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Grappa und die keusche Braut

Grappa und die keusche Braut

Titel: Grappa und die keusche Braut
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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mit denen von der Konkurrenz hätte ich Ihnen keinen Gefallen getan. Darum habe ich Ihnen das Kontrastprogramm mitgebracht.«

    Sie nahm die Konserve gnädig entgegen. Ihre Stimmung hob sich sichtlich.

    Eigentlich hatte ich sie nur besuchen wollen, aber nun musste ich arbeiten.

    »Erzählen Sie doch mal«, begann ich das Interview.
    Und die Bäckersfrau erzählte und genoss es, selbst Bestandteil eines Kriminalfalls geworden zu sein. Auch wenn es sich nur um räuberische Erpressung handelte und das erpresste Gut fertig geschmierte Brötchen waren.
    »Sie hätten sich nicht wehren sollen«, gab ich zu bedenken. »Es hätte viel schlimmer für Sie ausgehen können. Es sind schon Leute für weniger umgebracht worden.«

    »Nee, Frau Grappa!« Frau Schmitz schüttelte energisch den Kopf. »Ich kann mich doch nicht von dummen Blagen rumschubsen lassen. So weit kommt das noch. Sie sehen ja, was dabei rauskommt, wenn die nicht früh genug was zwischen die Hörner kriegen.«

    Sie deutete auf meinen Artikel über das Drama in dem Internat.
    »Frau Schmitz, ich muss dann mal.«
    »Und Sie schreiben wirklich über mich?« Ihre Augen blitzten.
    »Ja. Aber nur kurz. Wir haben sechzehn tote Teenies.«

    »Schon klar, Frau Grappa, dass ich mit meinen Brötchen da nicht gegen anstinken kann.«

    »Danke für Ihr Verständnis. Wann kommen Sie denn hier wieder raus?«

    »Das erfahr ich heute Nachmittag.«

    Ich stand auf. »Dann gute Besserung. Ich fühl mich ganz komisch ohne Ihre Mandelhörnchen.«

    »Nicht, dass Se noch krank werden.«

    »Ich halt grad noch so durch«, lächelte ich.

    »Schönen Tach auch!«, rief sie mir hinterher.

     
    In der Redaktion herrschte Trubel. Ich war mit meinen Gedanken bei den toten jungen Menschen und einer verletzten Bäckerin. Deshalb begriff ich nicht gleich, was eigentlich los war.

    Ich setzte mich an den PC und hörte erst mal zu, was im Großraumbüro gesprochen wurde. Nach ein paar Minuten hatte ich herausbekommen, wer sich in der heißen Diskussion gegenüberstand. Mein Chef Peter Jansen stritt sich mit der Kollegin Wurbel-Simonis. Aber um was es genau ging, erschloss sich mir immer noch nicht.
    Sekretärin Stella klärte mich auf. »Der Chef hat ihr den Bildungsurlaub gestrichen«, raunte sie mir zu.
    »Wieso will die sich denn weiterbilden?«, fragte ich. »Die tut doch immer so, als hätte sie die Weisheit mit Löffeln gefressen.«

    »Hat er ihr auch so ähnlich gesagt.«

    »Ich bestehe auf meinem Recht nach dem Bildungsurlaubsgesetz«, kreischte Wurbelchen. Ihre Stimme war kurz vorm Umkippen.
    »Ich hab Ihnen alles gesagt, was ich dazu zu sagen habe«, meinte Jansen ärgerlich. Sein Teint war rot gefleckt und der Ton scharf.

    »Die anderen bekommen auch immer, was sie wollen, Herr Jansen!« Ihr Blick suchte und fand mich. »Wenn die Grappa irgendwas will, kriegt sie es sofort.«

    »Ich hab noch nie Bildungsurlaub gemacht«, widersprach ich.

    »Das merkt man Ihren Artikeln an«, zickte sie.
    Ich zuckte die Schultern.
    »Sie haben mich noch nie leiden können, Herr Jansen«, krakeelte die Kulturtussi weiter. »Ich habe das Seminar jedenfalls schon gebucht. Ich werde mich beim Betriebsrat über Sie beschweren.«

    »Tun Sie, was Sie nicht lassen können.« Jansen wandte sich der Tür zu. »Meine Entscheidung ist gefallen. Und jetzt ist dieses Gespräch beendet, Frau Dr. Wurbel-Simonis. Ihr Termin im Opernhaus zur Vorstellung des neuen Jugendorchesters läuft im Übrigen schon seit zehn Minuten.«

    »Ich melde mich ab und suche meinen Arzt auf«, schnaubte sie, warf den dauergewellten Kopf in den Nacken und zog ab.

    »Auch gut«, rief ihr Jansen nach. »Dann fällt Ihr Bericht über das Orchester eben aus. Immerhin haben wir sechzehn tote Kinder in der Stadt.«

    Auch er verschwand.

    »So kenne ich das Wurbelchen gar nicht«, kommentierte ich das Geschehen. »Zu was für einem Seminar wollte sie denn?«

    Stella überlegte. »Frauen in der Lebensmitte – zwischen Schicksal und Entschlackung – oder so ähnlich.«

    »Jetzt kapier ich, warum Peter so reagiert hat«, lachte ich. »Esoterik ist ein rotes Tuch für ihn.«

    »Sie hat mir einen Prospekt gegeben. Guck mal, Grappa!« Stella reichte mir einen Hochglanzprospekt. »Es heißt Esoterik-Hotel ›Kleine Fluchten‹ und alles ist auf Feng-Shui ausgereichtet. Igitt! Ich könnte nicht den ganzen Tag rohen Fisch essen.«

    Ich blätterte und las vor: » Laotse sagt: ›Was krumm ist, wird gerade werden.‹ Unser Hotel ist
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