Ziel zu überleben. Der Mensch besteht aus dem Körper, dem reaktiven und analytischen Verstand sowie dem Thetan, der dem ewigen und unzerstörbaren Wesenskern vergleichbar ist.«
    »Dann vertreten Sie eine Psychosekte«, stellte ich fest.
    »Das behaupten unsere Gegner, ja. Wenn Sie sich wirklich für unsere Gemeinschaft interessieren, dann empfehle ich Ihnen, den Oxford-Persönlichkeitstest zu machen.«
    Er reichte mir zusammengeheftete Blätter, die mit unzähligen Fragen in kleiner Schrift bedruckt waren. Ein abendfüllendes Programm.
    »Geht es Ihrer Glaubensschwester gut?«, erkundigte ich mich.
    Er sah mich fragend an.
    »Die junge Frau, die von ihrem Vater ins Auto gezerrt wurde.«
    »Davon weiß ich nichts«, antwortete mir der Erleuchtete. »Mein Bruder und ich sind erst seit heute Morgen hier. Gestern haben andere den Dienst am ungläubigen Menschen versehen.«
    »Sie wissen nichts von dem Vorfall?«, hakte ich nach. »So eine Entführung am helllichten Tag bleibt ja nicht unbemerkt. Ich stand da oben am Fenster und habe alles beobachtet.«
    Ich deutete auf das Fenster. Die beiden Männer folgten meinem Finger mit ihrem Blick, sahen sich kurz an und ich hatte das Gefühl, dass es bei ihnen klickmachte.
    »Wir wissen nicht, wovon Sie sprechen«, lautete die reservierte Antwort.
    »Hat man Ihnen verboten, darüber zu reden?«
    »Nein. Unser Kampf gilt allerdings weiterhin allen unterdrückerischen Personen.«
    »Ja, wie Pitt Brett.«
     
    Nachdenklich fuhr ich nach Hause. Warum hatte die Kirche der Erleuchteten wohl ausgerechnet Pitt Brett und seiner Castingshow den Kampf angesagt?
    Heute fand ich Friedemann Kleist nicht in meinem Haus vor. Schade. Anrufen wollte ich nicht, das hätte nach Klammern ausgesehen.
    Ich öffnete eine Flasche Wein, setzte mich vor den Rechner und zog mir eine WSDS-Sendung rein. Nach einer Stunde Fremdschämen schaltete ich die Kiste aus. Mein unbemanntes Bett wartete.

Superstars und Cinderella
    Ein wunderschöner Frühsommermorgen überraschte mich. Ich trank die erste Tasse Milchkaffee im Garten – umgeben von blühenden Büschen, ersten Rosenknospen, toskanischen Schwertlilien und Pfingstrosen. Seitdem ich im ländlichen Teil Bierstadts lebte, dachte ich nicht mehr so sehnsuchtsvoll an meinen Plan, mir ein Haus aus Stein in der Provence zu kaufen. Lavendel wuchs hier auch, und wenn die Erderwärmung weiter fortschritt, gab es in hundert Jahren auch in unseren Breiten Oliven- und Feigenbäume.
    Ich checkte meine Mails, duschte und fuhr zur Redaktion. Der Weg war der gleiche wie immer, doch die Fahrt fiel mir schwerer, je näher ich dem Verlagshaus kam.
    Als ich schließlich den Motor abstellte, klingelte mein Handy. Es war Pöppelbaum.
    »Wo bist du?«
    »Auf dem Parkplatz vor dem Verlagshaus. Warum?«
    »Es gibt Ärger.«
    »Wieso?«
    »Wegen dir«, antwortete Pöppelbaum. »Denn diese Sektenfuzzis haben sich über dich beschwert. Ausgerechnet bei Schnack.«
    Ich überlegte. Was ging hier ab? »Was soll ich denn getan haben?«
    »Ich weiß es nicht, Grappa-Baby. Schnack will dich sofort sprechen. Ich wollte dich nur vorwarnen.«
    »Danke, Wayne.«
    »Und? Du weißt wirklich nicht, was du angestellt hast?«, fragte der Bluthund.
    »Meinen Job gemacht – jemandem auf den Schlips getreten. Aber auf der nach oben offenen Grappa-Recherche-Skala erst auf der ersten Stufe.«
    »Dann kann Schnack sich ja langsam an deinen Stil gewöhnen«, hörte ich den Fotografen durch den Hörer grinsen. »Und denk daran: Nur die Harten kommen in den Garten.«
    Bevor ich die Treppen zum Eingang des Gebäudes nahm, um mich dem Duell zu stellen, rief ich Friedemann Kleist an.
    »Hallo, Maria«, meldete er sich freundlich. Meine Stimmung besserte sich. »Ich muss gleich in eine
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