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Grappa lässt die Puppen tanzen - Wollenhaupt, G: Grappa lässt die Puppen tanzen

Grappa lässt die Puppen tanzen - Wollenhaupt, G: Grappa lässt die Puppen tanzen

Titel: Grappa lässt die Puppen tanzen - Wollenhaupt, G: Grappa lässt die Puppen tanzen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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›Datenschutz‹. Aber ich wusste einen Trick, wie man die Sache aushebelt: ein Zwanziger – dezent in den ölverschmierten Blaumann eines Kerls gesteckt.
    Hohlkötter hatte anscheinend nicht sein ganzes Leben in der Klitsche gearbeitet, denn er wohnte in einem netten Eigenheim im Westen der Stadt. Klinkerbau, Vorgarten, Garage und eine Wäscheleine im Garten hinter dem Haus. Es waren zwei Klingelschilder angebracht: Bernd Hohlkötter und Amalie Hohlkötter. Amalie klang schön antik und ich tippte auf mindestens die Mutter. Bestimmt gehört Mama das Haus – dachte ich.
    Ich drückte die Klingel und wartete. Hinter der Tür rührte sich etwas, dann öffnete sie sich. Eine alte Frau in Puschen und Schürze machte: »Häh?«
    »Ich will zu Bernd Hohlkötter«, sagte ich. »Ist er da?«
    »Der Junge is in seinem Gaaten.«
    »Hier? Hinterm Haus?«
    »Nee, gleich umme Ecke und dann geradeaus, so zwei Kilometer.« Sie deutete nach rechts.
    Ich erinnerte mich an das Foto, das Hohlkötter und Zita in einem Schrebergarten zeigte.
    »Der heißt Zechenglück« , verriet die Frau mir weiter. »Parzelle 128. Am Vereinsheim vorbei und dann die erste rechts. Mit ’ner roten Laube.«
    Ich startete den Motor meines Autos und folgte der Wegbeschreibung. Die Zechenhäuschen waren schmuck herausgeputzt. Das sogenannte ›Negerdorf‹ hatte einige Preise vom Denkmalschutzamt eingeheimst, weil hier die Struktur alter Bergbausiedlungen bewahrt worden war. ›Negerdorf‹ hieß das Viertel, weil die angrenzende Zeche Tremonia keine eigene Waschkaue besessen hatte. Deshalb mussten die Bergleute schwarz und ungewaschen den Heimweg antreten.
    Kleingartenverein Zechenglück e. V. prangte in altdeutschen Lettern über dem Eingangstor der Gartenanlage und darunter in kleinerer Schrift: Wer mit seinem Garten schon zufrieden ist, verdient ihn nicht. Das hörte sich nach immerwährender Arbeit an.
    Das Tor schwang auf. Rote Steine knirschten unter meinen Schuhen. Tatsächlich war hier alles geschniegelt und gestriegelt. Die Begrenzung des Weges zu den einzelnen Parzellen schien mit dem Lineal gezogen, die Rasenkanten mit der Nagelschere gestutzt. Achtung Rattengift – warnte ein Schild.
    Die Parzellengärtner, die zu sehen waren, beachteten mich nicht. Sie waren in die Pflege ihrer Gärten vertieft. Ich sah gebückte Rücken, Hände, die mit Messern Löwenzahn ausstachen, und chemisch riechende Nebel, die aus Dosen auf Stauden gesprüht wurden. Nur wenige Gartenbesitzer lagen dösend im Liegestuhl und erfreuten sich an der Idylle.
    Die Kneipe neben dem Vereinsheim hieß Zum Grubenpony und hatte noch geschlossen. Leere Bierkästen stapelten sich neben der Tür. Die knappe Speisekarte verhieß Magengrimmen: Graupensuppe, Pfefferpotthast, dicke Bohnen mit Mettenden. Neben der Speisekarte hing ein Glaskasten mit der Kleingartensatzung. Sie umfasste vierzig Seiten und fünfunddreißig Paragrafen. Ich verzichtete auf die Lektüre.
    Parzelle 128. Hohlkötter drehte mir den Rücken zu. Er beugte sich über eine große, viereckige Tonne und hielt zwei kleine Eimer in den Händen.
    »Hallo, Herr Hohlkötter!«
    Er drehte sich um.
    »Darf ich reinkommen? Ihre Mutter sagte mir, dass ich Sie hier finde.«
    »Nur rein mit Ihnen«, rief er. »Ich hab aber grad was zu tun.«
    »Kein Problem.«
    Hohlkötter trug eine grüne Latzhose, ein verwaschenes Shirt, Gummistiefel und Arbeitshandschuhe.
    »Ich muss die Würmer reintun«, erklärte Hohlkötter. »Damit der Kompost gut wird.«
    Er öffnete einen der Eimer. Ich sah nur schwarze Erde. Mit einem Finger wühlte er sie um. Wie von Zauberhand begann die Erde lebendig zu werden. Die rosafarbenen Leiber der Regenwürmer wanden sich und suchten wieder Schutz im Dunkel.
    »Licht is nix für die«, erklärte Hohlkötter. »Das können se nicht ab.«
    »Mir ist klar, dass sie nützlich sind«, meinte ich. »Aber sie sind trotzdem komisches Zeugs und irgendwie eklig.«
    »Sind die nicht«, widersprach er. »Ein Wurm hat fünf Herzen und sechs Nieren und schlafen tut er auch nicht.«
    Er schüttete die wabernde Masse in den Komposter und klappte den Deckel zu. »Und jetzt sagen Se mir, was Se wollen. Bierchen dabei?«
    »Nee. Zu früh.«
    »Setzen Se sich wacker dahinten hin.« Er deutete auf eine rustikale Holzmöbelkombination. »Ich hol das Bier.«
    Damit verschwand er in der Gartenlaube. Ein Korken ploppte und er kehrte mit der Bierflasche in der Hand zurück. »Also, wat gibbet?«
    »Es geht noch mal um Zita«,
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